Ein wenig Formel-1-Glanz wehte auch am Wochenende durch das Hockenheimer Motodrom, wo die DTM ihren Saisonauftakt absolvierte. Dies lag zum einen am amtierenden Meister Pascal Wehrlein, der seinem ehemaligen Team einen Besuch abstattete, zum anderen jedoch auch am Thema Daniil Kvyat. Auch in der Tourenwagenserie war die Versetzung des Russen zurück ins Toro-Rosso-Team ein Thema.

Wie Kvyat ist auch Daniel Juncadella ein ehemaliger Red-Bull-Junior. 2008 wurde der Spanier ins Förderprogramm der Österreicher aufgenommen, inzwischen fährt der 25-Jährige im vierten Jahr in der DTM. Er erinnert sich noch gut daran, wie groß der Leistungsdruck damals war. "Red Bull hat immer Druck gemacht, denn wir mussten das erreichen, was auch Vettel früher erreichte. Wir mussten immer und alles gewinnen", so Juncadella im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Danach habe er jedoch gedacht, es sei ein wenig entspannter geworden. Als Beispiel führt er einen aktuellen Formel-1-Piloten an. "Die Fahrer hatten viele Möglichkeiten. Zum Beispiel [Carlos] Sainz. Der war nicht gut in der Formel 3, nicht gut in der GP3. Ich weiß nicht, warum, aber er war nicht gut genug. Aber dann hat er die [Renault] World Series gewonnen und plötzlich war er in der Formel 1", wunderte sich Juncadella, dass Sainz so viele Chancen erhielt.

Carlos Sainz Jr. sorgte in der GP3 2013 nur für wenig Aufsehen, Foto: GP3 Series
Carlos Sainz Jr. sorgte in der GP3 2013 nur für wenig Aufsehen, Foto: GP3 Series

Entsprechend wenig konnte er nun den Schritt seitens Red Bull verstehen, Kvyat so schnell abzuschieben. "Das war für mich eine Überraschung und sah ein bisschen so aus, wie es Dr. Marko früher mit uns gemacht hat", erinnert er sich. Für die weitere Karriere Kvyats zumindest bei Red Bull sieht Juncadella eher schwarz. "Zum Glück hat er noch die Chance, im Toro Rosso zu fahren. Aber das sieht natürlich nicht gut aus. Es ist schade für ihn, aber wenn er schneller als Sainz sein kann, dann ist es eine gute Sache für ihn und seine Zukunft. Aber ich glaube, seine Zeit im Red Bull ist vielleicht schon vorbei."

Audis DTM-Leiter Dieter Gass zeigte sich ebenfalls überrascht ob der Härte der Strafe. "Um zu so einer drastischen Maßnahme zu greifen, muss schon etwas Heftiges vorfallen", so Gass gegenüber Motorsport-Magazin.com. Er erinnert auch nochmal an die Situation zwei Wochen zuvor in China, als Kvyat mit Lob überschüttet wurde. "Bei der in Shanghai hat der Kvyat absolut das Richtige gemacht und Vettel hat sich zu Unrecht beschwert, meine persönliche Meinung", meint er. "Und in Sochi da war der gute Herr halt wirklich mal ein bisschen übermotiviert und hat in einer Runde zwei nicht vernachlässigbare Fehler gemacht. Ich würde sagen, ich hätte mir wenn dann von der Rennleitung eine härtere Strafe erwartet", sah Gass die Verantwortung eher bei den Stewards.

Noch dichter dran am Geschehen als Gass und Juncadella ist seit Saisonbeginn auch Pascal Wehrlein. Der Manor-Pilot äußerte in Hockenheim ebenso sein Unverständnis. "Ehrlich gesagt, ich kann es nicht wirklich nachvollziehen, wenn man im Rennen davor auf's Podium gefahren ist. Aber ich glaube, das war schon immer so eine Philosophie von Red Bull", äußert er leise Kritik.

In China fuhr Daniil Kvyat noch auf das Podium, Foto: Sutton
In China fuhr Daniil Kvyat noch auf das Podium, Foto: Sutton

Wehrlein: Ich hätte zu kämpfen

Jedoch habe dieser Wechsel zumindest aus sportlicher Sicht sogar Vorteile. "Auf der anderen Seite finde ich es ganz gut, da man nun alle vier Fahrer mal miteinander vergleichen kann. Ich finde es auf der einen Seite nicht gut, einen Fahrer nach vier Rennen und Podestplatz zuvor in ein anderes Team zu stecken, aber jetzt kann man sehen, wie stark alle vier Fahrer sind", erläutert Wehrlein gegenüber Motorsport-Magazin.com. In der Tat wird bereits mit Spannung erwartet, wie stark Max Verstappen sich gegen Daniel Ricciardo schlägt und wie sich Daniil Kvyat im Vergleich mit Carlos Sainz Jr. anstellt.

Mental sieht Wehrlein seinen russischen Mitstreiter in einer schwierigen Lage. "Wenn man nach vier Rennen quasi rausgeschmissen wird, ins B-Team gesteckt wird, ist das für einen Fahrer natürlich nicht gut. Er weiß, dass er jetzt Performance zeigen muss. Wer weiß, was sonst am Saisonende passiert...", richtet der Deutsche den Blick nach vorne. Er gibt zu, dass eine derartige Situation für ihn nicht leicht zu verkraften gewesen wäre. "Vielleicht nimmt es ihm den Druck von den Schultern, vielleicht ist er damit die ersten Rennen nicht so gut zurechtgekommen. Aber er hat ein Podium geschafft. Deswegen kann ich es nicht ganz verstehen. Ich hätte damit zu kämpfen", so Wehrlein.