1. S wie Startaufstellung

Er hat es schon wieder getan. Entgegen aller Erwartungen und Chancen ist Lewis Hamilton mit einer neuerlichen Runde von einem anderen Stern auf die Sepang-Pole gefahren. Seine 70. In der Formel 1. "Eine Lewis-Runde", sagt Niki Lauda. "Herausragend", adelt Toto Wolff seinen Fahrer. "Ich weiß gar nicht richtig, wo das herkam. Ich habe mich selbst überrascht", wunderte sich Hamilton.

Dabei war es extrem knapp. Nur 0,045 Sekunden fehlten Kimi Räikkönen im Ferrari auf den Briten. Teamkollege Sebastian Vettel war da schon nicht mehr in der Verlosung im Kampf um Pole, schied mit Technik-Defekt als Letzter in Q1 aus. Hinter Hamilton und Räikkönen aus Reihe zwei starten Max Verstappen und Daniel Ricciardo. Valtteri Bottas kam wesentlich schlechter zurecht, startet nach sieben Zehnteln Rückstand auf Hamilton nur von P5.

Ebenfalls aus den Top-10 starteten dürfen Esteban Ocon von P6, ein ganz starker Stoffel Vandoorne auf P7 - drei Positionen vor dem zehntplatzierten Fernando Alonso -, Nico Hülkenberg und Sergio Perez. Pierre Gasly startet von P15 in sein F1-Debüt, war im Qualifying nur eineinhalb Zehntel langsamer als Caros Sainz. Pascal Wehrlein legt von P18 los - direkt vor Marcus Ericsson und eben jenem Sebastian Vettel.

2. S wie Start

Im vergangenen Jahr hätte der Start in Malaysia beinahe WM-entscheidenden Charakter gehabt. In Kurve eins drehte Sebastian Vettel Nico Rosberg um, der spätere Weltmeister fiel auf den letzten Platz zurück. Seine Aufholjagd endete auf Rang vier, ehe Lewis Hamilton, der das Rennen souverän anführte, der Motor um die Ohren flog. Rosberg wurde Dritter, der Rest ist Geschichte. Hamilton startet 2017 von der Pole, weiß aber einen Kimi Räikkönen neben sich, der bereits in Singapur hervorragend vom Fleck kam.

Doch da werden auch ganz schnell böse Erinnerungen wach an das Rennen vor zwei Wochen. Die Startaufstellung der ersten zwei Reihen ist in Malaysia fast identisch - einzig startet nun Hamilton von der Pole statt Vettel. "Ich will einfach nur nicht nochmal ins Sandwich genommen werden. Das ist auch schon alles", hofft der von Rang drei startende Max Verstappen. Lewis Hamilton wird indes hoffen, dass sein Rennen nicht ein ähnliches Ende findet, wie jenes von Vettel in Singapur.

Streckendaten
Länge: 5,543 km
Runden: 56
GP-Distanz: 310,408 km
Rundenrekord: 1:34.223 (MON, 2004)
Kurven: 15
Weg bis Kurve 1: 683,6 m
Länge Boxengasse: 421,2 m
Zeit in Box bei 80 km/h: 18,954 s

3. S wie Strategie

Keine Experimente beim Einzug in Q3. Heißt: Die Top-10 starten den Malaysia GP schon einmal geschlossen auf Supersoft, können damit Pirellis Vorgabe einer idealen Strategie perfekt umsetzen. Diese sieht einen Start auf eben jenem superweichen Reifen, dann einen einzigen Wechsel auf Soft nach 15 bis 23 Runden vor.

Doch es gibt ein Aber: Dieser Vorgabe gilt nur, wenn der Reifenabbau des weichsten Reifen weniger als eine Zehntel pro Umlauf beträgt. Ist er größer rät Pirelli eher zu einer Zwei-Stopp-Strategie mit zwei Stints Supersoft und Schlussstint auf Soft.

Schnellste Strategie bei Reifenabbau geringer als 0,1s pro Runde:
Einstopp-Strategie: Start auf Supersoft (15-23 Runden), 2. Stint Soft
Schnellste Strategie bei Reifenabbau größerals 0,1s pro Runde:
Einstopp-Strategie: Start auf Supersoft (12 Runden), 2. Stint Supersoft (16 Runden), 3. Stint Soft

Mit Blick auf die verfügbaren Reifen für das Rennen sind in der Spitzengruppe die Fahrer verschieden gut aufgestellt. Kimi Räikkönen und Max Verstappen sind potentiell im Vorteil, nämlich dann wenn oben skizzierter Fall Nummer zwei eintritt. Der Finne und der Niederländer haben sich in Q2 einen Satz Supersofts gespart, verfügen somit als einzige Top-Piloten über einen frischen Satz. Ist die Zwei-Stopp-Strategie Wahl der Stunde schlägt womöglich deren große Stunde.

