Fernando Alonso wird nicht müde, seine Ambitionen auf einen dritten Weltmeistertitel zu betonen. Auch wenn der 35-Jährige davon mit McLaren im Moment noch weit entfernt ist, geht es für ihn nach der Katastrophensaison 2015 wieder aufwärts. Alonso gibt trotz des unterlegenen Materials alles und hat bisher so gut wie jede Möglichkeit genutzt, seinen Boliden in die Punkteränge zu steuern. Damit rangiert er sechs Rennen vor Saisonende auf Platz elf und befindet sich in Schlagdistanz zu Felipe Massa und Nico Hülkenberg, die in bisweilen deutlich konkurrenzfähigeren Autos unterwegs waren.

Dass die momentane Position in der WM nicht ausschließlich dem Dienstfahrzeug, sondern auch den Fähigkeiten, dem Ehrgeiz und dem Durchhaltevermögen des zweimaligen Weltmeisters geschuldet ist, hob sein Teamkollege Jenson Button nach dem Rennen in Singapur zuletzt lobend hervor: "Fernando hat einen guten Job gemacht. Er ist schnell genug, um Siebter zu werden. Ich hätte nicht gedacht, dass das Auto schnell genug dafür ist."

Wie entschlossen Alonso um jede einzelne Position kämpft, zeigte sich vor allem in den Schlussrunden von Singapur. Als Verstappen am McLaren-Piloten vorbeiging, verbiss dieser sich in den folgenden zwei Kurven regelrecht im Niederländer - in völliger Verachtung der Tatsache, dass er weder gegen den Red Bull noch gegen die frischeren Reifen des Konkurrenten eine Chance haben würde. Mit dieser Mentalität hat sich Alonso in der Saison 2016 bisher 36 WM-Punkte erkämpft - und hat damit schon jetzt 25 mehr als im gesamten Vorjahr.

Horror-Crash und Anlaufschwierigkeiten

Drei siebte Plätze stehen für den Spanier alleine aus den letzten fünf Rennen zu Buche. Dabei sah es zu Saisonbeginn eine ganze Weile so aus, als ob McLaren und er auch 2016 wieder mit dem falschen Fuß aufgestanden waren. Beim Saisonauftakt in Melbourne musste Alonso den wohl heftigsten Unfall seine Karriere wegstecken und daraufhin das zweite Rennen in Bahrain auf Anweisung der Ärzte auslassen. Während Ersatzpilot Stoffel Vandoorne dort den ersten Punkt für das Team einfahren konnte, gelang Alonso erst beim vierten Saisonrennen in Sochi ein zählbares Resultat.

Zwei Rennen später fuhr er im Regen von Monaco auf Position fünf über den Zielstrich und egalisierte das bisher beste Resultat seiner McLaren-Honda-Ära. So weit vorne überkam Alonso im Cockpit, ähnlich wie zuletzt in Singapur, für einen Moment der Durst nach Erfolg: "Ich lag auf Platz fünf, es waren noch 50 Runden zu fahren und die Bedingungen waren sehr schwierig. Da dachte ich mir, wenn ich einfach im Rennen bleibe und vor mir zwei Autos ausfallen, könnte es mit dem Podium klappen."

Alonso träumte in Monaco kurzzeitig von einem Platz auf dem Treppchen, Foto: Sutton
Alonso träumte in Monaco kurzzeitig von einem Platz auf dem Treppchen, Foto: Sutton

Alonso und McLaren: Der Geist ist willig, die Technik ist schwach

Momente wie diese waren allerdings noch zu rar, um den heißersehnten Podestplatz oder das gesteckte Ziel von Platz vier in der Konstrukteurs-WM in die Tat umzusetzen. Zu inkonstant ist die Performance des MP4-31 und zu oft streikt die Technik. In weit mehr als einer Trainingssession durfte Alonso dieses Jahr schon zuschauen. Das Technik-Debakel von 2015 wiederholte sich und mündete in einer Strafversetzung von 60 Startplätzen beim Großen Preis von Belgien. Alonso zeigte daraufhin eines seiner stärksten Rennen in dieser Saison und fuhr vom vorletzten Startplatz aus vor bis auf Position sieben: "Ich bin natürlich glücklich. Aber die Freude ist noch nicht die Größte, denn wenn du um Platz sieben kämpfst, ist das nicht das Ziel, das du eigentlich hast", relativierte er nach dem Rennen den Achtungserfolg.

Die Technik war allerdings nur ein Stolperstein für Alonso. Auch in Sachen Strategie lag McLaren seiner Meinung nach nicht immer goldrichtig. Gerade bei chaotischen Wetterbedingungen hatte sich der 32-fache Grand-Prix-Sieger manchmal den großen Coup von seinen Strategen erhofft, wie er nach dem Rennen in Silverstone ohne Umschweife zu Protokoll gab: "Ich denke nicht, dass wir auf das Rennen heute besonders stolz sein können. Wir könnten etwas kreativer sein. Einfach irgendetwas versuchen, um ein paar Positionen gutzumachen. Wir kämpfen nicht um den Titel."

In Spa behauptete sich Alonso gegen die Konkurrenz von Williams, Foto: Sutton
In Spa behauptete sich Alonso gegen die Konkurrenz von Williams, Foto: Sutton

Alonsos Ehrgeiz der ausschlaggebende Faktor

Sechs Rennen haben Alonso und sein Team noch Zeit, um den Sprung in die Top-10 zu schaffen. Auf den vor ihm liegenden Massa fehlen fünf, auf dem davor liegenden Hülkenberg zehn Punkte. Die Erfolge von McLaren hielten sich auf den noch ausstehenden Kursen vergangene Saison jedoch in Grenzen: Lediglich in Austin konnte Button für das Team Punkte erzielen. Alonso hatte aber schon vor der Sommerpause klargestellt, dass sich McLaren nicht mit Hypothesen aufhält: "Wir haben keine derartige Zielsetzung und wir raten auch nicht, auf welcher Position wir am Ende landen könnten. Wir konzentrieren uns darauf, Weltmeister zu werden."

Auch wenn sich Alonso in Pressekonferenzen oder im Boxenfunk hin und wieder flapsig bis sarkastisch gibt, oder mit einer Liegestuhlaktion, wie 2015 in Brasilien, für Belustigung sorgt: Unter dem Strich ist es wohl sein vor Ehrgeiz strotzender Charakter und seine Samurai-Mentalität, dem er und sein Team viele ihrer Resultate und die aktuelle Position in der Weltmeisterschaft zu verdanken haben. Und es ist wohl auch der Grund dafür, dass er von einigen im Fahrerlager auch zehn Jahre nach seinem letzten WM-Titel immer noch als der vielleicht Beste seiner Zunft angesehen wird.