Formel 1 2018: Frankreich Grand Prix Analyse: (34:57 Min.)

Sebastian Vettel erreichte im achten Rennen der Formel-1-Saison 2018 in Frankreich nur Schadensbegrenzung. Nachdem der Ferrari-Pilot beim Start in der ersten Kurve selbstverschuldet mit Valtteri Bottas kollidiert war, reichte es am Ende noch für den fünften Platz. Damit überquerte er zwei Positionen vor seinem Unfallgegner die Ziellinie, mit dem er das Feld von hinten aufgerollt hatte.

Trotz einer Zeitstrafe von fünf Sekunden lag Vettel nach 53 Runden knappe 20 Sekunden vor Bottas. Der Mercedes-Pilot monierte angesichts dessen die Bestrafung des Unfallverursachers: "Ich habe sicherlich mehr als fünf Sekunden verloren." Irreparable Beschädigungen sorgten dafür, dass er nicht mit Vettel mithalten konnte. In der Schlussphase reagierte Ferrari dennoch auf den zweiten Boxenstopp von Bottas. Doch hätte der überhaupt noch für Gerechtigkeit sorgen können?

Bottas und Vettel hatten nach Startcrash selbe Ausgangslage

Der Unfall am Start warf zunächst beide ganz ans Ende des Feldes zurück. Während Vettel mit dem beschädigten Frontflügel in der ersten Runde 23 Sekunden auf Leader Lewis Hamilton verlor, büßte Bottas deutlich mehr Zeit ein. Mit dem zerfetzten linken Hinterreifen musste er im Schleichgang um den Kurs rollen und lag daraufhin 43 Sekunden hinter der Spitze. Beide kamen in der Folge zur Reparatur sowie zum Wechsel auf Soft-Reifen an die Box. Die Safety-Car-Phase sorgte dafür, dass beide Piloten wieder den Anschluss ans Feld herstellen konnten.

Als die Rennleitung den Grand Prix in der fünften Runde freigab, lagen sie auf den Positionen 17 und 18. Auf Hamilton fehlten zu diesem Zeitpunkt rund neun Sekunden. Im ersten Umlauf bei Rennbedingungen gingen beide im Doppelpack durchs Feld wie das heiße Messer durch die Butter. Eine Runde später jedoch klaffte mit Vettel auf Platz 13 und Bottas auf 17 bereits eine Lücke von über zwei Sekunden zwischen den beiden.

"Ich war natürlich nicht in meiner eigentlichen Position, aber das Überholen ging einfacher als erwartet. Ich denke, es lag am Gegenwind auf der Geraden", so der Heppenheimer, der bei seiner Aufholjagd eine beeindruckende Schlagzahl hinlegte, welche Bottas ziemlich blass aussehen ließ. "Ich rutschte viel herum und es frustrierte mich, dass es nicht schneller ging. Das machte es schwer, sich nach vorne durchzukämpfen", so Bottas.

Vettel enteilt Bottas um über 20 Sekunden

Durch die vom Reifenschaden am Unterboden verursachten Schäden war die Balance des F1 W09 gestört. "Ich spürte einen Gripverlust an der Hinterachse", erklärte der Silberpfeil-Pilot, dem sein Teamchef beipflichtete "Der Schaden war ziemlich heftig. Valtteris Kommentare über das Auto waren, dass es schockierend zu fahren war. Das hat sein Rennen ruiniert", sagte Toto Wolff. In der 20. Runde hatte Vettel das gesamte Mittelfeld kassiert und war auf Platz fünf angekommen.

Die Rennleitung hatte zu diesem Zeitpunkt die 5-Sekunden-Zeitstrafe gegen Vettel ausgesprochen. Bottas lag an zehnter Stelle jedoch zwölf Sekunden zurück und stellte so bereits keine Gefahr mehr dar. Erst in der 34. Runde hatte sich der Finne durch das Mittelfeld gewühlt und übernahm Platz sechs. Seine Reifen hatten sowohl aufgrund des kaputten Unterbodens als auch der langen Zeit in Dirty Air stark gelitten. Vettel hatte seine freie Fahrt indessen genutzt und den Abstand auf 26 Sekunden erhöht.

