Wow, was für ein Rennen! Wer sagt nach diesem Kracher in Spa noch, dass die Formel 1 sportlich in der Krise steckt? Der Große Preis von Belgien hatte von allem etwas zu bieten: Ein Durcheinander am Start, einen heftigen Unfall, der zum Glück glimpflich verlief, eine spektakuläre Aufholjagd von Lewis Hamilton vom Ende des Feldes bis aufs Podium, einen heiß diskutierten Bad Boy in Max Verstappen, einen tapferen Helden in Fernando Alonso und einen überlegenen Sieger Nico Rosberg, der die WM wieder offener gestaltete.

Und obendrauf gab es spektakuläre Bilder! Eau Rouge, Blanchimont, durch Leitplanken hindurch, über Bäume hinweg - schöner geht es kaum. Die Ardennen-Achterbahn ist der perfekte Ort, um die Formel 1 in bestem Licht darzustellen. F1-Herz, was wünscht du dir mehr?

Das fragte sich auch Daniel Abt. Losgetreten wurde die Diskussion am vergangenen Wochenende, als der Formel-E-Pilot seinem Unmut über so manche Berichterstattung in den Medien in einem Facebook-Post Luft verschaffte. "Anstatt immer nur das Negative zu sehen, solltet ihr lieber anfangen, euch mit dem Positiven zu beschäftigen", klagte Abt an.

Davon gab es in Belgien jede Menge. Duelle wie zwischen Max Verstappen und Kimi Räikkönen werden noch tagelang die Diskussionen beherrschen. Darum sollte es im Rennsport gehen - und davon gab es in dieser Saison mehr als nur ein Beispiel.

Der Beweis: Die Tribünen und Camping-Plätze in Spa waren seit der Schumi-Mania nicht mehr so prall gefüllt wie am vergangenen Wochenende. Kilometerlange Staus brachten den einen oder anderen Spätaufsteher am Samstag- und Sonntagmorgen in Schwierigkeiten, um rechtzeitig an die Strecke zu kommen. Die Stimmung war prächtig, wie unser Christian bei seinem Besuch bei den Max-Fans feststellte (s. Video). So schlecht kann das Interesse an der Formel 1 also nicht sein.

Natürlich gibt es Verbesserungsmöglichkeiten - wo gibt es die nicht? Es hängt aber auch vieles davon ab, wie die Probleme dargestellt und erklärt werden. Es ist ein Leichtes, auf die aufaddierten Strafversetzungen von Lewis Hamilton oder Fernando Alonso einzuschlagen und die F1 als blöd hinzustellen.

Schwieriger ist es, eine bessere Lösung zu finden - und richtig Arbeit würde es machen, es der breite Masse an Zuschauern so zu erklären, dass sie es auch verstehen. Klar, wenn die FIA am Sonntag im ersten Moment selbst die falsche Strafe für Hamiltons gebrochenes Getriebesiegel ausspricht, dann darf ein kleiner ironischer Seitenhieb erlaubt sein. Aber die Welt geht dadurch nicht unter.

Ja, das Formel-1-Reglement ist kompliziert. Die Formel 1 ist aber auch ein technischer Sport. Gibt es zu wenige Regeln, wird darüber gelästert, dass die Teams Grauzonen ausnutzen und die Regeln doch viel besser ausformuliert sein müssten. Umfassen die Paragraphen alle Eventualitäten, heißt es, dass alles viel zu komplex sei und keiner mehr durchblicke. Manche Kämpfe kann man wohl einfach nicht gewinnen...

Vor der neuen Bundesliga-Saison 2016/17 gab es 95 Änderungen im Regelbuch. Die meisten davon betrafen eine sprachliche Modernisierung oder Beseitigung von Ungereimtheiten. Einen massiven Aufschrei und eine Verteufelung des gesamten Sports gab es deshalb meines Wissens aber nicht.

Freuen wir uns doch lieber auf den zweiten Klassiker innerhalb von sieben Tagen: Von Spa-Francorchamps geht es in den königlichen Park zu Monza. Leidenschaftliche Tifosi gemischt mit einer ordentlichen Prise Oranje, die nächste Runde im WM-Duell zwischen Hamilton und Rosberg sowie vielleicht eine Fortsetzung des Zweikampfs der neuen besten Freunde Verstappen und Räikkönen. Wer hat da allen Ernstes noch etwas zu meckern?