Die Geschichte der Formel 1 lebt von den zahlreichen Motorenbauern, die vor allem die Privatteams mit Aggregaten ausrüsteten und deren Teilnahme an der WM ermöglichten. Doch nicht immer fällt in diesem Zusammenhang der Name eines Herstellers, oftmals liest man stattdessen von Unternehmen, die nichts mit Motorsport zu tun haben. Oder es verbirgt sich eine ganz andere Geschichte dahinter. Das Stichwort ist Motoren-Branding. 2016 gibt es mit dem als TAG Heuer gebrandeten Renault-Motor erstmals seit 2002 wieder solch einen Fall. Motorsport-Magazin.com blickt auf die Historie kurioser Motorenbezeichnungen.

1960: Scuderia Eugenio Castellotti mit dem Cooper-Castellotti

Das erste Motoren-Branding gab es 1960, doch der Anlass war kein kommerzieller. Nachdem der italienische F1-Rennfahrer Eugenio Castellotti 1957 bei privaten Testfahrten in Modena ums Leben kam, gingen einige seiner besten Freunde 1960 mit einem eigenen Rennteam an den Start, das nach Castellotti benannt wurde. Man setzte ein Cooper-Chassis sowie einen Ferrari-Motor ein. Dieser wurde jedoch auch auf den Namen des Verstorbenen getauft. Es reichte 1960 auch immerhin zu drei WM-Punkten durch Giulio Cabianca. Doch das Schicksal zeigte sich gnadenlos. Bei Testfahrten 1961, ausgerechnet in Modena, verunglückte auch Cabianca tödlich.

1983 bis 1987: Erste TAG-Ära bei McLaren

Niki Lauda krönte sich 1984 zum Weltmeister, Foto: Sutton
Niki Lauda krönte sich 1984 zum Weltmeister, Foto: Sutton

Bei McLaren lief es in den 80er Jahren bereits vor der Ära mit Honda wie geschmiert. Die Formel 1 befand sich im Umbruch, die Saugmotoren wurden von den Turbos abgelöst. Somit sah sich auch McLaren gezwungen, die Zusammenarbeit mit Cosworth zu beenden. 1983 überzeugte Teamchef Ron Dennis das luxemburgische Unternehmen TAG um den späteren McLaren-Mitbesitzer Mansour Ojjeh, die Entwicklung eines Porsche-Turbomotors zu finanzieren. Im Gegenzug erhielt das Aggregat den Namen TAG. Im selben Jahr debütierte der neue Motor, in seinen wenigen Einsätzen erwies er sich jedoch als wenig zuverlässig.

1984 aber gelang McLaren-TAG der ganz große Wurf. Niki Lauda und Alain Prost gewannen 12 der 16 Rennen. Angesichts dieser Dominanz fiel es nicht ins Gewicht, dass die beiden am Saisonende insgesamt elf Ausfälle zu beklagen hatten. Lauda sicherte sich den Titel mit 0,5 Punkten vor Prost, dem Drittplatzierten Elio de Angelis fehlten bereits 38 Punkte auf Lauda. 1985 konnte sich McLaren-TAG erneut beide Titel sichern, jedoch fiel die Dominanz deutlich geringer aus. Alain Prost wurde Weltmeister, Niki Lauda aber erlebte ein Seuchenjahr mit 11 Ausfällen bei 15 Starts. Den letzten WM-Titel in der Kombination McLaren-TAG gewann Alain Prost 1986, zum Konstrukteurs-Titel jedoch reichte es schon nicht mehr. Ende 1987 endete die Zusammenarbeit von McLaren und TAG/Porsche, die Briten wechselten zu Honda-Motoren. TAG Heuer blieb jedoch bis 2015 einer der wichtigsten Sponsoren des Teams.

1987 und 1988: Aus BMW wird Megatron

Arrows konnte 1988 nochmals Akzente setzen, Foto: Sutton
Arrows konnte 1988 nochmals Akzente setzen, Foto: Sutton

Während der Turbo-Ära in der Formel 1 war BMW ein großer Faktor. 1983 belieferten die Münchner Brabham und verhalfen Nelson Piquet zum WM-Titel, bis 1986 gelangen insgesamt neun Siege. Doch BMW entschied sich, das Engagement in der Formel 1 mit Ende 1986 zu beenden. Das wiederum rief Arrows-Boss Jackie Oliver auf den Plan. Um zu verhindern, dass sein Team - Arrows war ebenfalls BMW-Kunde - ab 1987 ohne Motor dasteht, bat Oliver seinen Hauptsponsor USF&G darum, den BMW-Motor in Eigenregie weiterzuentwickeln. Die Übereinkunft wurde auch schnell erzielt, der Motor bekam den Namen "Megatron" - ein Tochterunternehmen von USF&G. 1987 fuhren sowohl Arrows, als auch Ligier mit den alten Aggregaten. Und es lief gar nicht so schlecht. 1988 war das letzte Jahr der Turbos in der Formel 1, und Arrows setzte mit Platz fünf in der Konstrukteurs-WM sowie einer Podiumsplatzierung durch Eddie Cheever nochmal ein Ausrufezeichen.

