Force India hatte zu Saisonbeginn keinen leichten Stand. Erst mit der B-Version des VJM09, die ab Barcelona zum Einsatz kam, zeichnete sich ein Aufwärtstrend bei der britischen Mannschaft ab. Während Sergio Perez seitdem zwei Podestplätze einfuhr und dabei seine Karrierestatistik auf insgesamt sieben Podiumsbesuche ausbaute, hatte Nico Hülkenberg wieder und wieder das Nachsehen. Der direkte Vergleich zeigt jedoch, dass die Ergebnisse nur die Hälfte der Geschichte erzählen.

"Beide Fahrer haben in den vergangenen Jahren gute Leistungen gezeigt. Wir haben also keine Probleme, sondern eine großartige Fahrerpaarung. Sie ergänzen sich mit ihren unterschiedlichen Fahrstilen sehr gut und das hilft den Ingenieuren, das Maximum aus dem Auto zu holen", brach der stellvertretende Force-India-Teamchef Bob Fernley eine Lanze für Perez und Hülkenberg - und das aus gutem Grund.

Hülkenberg vs. Perez bei Force India

RennenAusfälleØ StartplatzØ RennergebnisQualifying-DuellRenn-DuellPunkte
Hülkenberg 45 910,38,8 2620176
Perez 45 510,58,8 2023174

Perez nicht schneller als Hülkenberg

Tatsächlich lässt die Statistik Hülkenberg zu Unrecht blass gegen seinen Teamkollegen wirken. Wer die letzten vier Rennwochenenden genauer anschaut, wird feststellen, dass es zwischen Hülkenberg und Perez im Duell um die bessere Startposition am Samstag 2:2 ausging. Perez hatte seinen Teamkollegen also keineswegs im Griff.

In den Rennen hingegen räumte Perez mit 37 zu Hülkenbergs 14 Punkten regelrecht ab. Force India sind die Gründe für diese große Diskrepanz jedoch nicht verborgen geblieben. "Sergio hatte etwas Glück, während Nico einfach Pech gehabt hat. Sergio war also einfach nur in der Lage, seine Performance auch umzusetzen", so Fernley.

Von Startplatz fünf aus Wäre für Hülkenberg in Monaco mehr drin gewesen, Foto: Sutton
Von Startplatz fünf aus Wäre für Hülkenberg in Monaco mehr drin gewesen, Foto: Sutton

Hülkenberg zur falschen Zeit am falschen Ort

Vor dem Upgrade ihres Autos hatten Hülkenberg und Perez erst sechs respektive zwei Punkte auf dem Konto. In Barcelona musste Hülkenberg seinen Force India mit einem technischen Defekt abstellen und das Auto sogar noch selbst löschen. Zwei Wochen später in Monaco legte der 28-jährige allerdings eine super Qualifikation hin und sicherte sich einen hervorragenden fünften Startplatz.

Beim Rennen im Fürstentum wäre angesichts der widrigen Bedingungen mit dieser Ausgangslage einiges drin gewesen. Das Team taktierte jedoch falsch und Hülkenberg, der zunächst mit Rang vier in aussichtsreicher Position lag, verlor nach seinem Boxenstopp zu viel Zeit hinter Felipe Massa. Während der Deutsche auf den letzten Metern mit einem kaltschnäuzigen Überholmanöver gegen Nico Rosberg noch den sechsten Platz sicherstellen konnte, war Perez von Startplatz acht auf Rang drei gefahren und ließ sich für eine weitere Podiumsplatzierung feiern.

In Kanada fehlte dem Force India die Pace für eine Überraschung und so fuhren beide Piloten ein unauffälliges Rennen - Hülkenberg konnte Perez dabei allerdings sowohl in der Qualifikation als auch im Rennen schlagen.

Hülkenberg nahm sich in Baku selbst jede Chance aufs Podium, Foto: Force India
Hülkenberg nahm sich in Baku selbst jede Chance aufs Podium, Foto: Force India

Vergebene Chance in Baku

Beim letzten Rennen in Baku war Force India von Anfang an voll bei der Musik. Zusammen mit Williams galt die Truppe als erster Verfolger von Mercedes und das Team sah eine realistische Chance, aus eigener Kraft aufs Podium zu fahren. Doch dann der erste Rückschlag: Perez verunfallte im 3. Freien Training. In Folge des Unfalls musste das Getriebe gewechselt werden und der Mexikaner erhielt für die Startaufstellung eine Strafversetzung um fünf Positionen.

Nun lag es an Hülkenberg, für sein Team die Kastanien aus dem Feuer zu holen. In Q2 jedoch warf er seine schnellste Runde weg, die ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit ins letzte Segment des Qualifyings gebracht hätte. Resultat: Startplatz zwölf.

Mit dieser Ausgangslage war die Aufgabe für Hülkenberg am Sonntag schwer genug und der Deutsche bekam recht schnell die Konsequenzen seines Startplatzes im Mittelfeld spüren: Esteban Gutierrez verschätzte sich beim Anbremsen auf Kurve 1 und topedierte Hülkenberg, der dadurch Positionen einbüßte. Somit reichte es für den GP2-Champion von 2009 am Ende nur noch für den neunten Platz. "Ich habe das Gefühl, heute den Preis für meinen Fehler im Qualifying bezahlt zu haben", so Hülkenberg.

2012 in Interlagos hatte Hülkenberg einen Podiumsplatz so gut wie in der Tasche, Foto: Sutton
2012 in Interlagos hatte Hülkenberg einen Podiumsplatz so gut wie in der Tasche, Foto: Sutton

Macht sich Hülkenberg zu viel Druck?

Einige Male schon war Hülkenberg reif für sein erstes Formel-1-Podium, doch immer stand ihm etwas im Weg. Wenn es nicht eine misslungene Taktik oder andere äußere Einflüsse waren, sorgte Hülkenberg selbst dafür, dass aus dem Podium nichts wurde. Unvergessen sein über weite Strecken grandioses Rennen in Brasilien 2012. Das Podium wäre Hülkenberg an diesem Tag so gut wie sicher gewesen, doch der Deutsche wollte zu viel: Er verschätzte sich beim Angriff auf Hamilton im Kampf um die Führung und kollidierte mit dem Briten. Resultat: Hamilton out, Hülkenberg Platz fünf.

Für 2017 hat Hülkenberg seinen Vertrag bei Force India bereits in der Tasche und im Moment sieht es ganz danach aus, als ob es für ihn in eine fünfte Saison in Diensten Vijay Mallyas gehen wird. Perez hingegen wurde in den vergangenen Wochen verstärkt mit der Nachfolge Kimi Räikkönens bei Ferrari in Verbindung gebracht - ein Cockpit, für das Hülkenberg bereits vor einigen Jahren gerüchteweise in Frage kam.