Es ist der Inbegriff aller Teamorder-Skandale der Formel 1: Der Platztausch zwischen Rubens Barrichello und Michael Schumacher beim Grand Prix von Österreich im Jahr 2002, eingeleitet mit den legendären Worten "Let Michael pass for the championship" von Teamchef Jean Todt. Die Demütigung war dem Brasilianer nicht nur an diesem Tag anzusehen. Auch Jahre später hat er nicht vergessen, wie schmerzhaft dieser Moment war.

"An diesem Tag bin ich nach dem Podium gar nicht zur Pressekonferenz gegangen, denn mir war einfach nur schlecht", so Barrichello Jahre später in der Sendung Conversa com Bial auf dem brasilianischen Sender TV Globo. Ferraris Nummer zwei hatte gegen seinen dominanten Teamkollegen in den sechs gemeinsamen Jahren zwischen 2000 und 2005 meist das Nachsehen. Doch an diesem Rennwochenende auf dem A1 Ring hatte Barrichello Schumacher sowohl in der Qualifikation als auch im Rennen im Griff.

Lange sah es so aus, als ob Barrichello seinen ersten Saisonsieg einfahren würde - doch wenige Runden vor dem Ziel kam für ihn der Schock: Ferrari-Teamchef Jean Todt forderte Barrichello mit dem wohl berühmtesten Funkspruch der Formel-1-Geschichte dazu auf, den hinter ihm liegenden Schumacher vorbeizulassen. "Let Michael pass for the championship", hieß es von der Boxenmauer. Und das, obwohl es erst das sechste Saisonrennen war und Schumacher bereits vier davon gewonnen hatte.

Barrichello diskutierte Teamorder mit Ferrari rundenlang im Funk

Barrichello zögerte den demütigenden Moment so lange hinaus, wie er nur konnte. Erst wenige Meter vor dem Zielstrich ging er vom Gas und ließ Schumacher passieren. "Ich ging in die letzte Kurve, entschlossen nicht nachzugeben. Aber in einem Moment wie diesem denkst du dir: Ich liebe zu sehr, was ich hier mache. Was, wenn sie mich dafür feuern?", so Barrichello, laut dem sich die Diskussionen mit Todt am Funk über mehrere Runden erstreckten.

Unter dem Lärm der aufgebrachten Fans tauschte Schumacher hinterher auf dem Podium mit Barrichello die Plätze und gab dem Brasilianer den Pokal für den Sieg. "Ferrari zahlte für dieses Vergehen gegen den offiziellen Ablauf der Podiumszeremonie 1 Million US-Dollar. "Ich habe vor Wut gekotzt", sagt Barrichello. "Wir als Brasilianer sollten stolz darauf sein, dass es nichts war, was ich in dem Moment wollte."

Barrichello konnte nur bei einem Glas Wein mit Schumacher

"Es war etwas, das mit Vorsatz geschah. Es passiert aus einem Grund", so der heute 46-Jährige. Für ihn war es umso enttäuschender, da es sich gleichzeitig um ein bitteres Déjà-vu handelte. Bereits im Vorjahr hatte er beim Grand Prix von Österreich in der letzten Runde die Anweisung vom Team befolgen müssen und seine Position auf den letzten Metern an den Teamkollegen abgegeben.

"Im Jahr davor war dasselbe passiert, als es um den zweiten Platz ging. Sie hatten mir gesagt, dass sie wenn es um den ersten Platz ginge, keine Teamorder einsetzen würden", so Barrichello, der ein Jahr später eines Besseren belehrt wurde. Zur professionellen Beziehung zu Schumacher trug der Vorfall natürlich nicht bei. "Mit einem Glas Wein in der Hand war er klasse. Aber an der Strecke, in Meetings, da gab es Moment wo ich mir dachte: Ich kann nicht glauben, dass du das gerade gesagt hast."