1988: Osella statt Alfa Romeo

Megatron war nicht das einzige Branding eines Formel-1-Motors in der Saison 1988. Das italienische Team Osella entschied sich ebenfalls dazu, seinen Antrieb umzutaufen. Als Bezeichnung wurde wenig spektakulär der eigene Teamname ausgewählt. Doch warum kam man überhaupt auf die Idee? Seit 1983 war Alfa Romeo Motorenlieferant Osellas, jedoch war das Team wenig erfolgreich. Nachdem Alfa 1986 Teil des Fiat-Konzerns wurde, hatte der Autobauer irgendwann genug davon und befürchtete einen weitreichenden Imageschaden. Daher wurde Osella untersagt, den Namen Alfa Romeo weiter zu nutzen, die Motoren jedoch erhielten sie weiterhin. Ein neunter Platz von Nicola Larini war jedoch das höchste der Gefühle. 1989 wechselte man schließlich für zwei Jahre zu Cosworth, ehe sich Osella endgültig aus der Formel 1 zurückzog.

1993 bis 1994: Sauber, Ilmor oder Mercedes?

Bei Sauber wechselten in den Anfangsjahren häufig die Motorenbezeichnungen, Foto: Sutton
Bei Sauber wechselten in den Anfangsjahren häufig die Motorenbezeichnungen, Foto: Sutton

Im Jahr 1993 stieg Sauber in die Formel 1 ein. Seit den großen Zeiten in der Sportwagen-Weltmeisterschaft bestand ein enges Verhältnis zu Mercedes, vorerst aber blieb es in der Formel 1 bei einer mehr oder weniger losen finanziellen Unterstützung. Offiziell wurde der erste Sauber-Bolide auch von einem Sauber-Motor angetrieben, in Wahrheit handelte es sich jedoch um einen V10 komplett aus dem Hause Ilmor. Die Debüt-Saison beendeten die Schweizer auf Rang sieben in der Konstrukteurs-WM.

1994 trat Mercedes stärker in den Vordergrund. Die Stuttgarter gaben dem Ilmor-Motor ihren Namen und entwickelten ihn weiter, das Team firmierte nun unter der Bezeichnung "Sauber-Mercedes". Größerer Erfolg sprang jedoch nicht dabei heraus. Die Saison beendete man gar nur auf WM-Platz acht. Entsprechend trennten sich die Wege von Sauber und Mercedes nach 1994 wieder. Sauber bekam ab 1995 Motoren von Ford-Cosworth, Mercedes wurde Lieferant von McLaren. Deren weitere Geschichte ist bekannt.

1997: Petronas steigt ein

Mit Petronas begann für Sauber eine erfolgreiche Episode, Foto: Sutton
Mit Petronas begann für Sauber eine erfolgreiche Episode, Foto: Sutton

Sauber blieb jedoch nicht lange bei Cosworth. Mit Beginn der Saison 1997 begann eine große Zusammenarbeit einerseits mit Ferrari als technischem Partner, andererseits mit Petronas. Der malaiische Energieriese und Sauber gründeten mit Sauber Petronas Engineering eine eigene Firma, die sich vorrangig mit der Entwicklung und Wartung der Formel-1-Motoren beschäftigte. Diese wurden von Ferrari geliefert, auch Personal aus Maranello war Teil der Schweizerisch-malaiischen Firma. Sauber bezog fast alle möglichen Bauteile von Ferrari, der Motor jedoch erhielt den Namen "Petronas". Lange Zeit war es das Ziel der Kooperation, einen eigenen Motor zu bauen. Doch das Vorhaben wurde immer wieder verworfen. Stattdessen blieb man bis 2005 Ferrari-Kunde.

Den größten Erfolg feierte Sauber-Petronas 2001 mit dem sensationellen vierten Platz in der Konstrukteurs-WM. Auch in den Folgejahren konnte sich Sauber als Mittelfeldteam etablieren und fuhr regelmäßig in die Punkte. Auch nach der Übernahme durch BMW ab 2006 bestand die Partnerschaft mit Petronas weiter, bis das Unternehmen aus Malaysia schließlich 2010 zu Mercedes wechselte.

