Die Formel 1 ist ein schnelllebiges Geschäft. In diesem Punkt stimmen alle Experten und Betrachter vollständig überein. Das beste Beispiel für diese These stellt das seit Jahren im ständigen Wandel befindliche Qualifying-Format dar.

Im Bestreben den Zuschauern mehr Fahraction über die komplette Qualifyingzeit hinweg sowie eine verbesserte Show zu bieten, führte Max Mosley Anfang 2003 ein neues Qualifikationsformat ein: Das Einzelrundenqualifying. Doch statt einem Patentrezept für spannende Qualifying-Minuten am Samstag, fand Mosley damit den Anfang einer schier unendlichen Geschichte...

2002 - Die gute alte Zeit. Früher war alles besser, heißt es im Volksmund immer wieder, wenn man mit den Veränderungen der Zeit nicht zufrieden ist. Entsprechend schnell vergisst man dabei auch, dass selbst anno 2002 im einstündigen Zwölfrundenqualifying nicht alles perfekt war. Schließlich beschwerten sich die auf den Tribünen und vor den Fernsehern gelangweilt wartenden Fans damals vehement über die rund 20 bis 30 Minuten leere Strecke, auf welcher bestenfalls die Minardi Piloten ihre ersten Runden drehten. Danach ging es allerdings Schlag auf Schlag: In den letzten Minuten der Qualifyingsession waren alle Top-Piloten gleichzeitig auf der Strecke und lieferten sie sich dabei ein Duell auf der letzten Reifenrille, welches selbst ein Hitchcock-Thriller nur schwer zu überbieten vermochte. Nicht umsonst waren die letzten Qualifyingsekunden damals beinahe spannender als ein gesamter Grand Prix.

2003 - Der Anfang vom Ende. Im Jahr 2003 sollte aber alles anders werden. Max Mosley drückte ein großes Regeländerungspaket durch und verärgerte damit nicht nur - erstmalig - die Teams. Auch jene Zuschauer, die Unsummen für ein Ticket ausgegeben hatten, um dann am Sonntagmorgen in der prallen Sonne oder im strömenden Regen zu sitzen und auf eine verwaiste Strecke zu starren, waren vom neuen doppelten Einzelqualifyingformat alles andere als euphorisiert. Zwar erlebten sie am Freitag im ersten Einzelrundenqualifying den wahren Speed der Boliden, da diese hier von den Piloten mit 'leeren Tanks' auf nur einer Runde um den Kurs gelenkt wurden. Doch verwirrte das mit Rennspritmenge gefahrene 2. Qualifying am Samstag durch von der Strategie verwässerte Startaufstellungen.

2004 - Der Langeweile-Horror. Als Reaktion auf die vielen kritischen Töne, ließen sich die Verantwortlichen für das Folgejahr wieder etwas Neues einfallen: Die erste Qualifyingsession wurde vom Freitag, der dadurch zum reinen Trainingstag abgewertet wurde, auf den Samstag verschoben und gleichzeitig im Doppelpack mit dem 2. Qualifying betrieben. Bei den ersten Rennen bedeutete dies eine beinahe zwei Stunden lange, nur von einer zweiminütigen Pause unterbrochenen, Marathonsitzung, welche nur die Wenigsten von den Stühlen riss - und dies auch nur, weil sie eingeschlafen heruntergefallen waren. Aus diesem Grund wurde die Pause zwischen den zwei Sessions auf eine gute Viertelstunde erweitert und ein komplett neues System für Silverstone angekündigt. Aber anstelle des rettenden neuen Additionsformats, kam es in Silverstone zum Eklat: Ein falscher Wetterbericht sagte für die zweite Session Regen voraus und sorgte dafür, dass sich die Piloten im 1. Qualifying im langsam fahren übten, da jeder in der zweiten Sitzung als Erster raus fahren wollte. Der Höhepunkt der Farce waren ein absichtlicher Abflug von Michael Schumacher sowie der ausbleibende Regen, welcher die Hollywood-reife Vorstellung endgültig zur Farce machte.

