1. S wie Startaufstellung

Es war ein spannendes Qualifying zum Großen Preis von Belgien. War die Mutmaßung zuvor, Mercedes würde deutlich den Ton angeben, waren die Ferraris überraschend nah dran an den Silbernen. Kimi Räikkönen war sogar im Kampf um die Pole Position - trotz der Vibrationen am Heck seines Boliden eine merkliche Leistung.

Am Schluss war es dann doch wieder Spa-Spezialist Lewis Hamilton, der sich die Bestzeit sicherte. Mit 1:42.553 pulverisierte er den bisherigen Streckenrekord von Jarno Trulli aus dem Jahr 2009. Mit seiner 68. Pole Position zog der Brite somit gleich mit Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher, eine emotionale Angelegenheit für Hamilton.

2. S wie Start

Der Start auf der Ardennen-Achterbahn birgt hohes Unfallpotenzial. 2012 kam es zu einem Mega-Startunfall, der aber glücklicherweise glimpflich ausging. Die Rennkommissare haben den Auslöser namens Romain Grosjean daraufhin für ein Rennen gesperrt. Erst vergangenes Jahr krachte es am Start. Max Verstappen und Sebastian Vettel nahmen Räikkönen ins Sandwich. Der Niederländer touchierte den Finnen, der daraufhin in seinen Teamkollegen krachte.

Der Weg bis Kurve 1 ist mit 270,8 Metern nicht besonders lang. Die Start/Ziel-Gerade ist großzügig breit, entsprechend setzen die Piloten auf eine kurze Attacke und hoffen auf eine Lücke in Turn 1. Die Startphase an sich ist besonders spannend. Denn vor allem in den ersten Runden des Rennens gibt es Windschattenduelle auf der Kemmel-Geraden oder in Blanchimont zu sehen.

Streckendaten
Länge: 7,004 km
Runden: 44
GP-Distanz: 308,176 km
Rundenrekord: 1:47.263 (VET, 2009)
Kurven: 19 (9 rechts, 10 links)
Weg bis Kurve 1: 270,8 m
Länge Boxengasse: 385,7 m
Zeit in Box bei 80 km/h: 17,36 s

3. S wie Strategie

Bekanntlich sind die Reifen auf dem 7,004 Kilometer langen Kurs einer hohen Belastung ausgesetzt. Man denke nur zurück an das Jahr 2015, als Ferrari-Pilot auf der Kemmel-Geraden nach Eau Rouge der Reifen platzte. Dennoch hat sich Reifenhersteller Pirelli dazu entschlossen, die Teams mit den drei weichsten zur Verfügung stehenden Mischungen auszustatten.

Die Strategie hängt eng mit dem sehr launischen Ardennen-Wetter zusammen, Spontanität und eine pfeilschnelle Reaktionszeit sind am Kommandostand besonders gefragt. Sollte es hingegen trocken bleiben, wird auch hier die Strategie interessant. Pirelli selbst geht von einer klassischen Ein-Stopp-Strategie aus, bei der dann voraussichtlich der gelbe Soft-Reifen zum Einsatz kommen wird, ein Wechsel auf die superweichen Pneus ist nicht denkbar - zumindest nicht, wenn der Pilot nur einmal die Box ansteuern soll.

4. S wie Sonntagswetter

Nirgends ist der Blick aufs Wetterradar spannender als in Spa-Francorchamps. Diese Saison war den Fans der Königsklasse ein Regenrennen bislang erspart geblieben. Morgen könnte es nun endlich soweit sein. Lag die Niederschlagswahrscheinlichkeit am Donnerstag noch bei recht sicheren 90 Prozent, hat sich in den zwei Tagen einiges geändert. Mittlerweile können Fahrer, Teams und Fans mit 40-prozentiger Wahrscheinlichkeit rechnen, dass sich Petrus im Rennen erbarmen wird und mit einem Schauer seinen Teil zur Spannung beizutragen. Denn das Fahrverhalten müssen die Piloten auf keiner anderen Strecke so extrem anpassen wie auf dem Circuit Spa-Francorchamps.

5. S wie Schumacher

Michael Schumacher und Spa - zwischen dem Rekordweltmeister und der Tradtitionsstrecke besteht eine geschichtsträchtige Verbindung. Die Karriere des siebenfachen Formel-1-Weltmeister begann im Jahr 1991 auf der Ardennenachterbahn. Sein erstes und einziges Rennen für Jordan fuhr Schumacher in Spa, ehe es ihn in die Hände Flavio Briatores zu Benetton gezogen hat.

Ein Jahr später der erste große Triumph des damals 23-Jährigen: Schumacher gelang sein erster Sieg in der Königsklasse des Motorsports. Und wo? Genau, auf dem Circuit de Spa-Francorchamps. Der Rest ist bekanntlich Geschichte. Den Mythos Schumacher und Spa machte der Deutsche im Jahr 2004 perfekt. Im 14. Saisonrennen reichte für den damaligen Ferrari-Piloten ein zweiter Platz hinter seinem Nachfolger Räikkönen, um seinen siebten und letzten Weltmeistertitel vorzeitig zu gewinnen.