Einzig Sebastian Vettel ist dramatisch besser aufgestellt als alle anderen. Durch sein frühes Q1-Aus hat der Deutsche noch satte vier brandneue Supersofts zu verheizen. Das eröffnet Ferrari alle Möglichkeiten - etwa die, im Fall von Zwischenfällen samt Safety Cars gegen Rennende im großen Vorteil einer Schlussattacke auf frischen Supersofts zu sein (vgl. Abschnitt Seb-Spannung).

4. S wie Sepang-Wetter

In Sepang geht traditionell der Blick bang gegen Himmel. Binnen Minuten kann sich das Wetter in Südostasien dramatisch ändern und regnen. Und wenn es regnet, dann richtig. Siehe FP1 am Freitag, siehe Abbruch-Rennen 2009 oder Regen-Chaos 2001.

Auch für den Rennsonntag des diesjährigen Malaysia GP droht zumindest potentiell ein ordentlicher Guss von oben. Nach aktuellen Prognosen liegt die Regenwahrscheinlichkeit wenige vor Rennstart bei satten 70 Prozent, zum Start aktuell immerhin noch bei 50. Regen ist also genauso wahrscheinlich wie kein Regen.

Könnte also spannend werden - auch mit Blick auf das Kräfteverhältnis, Stichwort Red Bull. "Wir können im Nassen definitiv schneller sein, so wie unser Auto hier bisher funktioniert hat. Wir sind mit sehr viel Anpressdruck unterwegs, weshalb wir im Nassen konkurrenzfähig sein sollten. Wir werden nicht enttäuscht sein, wenn es regnet", sagt Daniel Ricciardo. Und der ist nicht einmal der ganz große Regenmeister im Team ...

5. S wie Seb-Spannung

Alle Augen werden im Laufe des Rennens auf Sebastian Vettel gerichtet sein. Gibt es innerhalb eines Jahres die zweite große Aufholjagd eines deutschen Fahrers in Sepang? Nach Nico Rosberg 2016 muss nun der nächste WM-Kandidat einen Husarenritt zeigen, um die WM-Chancen intakt zu halten. Vettel startet nach seinem Defekt im Qualifying vom letzten Platz, sein Rivale Hamilton von der Pole. Damit ist klar: Vettel muss volles Risiko gehen. Eine spannende Zutat für das Rennen. Und Optionen für eine Aufholjagd sind durchaus gegeben.

"Das Beste, was man erreichen kann, ist P1. Es könnte auch realistisch sein, man weiß nie, wie die Rennen laufen. Wir haben vor zwei Wochen gesehen, wie schnell sich Dinge ändern können", blickt Vettel auf den Startcrash in Singapur zurück. Chaos ist in Malaysia immer möglich, alleine durch das Wetter. Monsunregen ist genauso denkbar wie ein Rennen ohne Regentropfen. Doch auch aus eigener Kraft peilt Vettel noch viele Punkte an. Zum einen durch die guten Überholmöglichkeiten, zum anderen durch die Reifen (vgl. Abschnitt Strategie).

Große Hoffnungen liegen in diesem Punkt auf dem Safety Car. Gegen Rennende kann Vettel möglicherweise mit einem nagelneuen Reifensatz einen Angriff starten. "Wenn du das schnellste Auto hast, kannst du große Rennen liefern", strotzt Vettel nur so vor Selbstvertrauen. Zum Malaysia-Abschied wäre ein solches großes Rennen eine tolle Darbietung.

Sebastian Vettel erlebte im Qualifying einen bitteren Nackenschlag, Foto: Sutton
Sebastian Vettel erlebte im Qualifying einen bitteren Nackenschlag, Foto: Sutton

6. S wie Schlüsselrennen

Wider Erwarten wurde schon der Singapur GP zum Gamechanger im WM-Kampf. Statt die WM-Führung zurückzuerobern, handelte sich Sebastian Vettel durch den Start-Unfall einen dramatischen Rückstand von 28 Punkten auf Lewis Hamilton ein. Den spielte der Deutsche zwar noch als nicht entscheidend herunter - "kein Weltuntergang" -, doch sehen nicht wenige Lewis Hamilton seitdem klar im Vorteil.