2005 - Den Rechenschieber immer Griffbereit. Für die laufende Saison wurde das Qualifyingformat deshalb erneut geändert. Nun nahm man sich endlich der Leiden der Fans vor Ort an und schob das 2. Qualifying auf den Sonntagmorgen. Doch des einen Freud, ist bekanntlich des anderen Leid, weshalb sich die Fernsehanstalten über die frühe Austragungszeit und die Printmedien über die fehlende Qualifyingberichterstattung beschwerten. Zudem verwirrte das Additionssystem der beiden Sessions von Samstag und Sonntag nicht gerade wenige der unregelmäßigen und auch ein paar der regelmäßigen Zuschauer.

Was kommt nun?

Nach schier unendlichen Diskussionen und unzähligen Meetings scheint nun aber tatsächlich ein Wunder absehbar zu sein: Die zehn Teambosse haben sich in Monaco einstimmig - ein Wort, welches die Teamchefs unter normalen Umständen weder kennen noch verwenden - darauf einigen können, die zweite Qualifyingsession am Sonntag abzuschaffen und bereits ab dem Großen Preis von Europa auf dem Nürburgring nur noch ein Qualifying am Samstagnachmittag abzuhalten.

Diese Session wird hierbei, aufgrund der speziell für das aktuelle Format ausgelegten Tankkapazitäten einiger Teams, auch weiterhin ein Einzelrundenqualifying bleiben, bei welchem allerdings wieder mit Rennsprit angetreten wird. Somit sind die erschütterten Rufe jener, die gerne das wahre Kräfteverhältnis der Fahrer und Teams auf einer schnellen Runde mit 'leeren Tanks' sehen würden, bereits vorprogrammiert.

Was in der heutigen Formel 1 aber mehr zählt als die Unterhaltung der zahlenden Kundschaft am Sonntagmorgen oder die Zufriedenheit der Sportler, ist die Zufriedenstellung der TV-Anstalten und Printmedien rund um den Globus.

Aber wer jetzt glaubt, dass diese x-te Qualifyingänderung innerhalb weniger Jahre endgültig der Stein der Weisen oder das Ende der Fahnenstange wäre, der täuscht sich gewaltig. Schließlich muss Max Mosley ja seinem Image als Regeländerungsfanatiker nachkommen.

Somit schließt der FIA-Präsident eine neuerliche Formatänderung für die Saison 2006 nicht aus. "Das muss sich noch erweisen. Es gibt sehr viele gute Ideen, aber es ist schwierig die Zustimmung aller zu bekommen", beschreibt Mosley das große Problem der F1-Regelgebung: Die Einstimmigkeit, die nur er aus Gründen der Sicherheit übergehen kann. "Das Problem ist, dass man zehn Teams und 15 Meinungen hat. Aber vielleicht finden wir ja etwas."

Dabei weiß Mosley allerdings auch um jene weisen Worte, welche sein Brieffreund Paul Stoddart schon vor Saisonbeginn predigte: "Wir dürfen das System nicht ständig ändern, da dies dem Ansehen des Sports schadet."

Endgültig beschlossen ist die neueste Änderung für den Nürburgring übrigens ebenfalls noch nicht. Denn während Bernie Ecclestone noch von "viel Papierkram" spricht, der zu erledigen sei, meint er damit die Fax-Abstimmung der Formel 1 Kommission sowie des FIA World Council.

"Diese Leute sind über die gesamte Welt verstreut und sie antworten manchmal nicht sofort", merkt Mosley an. "Wir müssen abwarten bis wir genügend Stimmen haben. Nun hängt es davon ab, ob der World Council und die Formel 1 Kommission zustimmen." Ob auch die Fans zustimmen, interessiert hingegen - trotz einer vorgeschobenen Fanumfrage auf der FIA-Website - niemanden...