Es passt wie die Faust aufs Auge, dass gerade in Spa Hamilton bei der Anzahl der Poles auf Schumacher aufgeschlossen hat. Ross Brawn übermittelte dem Briten nach dem Qualifying enie Nachricht von den Schumachers, die Hamilton viel bedeutete. "Ich überbringe dir eine besondere Botschaft im Namen von Corinna und Michael. Sie wollen dir gratulieren, dass du Michaels Rekord eingestellt hast. Er hat gesagt, dass Rekorde da sind, um gebrochen zu werden", so der Überbringe Brawn. Hamilton war sichtlich gerührt. "Ich bete immer für Michael und seine Familie", so der Brite bei der Pressekonferenz nach dem Qualifying in Spa. "Ich hatte das Privileg, im Kart in Kerpen und auch in der F1 gegen ihn zu fahren. Ich habe ihn immer bewundert und tue das heute noch."

Michael Schumachers erster Sieg jährt sich zum 25. Mal, Foto: Sutton
Michael Schumachers erster Sieg jährt sich zum 25. Mal, Foto: Sutton

Um die besondere Bande zwischen Schumacher und der Strecke abzurunden, haben sich die Organisatoren etwas Spezielles ausgedacht. Zum 25-jährigen Jubiläum des ersten F1-Sieges des Rekordweltmeisters kommt es am Rennsonntag zu einer rührenden Aktion: Sohn Mick Schumacher dreht im Rahmenprogramm des Großen Preises von Belgien eine Demorunde im Benetton-Ford B194 - jenem Boliden, mit dem sein Vater seinen ersten Sieg eingefahren hat.

6. S wie Streckenrekord

1:42.553 Minuten - diese Marke setzte Lewis Hamilton im Qualifying. Dies bedeute nicht nur die Pole-Position, sondern auch einen absoluten Streckenrekord für die aktuelle Streckenvariante in den Ardennen. Diesen hatte vorher viele Jahre Jarno Trulli inne, er fuhr 2009 eine 1:44.503. Diese Marke wurde schlussendlich an diesem Wochenende um ganze zwei Sekunden unterboten.

Noch extremer ist der Unterschied zwischen 2016 und 2017. Der Circuit Spa-Francorchamps zeigt deutlich auf, wie groß der Unterschied zwischen der alten Fahrzeug-Generation und der neuen ist. Die Pole-Zeit 2016 wurde von Nico Rosberg aufgestellt, er fuhr eine 1:46.744 Minuten. Das bedeutet eine Verbesserung 2017 um 4,2 Sekunden. Dies ist bislang in dieser Saison der größte Unterschied im Qualifying.

7. S wie Slipstream

McLaren machte es im Qualifying vor, Sebastian Vettel brachte es wohl in die erste Startreihe - das Windschattenfahren. In Belgien deshalb ein so besonders großes Thema, weil die Kemmel-Gerade die beste Überholstelle der Strecke ist. Dieser Abschnitt eignet sich wie kaum ein anderer, sich im Windschatten an den Vordermann anzusaugen - sogar ohne den Einsatz von DRS. Der Klappflügel ist dort zwar erlaubt, aber wenn man bei der Messstelle zu weit entfernt war, bietet die Kemmel-Gerade durch ihre ansteigende Topographie dennoch eine Chance, auch ohne DRS den Vordermann anzugreifen.

Gleiches gilt für den letzten Sektor. Nach Stavelot geht es nur noch Vollgas bis zur Schikane. Und dort ist das DRS keine Option. Mit den neuen Autos könnte es dort sogar eine Mutprobe werden, in dirty air dem Vordermann durch die berüchtigte Blanchimont zu folgen. Ist das möglich, kann man zur Schikane hin aus dem Windschatten ausscheren und ein Manöver setzen. Action scheint garantiert.

Und wie tippt die Motorsport-Magazin.com-Redaktion? Das sind unsere (nicht immer ganz ernst gemeinten) Tipps für den Belgien Grand Prix:

Manuel Schulz: Wenn man eins über Rennen in Spa weiß, dann, dass man nichts weiß. Besonders, da Regen angekündigt ist. Und genau der wirbelt das gesamt Feld durch mehrere heftige Schauer auch mehrmals durcheinander. Am Ende überquerst Fernando Alonso als Erster hinter dem Safety-Car das Ziel und wundert sich, dass er aufs Podest darf, denn er ging davon aus, überrundet zu sein.

Manuels Top-3-Tipp: 1. Heftiger Regen 2. Bernd Mailänder 3. Fernando Alonso

Chris Lugert: Nach der üblichen Massenkarambolage in La Source führt plötzlich Max Verstappen das Feld an, nachdem beide Ferraris und beide Mercedes ausgeschieden sind. Die Menge auf den Rängen tobt, selbst als der Regen kommt. Diesen nutzt Verstappen, um sich ein Polster von einer Runde auf seinen Teamkollegen herauszufahren. Platz drei belegt Nico Hülkenberg, der damit sein erstes Podium überhaupt einfährt.

Chris' Top-3-Tipp: 1. Verstappen 2. Ricciardo 3. Hülkenberg

Haris Durakovic: Jetzt muss es endlich klappen. Auf seiner Haus- und Hofstrecke soll der Iceman endlich mal zeigen, was er von der Politik seines Arbeitgebers hält. In Ungarn durfte er zuletzt nicht am kränkelnden Teamkollegen vorbei, in Monaco hat den Finnen eine fragwürdige Strategie den sicheren Sieg gekostet. Startplatz vier ist sicher nicht die ideale Ausgangslage. Aber auf einer Fahrerstrecke wie Spa kann Räikkönen zeigen, dass er immer noch zu den Besten gehört - sofern es Ferrari erlaubt. Und wenn nicht, dann red mal Tacheles, Kimi! Das musst du dir nicht antun!

Haris Top-3-Tipp: 1. Iceman 2. egal 3. egal