Es war der Aufreger am Freitagnachmittag in Baku: Wegen eines losen Kerbs musste die Rennleitung das Qualifying der GP2 abbrechen. Erst so wurde ein ziemliches Problem des Baku City Circuit für die Öffentlichkeit wahrnehmbar, tatsächlich lief im Hintergrund zu diesem Zeitpunkt längst ein gewaltiger Analyseprozess.

Recht schnell wurde bekannt, dass Pirelli bereits im ersten Training der Formel 1, also vor dem Qualifying der GP2, Schnitte in den Reifen identifiziert hatte. Am Abend schilderte der Reifenhersteller die Hintergründe. In einer Medienrunde nannte Motorsport Racing Manager Mario Isola spannende Details.

So seien die Kerbs erstmalig nicht nach dem Abbruch der GP2-Quali untersucht worden. Die Rennleitung wurde bereits zuvor aktiv. "Sie haben die Kerbs nach unserer Information, dass die meisten Reifen, die am Ende von FP1 verwendet wurden, links hinten Cuts hatten, untersucht", berichtet Isola auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Sämtliche Schnitte hätten sich an genau derselben Stelle befunden - und das bei 90 Prozent aller Reifen. "Sie waren tief - bis zu fünf Zentimeter - und berührten schon die Konstruktion. Das war ein guter Indikator, dass etwas untersucht werden muss", sagt Isola. "Wir haben direkt Charlie Whiting informiert, er hat umgehend reagiert und hat vor der GP2-Qualifying alle Kerbs auf der linken Seite gecheckt", sagt Isola. "Er fand ein paar Kurven, wo Schrauben herauskamen." Doch warum startete das GP2-Qualifying dann überhaupt? "Das haben sie behoben", erklärt Isola.

Kerbs sorgten bei der Baku-Premiere der Formel 1 für Probleme, Foto: Sutton
Kerbs sorgten bei der Baku-Premiere der Formel 1 für Probleme, Foto: Sutton

Neue Cut-Analyse nach FP2: Pirelli nennt Ergebnis

Dennoch löste sich in der GP2 ein Kerb. Allerdings in Kurve drei. Die zuvor identifizierten, hervorstehenden Schrauben hätten sich jedoch in Kurve sechs und 12 befunden, erklärt Isola, wieso sich trotz der Ausbesserungen ein Zwischenfall ereignete.

Infolgedessen wurden vor dem zweiten Training der Formel 1 sämtliche Kerbs an kritischen Stellen komplett anders fixiert. "Ehe wir das Risiko eingehen, dass sich die Kerbs noch einmal lockern, verschweißen wir sie lieber", sagte Streckenarchitekt Hermann Tilke zu Motorsport-Magazin.com. Gesagt, getan.

Offensichtlich eine gelungene Aktion. "Wir haben die Reifen nach FP2 gecheckt und nichts gefunden. Alles ist jetzt okay", bestätigt Isola. Wie es ursprünglich überhaupt zu dem Problem gekommen war? Strecken-Guru Tilke verdächtigte zunächst die Busse, die zwischen den Sessions die Marshalls um die Strecke kutschiert hatten.

Isola hingegen sieht die Gründe eher bei den extremen Kräften der F1-Boliden. "In der ersten GP2-Session (vor dem ersten F1-Training, Anm. d. Redaktion) fanden wir nichts, es muss also etwas während des Fahrbetriebs auf der Strecke durch die Vibrationen locker geworden sein. Deshalb entstanden die Cuts", sagt der Pirelli Motorsport Racing Manager.