Am 10. August 1986, vor knapp 31 Jahren, trug sich in der Formel 1 Historisches zu. Zum ersten Mal fand ein Rennen hinter dem Eisernen Vorhang statt, der damals noch den kapitalistischen Westen und den kommunistischen Osten strikt trennte. Budapest, genauer gesagt der Hungaroring, war Schauplatz jenes Rennens, das die Massen aus dem ganzen Ostblock anzog - 210.000 Zuschauer am Rennsonntag bedeuteten einen Rekord, der erst 1995 beim Australien GP in Adelaide gebrochen wurde.
Ungarn statt Sowjetunion
Initiator des ersten Formel-1-Rennens auf kommunistischem Boden war Bernie Ecclestone, der schon lange den Plan verfolgt hatte, die Königsklasse im Ostblock salonfähig zu machen. Eigentlich hatte Ecclestone ein Rennen in Moskau im Sinn, scheiterte jedoch daran, dieses dem damaligen Staatsoberhaupt der Sowjetunion, Leonid Breschnew, ausreichend schmackhaft zu machen. Dabei hatte sich Ecclestone ordentlich ins Zeug gelegt, wie ein aus dem Jahr 1982 überlieferter Brief an Breschnew belegt (siehe Bild rechts).
Ecclestone konzentrierte sich daraufhin auf Ungarn, wo er von der dem Westen zugetanen Regierung mit offenen Armen empfangen wurde. Im Herbst 1985 begannen die Arbeiten am Hungaroring in der Gemeinde Mogyoród, nordöstlich von Budapest. In der Rekordzeit von nur neun Monaten wurde die damals 4,014 Kilometer lange Strecke fertig gestellt, sodass die Premiere der Königsklasse hinter dem Eisernen Vorhang im August 1986 wie geplant über die Bühne gehen konnte.
Rekordverdächtige Zuschauerzahlen
Bereits die Trainings fanden vor zum Bersten gefüllten Naturtribünen statt, von denen aus man große Teile der tiefergelegenen Strecke einsehen konnte. Motorsportfans aus dem gesamten Ostblock pilgerten an den Hungaroring; so fanden sich unter anderem viele DDR-Bürger ein, die einen Abstecher von ihrem Sommerurlaub am Plattensee an die Rennstrecke machten.
Doch auch aus Polen und der Tschechoslowakei reisten Zehntausende an, denen es aufgrund der eingeschränkten Reisefreiheit bisher nicht möglich gewesen war, ein Formel-1-Rennen vor Ort zu besuchen. Die Zuschauerzahl über das ganze Wochenende belief sich auf für heutige Verhältnisse unglaubliche 380.000 Fans.
Piquet düpiert Senna
Das Rennen selbst stand ganz im Zeichen zweier Brasilianer. Nelson Piquet und Ayrton Senna lieferten sich ein Duell um den Sieg, das in einem der sehenswertesten Überholmanöver der Formel-1-Geschichte gipfelte. Piquet bremste sich in der 57. Runde mit einem spektakulären Drift am Ende der damals noch kürzeren Start- und Zielgeraden an Senna vorbei und legte damit den Grundstein zu seinem Sieg.
Dieser fiel mit 17 Sekunden Vorsprung letztlich ziemlich deutlich aus, allerdings wurde Piquet eine Runde früher als eigentlich geplant abgewinkt. Ursprünglich wären 77 Runden angesetzt gewesen, tatsächlich wurde der Grand Prix aber nach bereits 76 Umläufen beendet, da ansonsten die maximal erlaubte Renndauer von zwei Stunden überschritten worden wäre. Der Hungaroring mit seinen vielen engen Kurven war langsamer, als die FIA im Vorfeld angenommen hatte.
Der Hungaroring wird zum Fixpunkt
Der Eiserne Vorhang sollte erst 1989 durch den immer größer werdenden Druck der Bevölkerung und die weise Politik Michail Gorbatschows fallen, der die Begriffe Glasnost (Offenheit) und Perstroika (Umbau) prägte. Die Formel 1 kehrte jedoch schon 1987 in den Ostblock zurück, sodass sich der Große Preis von Ungarn bald zu einer festen Größe im Kalender etablierte. In diesem Jahr findet bereits die 31. Auflage statt - lediglich zwölf Rennen wurden öfter ausgetragen.
Ergebnis Großer Preis von Ungarn 1986
Pos. | Nr. | Fahrer | Team | Rd. | Zeit | Rückstand/Ausfallgrund |
1 | 6 | Nelson Piquet | Williams/Honda | 76 | 2:00'34.508 | |
2 | 12 | Ayrton Senna | Lotus/Renault | 76 | 2:00'52.181 | 17.673 |
3 | 5 | Nigel Mansell | Williams/Honda | 75 | 2:01'12.520 | 1 Runde |
4 | 28 | Stefan Johansson | Ferrari | 75 | 2:01'28.066 | 1 Runde |
5 | 11 | Johnny Dumfries | Lotus/Renault | 74 | 2:01'16.830 | 2 Runden |
6 | 3 | Martin Brundle | Tyrrell/Renault | 74 | 2:01'31.251 | 2 Runden |
7 | 16 | Patrick Tambay | Lola/Ford | 74 | 2:02'00.073 | 2 Runden |
8 | 4 | Philippe Streiff | Tyrrell/Renault | 74 | 2:02'12.986 | 2 Runden |
9 | 26 | Philippe Alliot | Ligier/Renault | 73 | 2:00'58.371 | 3 Runden |
10 | 14 | Jonathan Palmer | Zakspeed | 70 | 2:01'59.312 | 6 Runden |
25 | René Arnoux | Ligier/Renault | 48 | 1:20'23.728 | Motor | |
15 | Alan Jones | Lola/Ford | 46 | 1:17'42.997 | Differential | |
20 | Gerhard Berger | Benetton/BMW | 44 | 1:12'20.651 | Kraftübertragung | |
18 | Thierry Boutsen | Arrows/BMW | 40 | 1:09'03.657 | Elektrisch | |
2 | Keke Rosberg | McLaren/TAG | 34 | 58'07.897 | Aufhängung | |
19 | Teo Fabi | Benetton/BMW | 32 | 54'25.937 | Kraftübertragung | |
24 | A.Nannini | Minardi/Motori Moderni | 30 | 53'00.569 | Motor | |
27 | Michele Alboreto | Ferrari | 29 | 48'08.863 | Unfall | |
8 | Derek Warwick | Brabham/BMW | 28 | 46'15.025 | Unfall | |
1 | Alain Prost | McLaren/TAG | 23 | 50'38.219 | Unfall | |
21 | P.Ghinzani | Osella/Alfa Romeo | 15 | 26'30.671 | Aufhängung | |
17 | Christian Danner | Arrows/BMW | 7 | 13'06.703 | Aufhängung | |
7 | Riccardo Patrese | Brabham/BMW | 5 | 8'26.661 | Getriebe | |
23 | A.de Cesaris | Minardi/Motori Moderni | 5 | 8'45.970 | Motor | |
29 | H.Rothengatter | Zakspeed | 2 | 3'56.550 | Radiator | |
22 | Allen Berg | Osella/Alfa Romeo | 1 | 3'00.202 | Turbo |
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