Hinter Pascal Wehrleins Performance stand vor dem Qualifying für den Großen Preis von Bahrain 2017 ein großes Fragezeichen - denn nach seiner beim Race of Champions im Januar erlittenen Rückenverletzung ging er erstmals für seinen neuen Arbeitgeber Sauber in ein Zeittraining. Der Mercedes-Junior überzeugte jedoch aus dem Stand heraus mit einem starken 13. Startplatz. Und nicht nur der Einzug ins Q2 war als großer Erfolg zu werten, denn auch Teamkollege Marcus Ericsson blieb beim ersten Kräftemessen chancenlos.

"Das war einfach eine gute Runde. Hier und da gibt es immer kleine Sachen, die man verbessern kann. Aber ich bin ziemlich zufrieden mit der Runde", resümierte Wehrlein sein erstes Qualifying der Saison 2017, bei dem er es im Gegensatz zum Teamkollegen ins Q2 schaffte. Dass er schon im Q1 über eine halbe Sekunde schneller als Ericsson war, spielte für ihn unter dem Strich jedoch keine Rolle: "Darauf habe ich mich nicht konzentriert. Als ich angereist bin, hatte ich nicht einmal große Erwartungen, da ich einen großen Rückstand in Sachen Erfahrung mit diesem Auto habe."

Umso überraschender war seine starke Leistung beim Comeback-Qualifying, nach der sich auch sein Förderer Toto Wolff erleichtert zeigte. "Die Leute meinten, er hätte härter sein müssen - und er hat in einer spektakulären Weise zurückgeschlagen und den Sauber ins Q2 gebracht. Das freut mich sehr für ihn", so der Mercedes-Teamchef, der hofft, dass es auch am Rennsonntag für seinen Schützling gut ausgehen wird: "Ich hoffe, dass er das Rennen ohne Schmerzen beenden kann."

Pascal Wehrlein spürt die Verletzungen seines Unfalls immer noch, Foto: Sutton
Pascal Wehrlein spürt die Verletzungen seines Unfalls immer noch, Foto: Sutton

Wehrlein: Der Schmerz ist akzeptabel

Drei Monate ist Wehrleins Unfall mit Race of Champions mittlerweile her und obwohl er in dieser Zeit viel Rehabilitationsarbeit leistete, spürt er die Verletzung an seinem Rücken auch jetzt noch. "Im Auto stört es mich nicht weiter. Nur beim Ein- und Aussteigen merke ich es... vor allem beim Aussteigen", so der 22-Jährige, der davon ausgeht, dass ihn die Nachwehen seines Unfalls in Miami noch eine Weile begleiten werden.

"Es kann sein, dass ich es auch in einem halben Jahr noch spüren werde. Aber wichtig ist, dass die Knochen wieder zusammen sind und stark genug sind. Egal ob es ein bisschen schmerzt oder nicht... der Schmerz ist auch akzeptabel", fügte er an. Im Qualifying schien ihn der Schmerz in der Tat nicht beeinträchtig zu haben, doch am Sonntag wartet eine unbekannte Herausforderung auf ihn und seine Fitness.

Obwohl er bei den Testfahrten in Barcelona war, ist Wehrlein mit dem 2017er Boliden bisher noch keine komplette Renndistanz gefahren. Sorgen bereitet ihm dieser Umstand jedoch keine: "Nein, ich lasse es einfach auf mich zukommen. Ich habe momentan keine Bedenken, dass ich das Rennen nicht schaffe oder irgendwann zu starke Schmerzen bekomme. Außerdem glaube ich, dass es bei den Temperaturen für jeden Fahrer schwer wird."

Fehlende Erfahrungswerte erschweren die Bedingungen

Nicht nur für seinen Körper wird die erste Renndistanz im Jahr 2017 eine spezielle Herausforderung. Durch die Regeländerungen hat sich das Fahren in der Formel 1 in diesem Jahr in vielen Bereichen verändert und obendrein sitzt Wehrlein auch zum ersten Mal unter Rennbedingungen im Sauber C36. "Ich bin noch nie eine Renndistanz gefahren, deswegen weiß ich auch noch nicht wirklich, was auf mich zukommt", so Wehrlein im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com

Während die anderen Piloten bereits zwei Mal im Ernstfall hinter dem Lenkrad ihrer Boliden saßen, muss der Deutsche diese Erfahrungswerte am Sonntag in Bahrain erst einmal aufarbeiten: "Die ganzen Referenzen fehlen mir. Wie viel Benzin ich sparen muss und einfach sämtliche Prozesse. Wir Fahrer bekommen zwar die Informationen vom Ingenieur und haben sie auch auf dem Display, doch je öfter man alles in dem Auto gemacht hat, umso besser funktioniert das dann."

Wissenswertes über den Bahrain GP (01:00 Min.)

Sauber im Qualifying stärker als im Rennen

Obwohl er die Rennen bisher nur als Zuschauer verfolgen konnte, hat Wehrlein trotzdem schon eine Tendenz in Sachen Performance erkannt. "Den Erfahrungen aus den ersten zwei Rennen nach sind wir im Qualifying stärker als im Rennen. So sah es in Melbourne und Shanghai zumindest aus", so der Sauber-Pilot, der auch den Nachteil der Ferrari-Aggregate des Jahrgangs 2016, von denen sein Bolide befeuert wird, als Grund dafür sieht: "Im Rennen ist er [der Nachteil] größer als im Qualifying. Die Geraden sind hier auch ziemlich lang, aber darüber braucht man sich jetzt auch nicht beschweren."

Wie es am Sonntag in Bahrain für ihn laufen wird, will Wehrlein noch nicht abschätzen - denn aufgrund beschnittener Longruns stehen in Sachen Strategie hinter seinem Comeback-Rennen noch einige Fragezeichen. "Wir sind bisher nicht so viele Runden gefahren. Es waren zwischen 15 und 20 runden, aber das Ziel wird sein, eine Einstopp-Strategie zu fahren - und dafür muss man schon noch ein paar Runden mehr fahren.

Wehrlein legt sein Augenmerk aber ohnehin darauf, sein Erfahrungsdefizit aufzuarbeiten. "Ich werde wieder mein Bestes geben und was ganz wichtig für die Saison ist: So viel wie möglich mitnehmen, um dann auch beim nächsten Rennen schon besser zu sein", so der Deutsche, für den Bahrain 2016 ein gutes Pflaster war: Im Manor sorgte er bei seinem zweiten Formel-1-Rennen mit einem 13. Platz für Aufsehen: "Generell mag ich die Strecke und letztes Jahr war es auf jeden Fall eines der Highlights."