Zunächst schienen beide Piloten an ihrem Plan festzuhalten, auf dem Soft-Reifen aus der ersten Runde die gesamte Renndistanz über die Bühne zu bringen. "Ursprünglich wollten wir das versuchen, aber es wurde zu grenzwertig", erklärte Bottas, der den Abstand auf Vettel bis Runde 38. wieder auf 23 Sekunden verringert hatte. Vettels Rundenzeiten waren zu diesem Zeitpunkt etwa eine Sekunde langsamer und Mercedes rechnete sich offenbar aus, ihn in den noch ausstehenden 14 Runden unter Druck setzen zu können.

Mercedes ändert Strategie: Bottas-Attacke auf Supersoft

In der 39. Runde erfolgte bei Bottas der Wechsel auf einen frischen Satz Supersoft. Mit nur 20 Sekunden Vorsprung auf seine Verfolger Sainz und Magnussen war klar, dass er zunächst zwei Positionen verlieren würde. Der hintere Wagenheber machte jedoch Ärger. Das Auto wurde zunächst heruntergelassen, bevor die Räder montiert waren. Das Resultat: 8,7 Sekunden Standzeit und eine Gesamtzeit von 30,666 Sekunden. Die In-Lap war eine 2:03.532 Minuten.

Vettels Vorsprung war nun eklatant angewachsen, doch der Ferrari-Kommandostand wollte kein unnötiges Risiko eingehen. Der viermalige Weltmeister stoppte in der 40. Runde für einen Satz angefahrener Ultrasoft. Die In-Lap war mit 2:05.085 Minuten deutlich langsamer als die von Bottas. Technisch lief im Gegensatz zum Mercedes-Piloten bei seinem Reifenwechsel zwar alles glatt, jedoch musste er seine Zeitstrafe absitzen. Die Gesamtzeit wuchs so auf 31,029 Sekunden an.

Im Out-Lap-Vergleich war Vettel mit 1:38.746 zu 1:38.568 Minuten nur geringfügig langsamer. Bottas war in der 41. Runde auf 18 Sekunden dran, wäre bei normaler Standzeit wohl bis auf zwölf Sekunden herangekommen. In den darauffolgenden Runden fuhr Vettel jeweils knapp über eine halbe Sekunde schneller und sicherte so seine fünfte Position ab.

Bevor in der 51. Runde die VSC-Phase aufgrund von Strolls Reifenschaden ausgerufen wurde, lag Bottas 18,33 Sekunden hinter Vettel. Dazwischen lag Kevin Magnussen. In dieser Konstellation liefen die Piloten kurz darauf auch im Ziel ein. Die entscheidende Frage lautete jedoch: Hätte Vettel seinen fünften Platz auch ohne den zweiten Boxenstopp vor Bottas retten können, wenn er das Rennen auf dem uralten Soft-Reifen zu Ende gefahren wäre?

Bottas hätte Vettel selbst mit Hamiltons Rundenzeiten nicht erwischt

Vettel fuhr in den zehn Runden vor dem zweiten Reifenwechsel, zwischen den Runden 29 und 39, eine durchschnittliche Rundenzeit von 1:37.082 Minuten. Auf dem frischen Reifen fuhr Bottas nach seinem Boxenstopp im Durchschnitt Rundenzeiten von 1:35.560 Minuten, also ziemlich genau anderthalb Sekunden schneller als Vettel. Der Rückstand war nach dem zweiten Stopp jedoch von 23,12 Sekunden auf 49 Sekunden angewachsen. In 14 Runden hätte Bottas auch ohne VSC-Phase bei dieser Rate noch etwa 22 Sekunden aufholen können.

Selbst unter Abzug der fünf Sekunden von Vettels Rennzeit wäre er damit auf maximal 23 Sekunden an den Ferrari herangekommen und damit nicht näher dran gewesen, als vor seinem Boxenstopp. Die durchschnittlichen Rundenzeiten waren rund eine halbe Sekunde langsamer als die Zeiten, welche Hamilton an der Spitze fuhr. Der Führende fuhr in den Schlussrunden im Schnitt 1:34.940 Minuten.

Doch auch mit diesen Zeiten hätte Bottas Vettel nicht mehr abfangen können. Bis auf 14 Sekunden wäre er mit Hamiltons Pace herangekommen. Mit einem fehlerfreien Boxenstopp wären noch einmal rund sechs Sekunden drin gewesen, doch letztendlich war der im Rennverlauf durch den kaputten Unterboden entstandene Zeitverlust schlichtweg zu groß, um noch etwas gegen Vettel auszurichten.