Knapp eine Woche nach dem kapitalen Motorschaden an Lewis Hamiltons Mercedes beim Malaysia GP wissen die Ingenieure noch immer nicht, wie es dazu kommen konnte. Mercedes machte einen Lagerschaden für die komplette Zerstörung des Verbrennungsmotors verantwortlich, weiß allerdings nach wie vor nicht genau, was den Lagerschaden verursachte.

Der eingesetzte Motor hatte erst 618 Kilometer auf dem Tacho, Malaysia war sein erster Renneinsatz. "Das war ein sehr früher Schaden für dieses Lager und überhaupt nicht typisch für dieses Modell", weiß Mercedes' Technikchef Paddy Lowe. "Die Parameter wichen nicht von ihren normalen Werten ab. Er hat nicht besonders hart gepusht, er war in einem normalen Rennmodus - deshalb kam es total unerwartet."

Unmittelbar nach dem Rennen ging die defekte Antriebseinheit zurück in das Motorenwerk nach Brixworth. Doch eine vollständige Aufklärung ist eher unwahrscheinlich, wie Lowe glaubt. "Wir verstehen es nicht genau. Es ist in diesen Fällen sehr schwierig, weil man nur eine Schachtel mit Einzelteilen nach so einem Motorschaden zurückbekommt. Es ist schwer, das dann wissenschaftlich zu analysieren und die ursprüngliche Ursache auszumachen."

Mercedes hat deshalb für das Rennen in Japan einige Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Die Kundenteams müssen den geplanten Einsatz von neuen Triebwerken verschieben. Außerdem kommt ein konservativeres Motorenöl zum Einsatz. Zusätzlich hat Mercedes einige Betriebsparameter verändert, wahrscheinlich stehen die Motorenmodi nicht im gleichen Umfang wie bislang zur Verfügung. "Die Maßnahmen haben wir bei allen acht Power Units getroffen, um die Belastung auf das Lager zu reduzieren", erklärt Lowe.

Nachdem Hamilton in Malaysia in Führung liegend ausgeschieden war, äußerte sich der Weltmeister emotional: "Ich kann es nicht glauben, dass es acht Autos mit Mercedes-Motoren gibt und nur meine Motoren hochgehen. Das fühlt sich nicht richtig an, das ist auf jeden Fall komisch. Irgendjemand will nicht, dass ich in diesem Jahr gewinne."

Wutrede gegen Sabotage-Vorwürfe

Einige sahen in den Aussagen von Hamilton Sabotage-Vorwürfe. "Der Fahrer hat mit seinen Aussagen nicht auf eine Sabotage hingewiesen", stellt Lowe klar. "Lewis hat ganz klar gesagt - zumindest gegenüber uns -, dass das komplett außer Frage steht. Jeder, der auch nur einen Funken Intelligenz besitzt und die Situation analysiert, muss das einsehen. Mit Absicht etwas zu entwickeln, dass einen Kurbelwellenlagerschaden zu genau diesem Zeitpunkt im Rennen verursacht... Wenn wir so gut wären, würden wir alles gewinnen und alles zu jedem Zeitpunkt kontrollieren."

Die Vorwürfe einiger Fans und auch mancher Medien bringen den Technikchef auf die Palme: "Wenn wir gut genug wären, so zu sabotieren, dann hätten wir überhaupt keine Defekte mehr. Die Technik arbeitet ziemlich am Limit der Performance und da gehen Dinge schief. Die Komplexität ist unglaublich und da etwas zu entwickeln, das absichtlich am Auto kaputt geht... Das ist das gleiche, wenn Leute sagen, wir würden einen Fahrer bevorzugen und ihm besseres Material geben."

Lowe weiter: "Wenn wir etwas entwickelt hätten, das unser Auto schneller macht, dann würden wir es natürlich in beiden Autos haben wollen, weil wir Rennen gewinnen wollen. Wir halten nie etwas zurück oder würden überhaupt darüber nachdenken, auch wenn wir es technisch umsetzen könnten, was wir aber nicht können. Jeder, der auch nur ein Fünkchen Intelligenz besitzt, versteht das."

Auch Lowe selbst bedauert die Pannenserie bei Lewis Hamilton, der schon zu Beginn der Saison zwei defekte MGU-Hs zu beklagen hatte. "Wir sind alle rational denkende Menschen, wir wissen, dass man statistisch gesehen, dreimal hintereinander einen Sechser-Pasch würfeln kann. Wir wissen das, aber wenn es dann passiert, fragst du dich aus der Emotion heraus trotzdem, wie das passieren konnte. So geht es uns ein bisschen bei Lewis. Wir haben da draußen acht Power Units und - mit der Ausnahme von einem Defekt - gab es nur an Lewis' Power Unit Probleme. Das ist etwas, das niemand von uns so richtig verstehen kann. "