Das Autodromo Nazionale Monza hat die Geschichte der Formel 1 entscheidend geprägt. Große Triumphe und Heldentaten, aber auch Tragödien und Skandale trugen sich auf dem seit 1950 fast ununterbrochen im Kalender vertretenen Highspeed-Kurs zu. Vor 25 Jahren erreichte die erbitterte Rivalität zwischen Michael Schumacher und Damon Hill in Italien ihren Höhepunkt. Der Frust bei den beiden Kampfhähnen kochte nach einer Kollision im Kampf um den Sieg endgültig über.
"Irgendwann komme ich an dem H****sohn vorbei und fahre ihm davon!", ließ Hill damals die gute Kinderstube vor der Presse zuhause und seiner Wut auf Schumacher freien Lauf. Dabei war er es, der dem Deutschen in der 23. Runde in der Variante della Roggia ins Heck gedonnert war. Hills rauer Ton war vor allem der Tatsache geschuldet, dass Schumacher zunächst völlig außer sich zu ihm gelaufen war und ihn mit Schimpftiraden belagerte, während er noch nicht einmal aus seinem Cockpit gestiegen war.
Die Streckenposten hielten den wutentbrannten Schumacher zurück. "Ich war sehr sauer darüber, dass er mir reingefahren ist. Das habe ich ihn auch wissen lassen", erklärte der Benetton-Pilot. Abgesehen davon, dass Hill mit der Reaktion Schumachers nicht einverstanden war, fühlte er sich von vornherein ungerecht behandelt. "Ich konzentrierte mich auf Inoue, der seine Linie wechselte und vor mich zog. Der sollte keine Superlizenz haben", bekam der japanische Footwork-Pilot sein Fett weg.
Taki Inoue hatte das Duo nach der Curva Grande passieren lassen, war sich nachdem Schumacher vorbei war aber nicht sicher, wie er Platz für Hills Williams machen sollte. Statt einfach auf seiner Linie zu bleiben, zog er dem innen zum Überholen ansetzenden Hill vor die Nase. Dieser musste ausweichen und erwischte beim Anbremsen Schumacher. Während Hill Inoue Unvermögen vorwarf, vermutete er bei Schumacher einen schmutzigen Trick.
"Als ich an Inoue vorbeiging, war dort Michael, der viel langsamer fuhr als in den 20 Runden zuvor", bezichtigte Hill Schumacher des "brake testings". "Ich würde niemals jemanden absichtlich abschießen." Schumachers Reaktion kam allerdings nicht von ungefähr. Bevor der Formel-1-Zirkus zum zwölften Saisonrennen nach Monza reiste, waren die WM-Rivalen mehrfach aneinander geraten.
Monza als Höhepunkt eines knallharten Duells
Nachdem die Feindschaft beim Saisonfinale 1994 durch Schumachers bis heute umstrittenes Manöver gegen Hill ihren Anfang nahm, kam es 1995 zunächst in Frankreich zu einer Meinungsverschiedenheit. Schumacher warf seinem Gegner in Magny-Cours 'brake testing' vor. Vier Rennen vor Monza landeten Hill und Schumacher in Silverstone im Kiesbett. Der Grund für die Kollision war ein übermotiviertes Manöver von Hill.
"Es ist das zweite Mal, dass er mich abgeschossen hat. Es war genau wie in Silverstone", schimpfte Schumacher in Monza. Ein Rennwochenende vorher gab es in Spa-Francorchamps erneut eine Auseinandersetzung. Der Grand Prix von Belgien 1995 ging als eines von Schumachers denkwürdigsten Rennen in die Geschichte ein, nachdem er vom 16. Startplatz im Regen zum Sieg gefahren war.
Doch Schumacher hatte Hill in diesem Rennen mit einigen harten Manövern blockiert, woraufhin der Brite ihn heftig kritisierte. "Wir hatten ein paar ziemlich haarige Situationen und ich bin nicht glücklich darüber. Ich denke nicht, dass das akzeptabel war", so Hill. Schumacher erhielt für sein Verhalten von der Rennleitung eine Rennsperre, die für die folgenden vier Rennen auf Bewährung ausgesetzt war.
Wie in der Formel 1 heute üblich war auch damals schon die Rennleitung gefragt, wenn sich die Piloten auf der Strecke nicht einig wurden. Genauso war es üblich, dass die Teams aktiv Strafen forderten. So auch in Monza, als Benetton-Teamchef Flavio Briatore Sanktionen gegen Hill sehen wollte.
"Michael hat nichts falsch gemacht. Wenn jemand das was Hill gemacht hat auf der Straße macht, würde ihm die Polizei den Führerschein abnehmen", so der Italiener. Die Rennleitung sprach wie bei Schumacher eine Rennsperre auf Bewährung aus, die im Falle von Hill jedoch nur für das folgende Rennen ausgesetzt war. "Damit bin ich überhaupt nicht glücklich", schimpfte Schumacher, als er im Benetton-Motorhome verschwand.
Der amtierende Weltmeister ließ Hills Erklärung, dass Inoue die Schuld an der Kollision trägt, nicht gelten. "Er hat mir natürlich die Schuld gegeben, als wir uns nach dem Unfall gesehen haben. Ich habe ihm meine Version erklärt, aber wir werden uns sowieso niemals einig sein", erklärte Hill.
"Ich kann nicht verstehen, was für eine Strafe ich für Belgien bekommen habe und was Hill hier bekommt. Ich nehme an, es hat mit den unterschiedlichen Stewards zu tun. Anhand dessen was ich im Video gesehen habe, hätte er es verhindern können", war sich Schumacher sicher. Frank Williams sah die ganze Angelegenheit etwas diplomatischer: "Damon hat einen Fehler gemacht, aber das ist keine Anschuldigung. Inoue hat ihn übersehen, es war ein Rennunfall."
Hill: Trotz Strafe besser dran als Schumacher
Hill tröstete sich mit der Tatsache, dass Schumacher mit seiner Strafe aus Spa immer noch schlechter dran war als er selbst: "Wenigstens ist meine Strafe nur für ein Rennen auf Bewährung ausgesetzt und Michael muss noch drei durchhalten." Was ihn hingegen ärgerte war die Tatsache, dass er eine Chance verpasst hatte, den Rückstand in der WM zu verkürzen.
"Es ist ein weiteres Rennen, bei dem er besser davongekommen ist. Ich konnte den Abstand nicht verringern. Das Auto war heute fantastisch und ich war mir sicher, dass es gut genug für den Sieg ist. Ich hatte ihn und er wusste es", so Hill, dem damit bei noch fünf ausstehenden Rennen 15 Punkte auf WM-Leader Schumacher fehlten.
Der Grand Prix von Italien 1995 sollte nach dem Ausfall der beiden Favoriten noch eine weitere denkwürdige Szene erleben. Das Ferrari-Duo Jean Alesi und Gerhard Berger führte das Rennen an, doch die Chance auf einen Doppel-Heimsieg der Scuderia wurde auf kuriose Weise zunichte gemacht. Die Onboard-Kamera Alesis löste sich und zerstörte Bergers Aufhängung.
Alesi schied acht Runden vor der Zielflagge in Führung liegend mit einem defekten Radlager aus. Den Sieg erbte, wie schon bei der Schumacher-Hill-Kollision in Silverstone, Johnny Herbert im Benetton. "Es ist frustrierend, denn wahrscheinlich wird mein Sieg wieder von dem überschattet, was zwischen Damon und Michael passiert ist", war die Freude bei Herbert getrübt.
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