Von der einen Angsstrecke auf die andere: Nach Singapur steht mit Malaysia das zweite Rennen hintereinander auf dem Programm, das Mercedes im vergangenen Jahr nicht gewinnen konnte. In Singapur hat Mercedes zwar in Relation anderthalb Sekunden im Vergleich zu 2015 gefunden, am Ende war der Sieg von Nico Rosberg aber alles andere als safe. Die Konkurrenz war dran. In Malaysia hatte Mercedes 2015 keine großen Schwierigkeiten, es war das Safety-Car und ein taktischer Fehlgriff, die den Sieg kosteten.

Trotzdem: In der Affenhitze am Äquator funktionierte der Ferrari richtig gut, Mercedes konnte im Rennen den Vorteil der stärkeren Pace nicht wirklich ausspielen. Beim Blick auf die Trainingszeiten zum Malaysia GP 2016 zeigt sich ein gewohntes Bild: Lewis Hamilton vor Nico Rosberg, dann klafft die Lücke auf die Verfolger. Sebastian Vettel fehlen schon sechs Zehntelsekunden auf Rang drei, Max Verstappen als besserem der beiden Red-Bull-Piloten bereits mehr als eine Sekunde.

Soweit, so wenig spannend. Spannend wird es am Freitag erst am Nachmittag, wenn die schnellen Zeiten schon gefahren sind. Dann stehen nämlich die Longruns an. Und die hatten es richtig in sich. Der Red-Bull-Kommandostand funkte Max Verstappen zwischenzeitlich ins Auto, dass er aktuell der schnellste Pilot sei. Eine unbedeutende Motivations-Nachricht, oder steckt mehr dahinter?

Red Bull auf Soft und Medium deutlich vorne

Bis auf Kimi Räikkönen legten alle Top-Piloten aussagekräftige Longruns auf den Soft-Reifen zurück. Schnellster: Max Verstappen. Mit einem Schnitt von 1:40,5 Minuten war er sogar drei Zehntelsekunden schneller als Nico Rosberg. Verstappen fuhr in seinem Stint zehn Runden, Rosberg elf. Rosbergs Reifen waren dabei drei Runden älter.

Ebenfalls interessant: Auch Sebastian Vettels Longrun war stark. Er schaffte es fast exakt auf den gleichen Schnitt wie Nico Rosberg und Lewis Hamilton - allerdings waren seine Reifen noch einmal ein paar Runden älter.

Auch auf den Medium-Reifen gibt Verstappen den Ton an. Mit 1:39,8 Minuten war er auf den weiß markierten Pneus sogar sechs Zehntelsekunden im Schnitt schneller als der nächste Verfolger - der wieder Rosberg heißt. Allerdings fuhr der drei Runden länger auf seinem Stint. Vettel und Daniel Ricciardo mussten mit 1:40,5 schon deutlich abreißen lassen.

Red Bull verzichtet auf Hard-Longrun

Auf dem härtesten Compound ging Red Bull am Nachmittag gar nicht raus. Dabei muss diese Mischung am Sonntag verpflichtend eingesetzt werden. Ferrari und Mercedes teilten sich die Arbeit. Bei Mercedes durfte Hamilton ran, bei Ferrari Räikkönen. Beide kamen etwa auf den gleichen Schnitt von 1:40,2 Minuten.

Fahrer Stint-Länge Reifen-Alter Schnitt
Soft
Verstappen 10 15 1:40.498
Rosberg 11 18 1:40.764
Hamilton 11 17 1:40.834
Vettel 11 20 1:40.894
Ricciardo 8 15 1:41.223
Medium
Verstappen 7 14 1:39.773
Rosberg 10 17 1:40.449
Ricciardo 7 14 1:40.749
Vettel 10 17 1:40.754
Hard
Hamilton 9 18 1:40.217
Räikkönen 12 15 1:40.235

Warum Daniel Ricciardo sowohl auf eine Runde, als auch beim Longrun so weit hinter seinem Teamkollegen zurückliegt, ist unklar. Es könnte ein Indiz für die Benzinladung sein. Der Australier fühlte sich aber noch nicht hundertprozentig wohl. Verstappen an seinem Geburtstag hingegen sehr: "Die Pace auf den Soft-Reifen war ordentlich, ich habe das Gefühl, dass dieser Reifen auch Potential für eine längere Distanz hat. Mit dem Soft-Reifen konnte ich das Auto genau so in die Kurven werfen, wie ich es wollte."

Neuer Asphalt hilft Red Bull

So hört sich ein zufriedener Fahrer an. Red Bull scheint der neue, extrem griffige Asphalt entgegenzukommen. "Wir hatten zuvor in Malaysia immer Probleme mit der Traktion, aber die Änderungen hier scheinen uns geholfen zu haben", glaubt Verstappen.

Der neue Asphalt scheint tatsächlich nicht nur bis zu fünf Sekunden schneller zu sein, sondern auch deutlich angenehmer für die Reifen. Alle Mischungen scheinen auf den Longruns gut zu funktionieren, die Unterschiede sind erstaunlich gering. Allerdings wurden mit 61 Grad Celsius auch extreme Asphalttemperaturen gemessen, die für den Rest des Wochenendes nicht erwartet werden.

Vorjahres-Sieger Ferrari sollte man allerdings auch nicht unterschätzen. Auf Soft und Hard waren Vettel und Räikkönen auf Mercedes-Niveau. Nur auf Medium musste Vettel federn lassen. Ob der im Rennen zum Einsatz kommt, ist allerdings fraglich. Vettel ist jedoch überzeugt, dass noch mehr kommen kann: "Wir haben ein paar neue Sachen dabei, da müssen wir noch sehen. Ich glaube, wir können morgen noch etwas nachlegen." Doch das kann Mercedes für gewöhnlich auch.