Am Montagabend platzte die Bombe in der Formel 1: Bernie Ecclestone ist raus. Kaum hatte Liberty Media die Übernahme mit dem zweiten Closing abgeschlossen, wurde Ecclestone zum Ehrenpräsident degradiert und mit Chase Carey, Ross Brawn und Sean Bratches sofort ein neues Führungs-Trio benannt.

Mit der Zustimmung des Motorsportweltrats war der letzte Schritt der Übernahme geschafft. Die FIA hatte beim Verkauf der Formel 1 ein Vetorecht. Die restlichen Hürden wurden allesamt firmenintern geregelt, darunter die Ausschüttung von weiteren Aktien zur Finanzierung des Deals und die Umbenennung von Liberty Media in Formula One Group.

Doch es könnte noch eine weitere Hürde für den US-amerikanischen Medienkonzern geben. Schon vor geraumer Zeit machte eine britische Parlamentsabgeordnete von sich reden, weil sie im Übernahmeprozess einen Konflikt mit dem EU-Wettbewerbsrecht sieht.

Ecclestone: Nur die EU kann den Deal verhindern

Bernie Ecclestone sagte kürzlich im Interview mit dem Blick: "Der Deal kann nur noch verhindert werden, wenn die EU entscheidet, dass der Deal gegen die Wettbewerbsgesetzte verstößt. Oder wenn sich Leute beklagen, dass er das tut."

Die Situation ist kompliziert: In der Formel 1 sind sportlicher Ausrichter und kommerzieller Rechteinhaber eigentlich strikt voneinander getrennt. Die kommerziellen Rechte am Sport verkaufte die FIA einst für 100 Jahre an Delta Topco, der Muttergesellschaft der Formula One Group. Die FIA wurde von der Europäischen Kommission mehr oder weniger zu diesem Schritt gezwungen, um dem EU-Recht zu entsprechen.

Allerdings besitzt die FIA noch 1,07 Prozent an Delta Topco. Die Anteile erwarb der Automobilweltverband einst für knapp eine halbe Millionen Dollar. Der tatsächliche Wert beläuft sich aber heute auf rund 80 Millionen Dollar. Die FIA durfte die Anteile allerdings nur verkaufen, wenn der damalige Eigentümer CVC die Formel 1 weiterverkauft. Die Übernahme durch Liberty Media kam der FIA also gelegen, weil die Anteile zum Marktpreis von 80 Millionen veräußert werden können.

FIA verdient 79,5 Millionen an Verkauf

Das Problem: Durch die finanzielle Begünstigung im Falle einer Übernahme steht die FIA im Interessenskonflikt. Wird die FIA, wenn sie 79,5 Millionen Euro Gewinn machen kann, gegen den Verkauf der Formel 1 stimmen? Dabei sollte der Verband laut Recht eigentlich keine kommerziellen Interessen an der Rennserie hegen.

Liberty Media Geschäftsführer Chase Carey äußerte sich bei ITV gelassen zu diesem Thema: "Nein, ich glaube nicht, dass es hier einen Interessenskonflikt gibt. Aber es ist nicht meine Angelegenheit, ich war bei diesen Dingen nicht involviert. Es wurde von anderen Parteien zu einer anderen Zeit entschieden. Aber sie [die FIA] hält einen Prozent und sie bekommen einen fairen Preis für das, was sie besitzen."

Doch versucht Ecclestone nun selbst, die EU-Kommission auf einen möglichen Interessenskonflikt aufmerksam zu machen? Es ist zumindest nicht undenkbar. Dabei könnte sich Ecclestone seinen einstigen Feind zum Freund machen. Nicht selten schimpfte der 86-Jährige über die EU, die sich derzeit auch die von ihm ausgehandelte Preisgeldverteilung in der Formel 1 ansieht. Nun könnte Ecclestone versuchen, die EU-Kommission zu nutzen, um dem neuen Eigentümer Steine in den Weg zu legen.

Keine Beschwerde bei der EU

Wie Motorsport-Magazin.com erfuhr, liegt der Europäischen Kommission bislang allerdings keine offizielle Beschwerde über die Beteiligung der FIA an der Formel 1 vor. Auch wenn das festgeschriebene Veto-Recht und der Profit bei einem Verkauf in einem Interessenskonflikt stehen, ist es unwahrscheinlich, dass Brüssel einschreitet, wie aus EU-Kreisen zu hören ist.

Denn aktuell gibt es keine begründeten Zweifel daran, dass die FIA vom Vetorecht Gebrauch gemacht hätte, wenn keine finanziellen Interessen im Hintergrund wären. Mit Liberty Media erhoffen sich viele Beteiligte die weitere Erschließung des US-Marktes und mehr Wachstum vor allem im Internet. Gleichzeitig verfügt der neue Eigentümer über wichtige Kompetenzen, die die Formel 1 voranbringen können.

Das Vetorecht sollte vor allem verhindern, dass die Formel 1 an schwindelige Investoren verkauft wird - das allerdings trifft auf Liberty Media nicht zu. Trotzdem machte Ecclestone zuletzt den Eindruck, auf die EU-Kommission zu hoffen. Das letzte Wort ist hier wohl noch nicht gesprochen.

Ecc-xit! Ecclestones F1-Aus ein Fluch oder Segen? (13:47 Min.)