Pro: Räikkönen bietet unersetzbares Gesamtpaket

Ja, Räikkönen ist mit Blick auf die vier Fahrer der beiden Top-Teams Mercedes und Ferrari etwas hintendran. Vier Podestplätze in elf Rennen sind aber dennoch eine beachtliche Leistung. Vermutlich wäre noch das eine oder andere mehr drin gewesen, hätte Räikkönen nicht auch 2017 in einigen Situationen das Pech nahezu gepachtet - siehe die Kollisionen in Spanien oder Baku.

Dass Räikkönen selbst nicht mehr Weltmeister wird, ist wohl klar. Teamintern kann er für seinen Teamkollegen Sebastian Vettel, der genau dieses Ziel verfolgt, jedoch der Trumpf sein. Das Rennen in Ungarn zeigte es wieder einmal deutlich: Er ist ein absoluter Teamplayer, der sich am Funk zwar hier und da mit Unverständnis über die Strategien seines Teams äußert, sie aber dann doch klar befolgt. Und das, obwohl er in Budapest nicht zum ersten Mal in diesem Jahr um eine reelle Siegchance gebracht wurde.

Noch steht gar nicht fest, ob Vettel überhaupt kommende Saison für Ferrari fahren wird. Mit der Vertragsverlängerung Räikkönens, auf die Vettel gedrängt hatte, liefern sie ihm jedoch ein wichtiges Argument. Und Vettel will man in Maranello bekanntlich um jeden Preis halten. Der Deutsche hat den Rücken frei, Ferrari muss nicht mit einem stallinternen Disput rechnen.

Räikkönen und Vettel bilden ein harmonisches Gespann, Foto: LAT Images
Räikkönen und Vettel bilden ein harmonisches Gespann, Foto: LAT Images

Und ganz pragmatisch gesehen: Wer wäre denn eine Alternative für Räikkönen gewesen? Aus dem eigenen Juniorenstall ist noch kein Fahrer bereit für diese große Aufgabe - egal, ob Leclerc, Giovinazzi oder wer auch immer. Eine externe Option, die das Gesamtpaket Kimi Räikkönen bietet, ist kaum zu finden: ein hoher Grundspeed gepaart mit geballter Erfahrung und Verlässlichkeit. Auch wenn sich ein Räikkönen niemals als neuen Irvine, Barrichello oder Massa sehen würde: faktisch ist er nun einmal genau das.

Contra: Ferrari nur für die Besten

Kimi Räikkönen ist ein Typ, den die Formel 1 braucht. Keine Frage. Ich glaube aber nicht, dass er von einem Topteam wie Ferrari gebraucht wird. Ferraris Anspruch ist seit jeher: Gewinnen. Wo soll nun der Widerspruch sein, fragt sich der ein oder andere. Räikkönen hilft Vettel ja dabei, die Weltmeisterschaft zu gewinnen.

Tatsächlich sieht es in der Fahrerweltmeisterschaft gut aus für Vettel. Beim Blick auf die Konstrukteurs-WM zeigt sich aber, warum Räikkönen nicht der richtige ist. Während bei Mercedes beide Piloten fleißig Punkte sammeln, ist Vettel bei Ferrari Einzelkämpfer.

Mercedes ging schon vor der Saison davon aus, nicht mehr wie in den letzten Jahren zu dominieren. Deshalb wollte man unbedingt den bestmöglichen Piloten. Das zahlt sich jetzt zum einen in der Konstrukteurswertung aus, zum anderen darin, dass man noch zwei Piloten im WM-Kampf hat. Schade, dass Ferrari nicht die zwei bestmöglichen Piloten im Team haben will. Die sind manchmal auch nötig, um sich gegenseitig zu Höchstleistungen zu pushen - gerade wenn es einmal nicht so läuft. 2013 und 2016 sind aus Vettel-Sicht gute Beispiele dafür.

Zwischen Bottas und Räikkönen kracht es immer wieder, Foto: Sutton
Zwischen Bottas und Räikkönen kracht es immer wieder, Foto: Sutton

Zugegeben, bei Räikkönen stehen zwei Ausfälle - beide durch Kollisionen, beide Male auch noch mit Valtteri Bottas. Einmal lag die Schuld mehr bei Räikkönen, einmal mehr bei Bottas. Trotzdem scheint Räikkönen das 'Pech' magisch anzuziehen. Pech gibt es aber nicht. Wer prinzipiell weiter hinten startet, hat ein höheres Risiko.

Räikkönen hat sich bei der Performance in den letzten beiden Jahren wieder verbessert. Aber es reicht einfach nicht mehr, um zu den besten Piloten des Planeten zu zählen. Und für die sollte ein Ferrari-Cockpit eigentlich sein.