Immerhin konnte der sich nun einen Patzer erlauben, Vettel nicht. Doch erneut schlug in Malaysia das Schicksal bei Ferrari zu. Gelingt Vettel vom letzten Startplatz keine Wunder-Aufholjagd, droht der nächste empfindliche Rückschlag. Denn nicht nur Zeit - in Form von verbleibenden WM-Läufen - läuft davon: Sollte Lewis Hamilton auch noch gewinnen, würde dessen Vorsprung auf einen Schlag sogar noch einmal deutlich größer. Mit der Pole hat er die besten Voraussetzungen dazu - auch wenn mit Kimi Räikkönen der diesmal vielleicht schnellere Mann neben ihm steht.

7. S wie Sieger

Die Ausgangssituation wurde nun abgehandelt, die Karten liegen auf dem Tisch. Polesetter Lewis Hamilton kann mit einem Sieg einen Riesenschritt Richtung WM-Titel machen. Doch entschieden ist das Rennen auch bei normalem Verlauf noch nicht. "Wir tun uns schwer, wenn es heiß ist, das ist auch sicher ein Problem für morgen. Auf dem Longrun hat uns Ferrari im FP3 eine Sekunde gegeben. Deshalb haben die immer noch das schnellste Auto", warnt Toto Wolff.

Doch nicht nur Kimi Räikkönen ist ein Gegner. Auch mit Red Bull muss zu rechnen sein, vor allem, sollte es regnen. Daniel Ricciardo hat das bereits im Abschnitt Sepang-Wetter gut zusammengefasst. Die Vergangenheit zeigt aber ohnehin: Rennen in Malaysia sind kaum vorherzusagen. Eine echte Sensation muss nicht unmöglich sein.

Und wie tippt die Motorsport-Magazin.com-Redaktion? Das sind unsere (nicht immer ganz ernst gemeinten) Tipps für den (vorerst) letzten Malaysia Grand Prix:

Jonas Fehling: Es ist Zeit. Kimi Räikkönen kann dieses Mal nicht nur, nein, er darf auch ein Rennen gewinnen. Mercedes indes findet zurück zur 'starken' Freitagsform, hat selbst gegen Red Bull keine Chance. Gegen Ferrari sowieso nicht, weshalb Vettel sich tatsächlich noch auf das Podium rettet. Denn Max Verstappen scheidet in der letzten Runde natürlich direkt vor ihm mit Motorschaden aus.

Jonas' Top-3-Tipp: 1. Kimi Räikkönen 2. Daniel Ricciardo 3. Sebastian Vettel

Christian Menath: Leider wird es vorne ein eher mäßiges Rennen. Hamilton holt sich den Start/Ziel-Sieg, der ihm im letzten Jahr verweigert wurde. Ferrari will mit einer gewagten Zweistopp-Strategie Hamiton unter Druck setzen, weshalb Räikkönen zurückfällt und sogar Vettel vorbeilassen muss. Für etwas Action sorgen wie im vergangenen Jahr Max Verstappen und Daniel Ricciardo, die sich um Platz zwei streiten.

Christians Top-3-Tipp: 1. Hamilton 2. Verstappen 3. Ricciardo

Chris Lugert: Ich lege mich zunächst einmal fest, dass es regnet. Und dann ist alles möglich. Max Verstappen wird das Rennen gewinnen, weil seine Pechsträhne ja irgendwann mal enden muss. Daniel Ricciardo macht den Red-Bull-Doppelsieg perfekt. Auf Rang drei landet Fernando Alonso. Zweimal Wiedergutmachung also für die verpasste Singapur-Chance. Ausgleichende Gerechtigkeit und so.

Chris' Top-3-Tipp: 1. Verstappen 2. Ricciardo 3. Alonso

Manuel Schulz: Das Rennen wird ein Regenchaos, wie es selbst Malaysia selten gesehen hat. Mehrfach wechselnde Bedingungen machen das Rennen zu einem wahren Glücksspiel. Während Fernando Alonso scheinbar weiß, wie das Wetter wird, nutzt Vettel das Wissen des Spaniers und pflügt mit durch das Feld. Nico Hülkenberg profitiert gleich zweimal von der zu späten Entscheidung des Teams zum Boxenstopp und muss dadurch zweimal weniger Reifen wechseln, auch wenn es sich in den kurzen intensivern Schauern mit den falschen Reifen abkämpfen muss. Dennoch bricht er den Fluch, nicht auf dem Podium zu stehen.

Manuels Top-3-Tipp: 1. Alonso 2. Vettel 3. Hülkenberg

Alonso übte den Jubelsprung schon im Vorfeld des Rennens, Foto: LAT Images
Alonso übte den Jubelsprung schon im Vorfeld des Rennens, Foto: LAT Images