1998 bis 1999: Mecachrome, Playlife und Supertec ersetzen Renault

Mit dem Mecachrome-Motor konnte Williams nicht mehr an vorherige Erfolge anknüpfen, Foto: Sutton
Mit dem Mecachrome-Motor konnte Williams nicht mehr an vorherige Erfolge anknüpfen, Foto: Sutton

Renault war in Verbindung mit Williams die dominante Kraft der Formel 1. 1996 führte kein Weg an der britisch-französischen Kombo vorbei, auch 1997 sicherte man sich den Titel. Doch im Zuge der Privatisierung Renaults zog sich der Autobauer aus der Formel 1 zurück. Für Williams und auch Benetton war das ein herber Schlag. Jedoch mussten sie sich nicht auf die Suche nach einem neuen Lieferanten begeben, die Motoren blieben dieselben. Für das Williams-Team hießen sie 1998 Mecachrome, benannt also nach jenem Unternehmen, das ohnehin für den Einsatz der Renault-Antriebe verantwortlich war. Mecachrome arbeitete seit Jahren eng mit Renault zusammen und kaufte ihnen nun die Motoren ab. Bei Benetton wurden die Motoren in "Playlife" umbenannt. Der Name entsprach einer Modelinie für Freizeitkleidung, entworfen vom Namensgeber des Teams. Williams beendete die Saison zwar auf Rang drei, hatte aber 118 Punkte Rückstand auf den Weltmeister McLaren vorzuweisen. Benetton wurde Fünfter.

In der Saison 2000 übernahm Flavio Briatores Firma "Super Performance Competition Engineering" die Entwicklung und Wartung der Motoren von Mecachrome. Mit Williams, Benetton und dem neuen Team BAR wurden drei Rennställe beliefert. Williams und BAR bekamen die Motoren unter dem Namen "Supertec", Benetton nannte sie erneut in Playlife um. Supertec blieb auch noch 2000 Teil der Formel 1. Nachdem Williams (BMW) und BAR (Honda) andere Partner gefunden hatten, blieben nun Benetton sowie für ein Jahr auch Arrows als Kunden übrig. Benetton fuhr in Person von Giancarlo Fisichella immerhin zwei Mal auf das Podium.

2000: Minardi startet mit Fondmetal

Im Jahr 2000 ging zum ersten Mal das Werksteam von Jaguar an den Start. Das bedeutete für die Cosworth-Kunden das Ende der Zusammenarbeit, denn die Motorenschmiede war inzwischen Teil von Ford und komplett in den Werkseinsatz involviert. Letzter Cosworth-Kunde war 1999 Minardi, die nun scheinbar keinen Motor mehr zur Verfügung hatten. Doch des Rätsels Lösung war auch hier eine Umbenennung des Motors. Minardi verwendete zwar weiterhin Cosworth-Antriebe, jedoch unter dem Namen des Felgenherstellers Fondmetal. Das Unternehmen gehörte dem Co-Eigentümer von Minardi, Gabriele Rumi. Doch es reichte wie so häufig nicht zu Punkten.

2001: European, Asiatec und Acer

Fernando Alonso fuhr seine ersten Meter in der Formel 1 mit einem European-Motor, Foto: Sutton
Fernando Alonso fuhr seine ersten Meter in der Formel 1 mit einem European-Motor, Foto: Sutton

In der Saison 2001 gab es gleich eine ganze Reihe von kuriosen Motorennamen. Erneut dabei war Minardi. Der Name Fondmetal verschwand nach nur einem Jahr wieder, da sich Rumi aufgrund einer Krebserkrankung zurückziehen musste. Das Team wurde komplett an Paul Stoddard verkauft, der die Motoren nach seiner Fluglinie "European" benannte. Bei Arrows fand man nach dem Ende von Supertec plötzlich den Namen "Asiatech". Dabei handelte es sich um ein Konglomerat asiatischer Investoren, die ein eigenes Formel-1-Team aufbauen wollten. Doch bereits mit den alten Peugeot-Motoren - nichts anderes lieferte Asiatech - waren sie überfordert. Reihenweise gab es Defekte. 2002 versuchte sich Minardi nochmals an den Motoren, erlebte aber ebenso ein Jahr zum Vergessen. Das dritte Motorenbranding lieferte der Computerhersteller Acer. Dabei handelte es sich um Ferrari-Motoren für das Prost-Team.

2016: Zweite TAG-Ära bei Red Bull

Nach monatelangen Unstimmigkeiten, Beschimpfungen und Demütigungen war das Tischtuch zwischen Red Bull und Renault 2015 zerschnitten. Die Österreicher wollten schnell eine neue Power Unit, die Franzosen überlegten, ob es Sinn macht, in der Formel 1 zu bleiben. Ende des Jahres gab Renault bekannt, 2016 wieder als Werksteam zu starten. Red Bull dagegen fand keinen Motor und musste wieder bei Renault anklopfen. Um die Demütigung in Grenzen zu halten, entschloss man sich bei Red Bull, den Namen der Power Unit für 2016 an den Uhrenhersteller Tag Heuer zu verkaufen. Somit ersparen sich die Beteiligten von Red Bull und Renault, in einem Atemzug genannt zu werden.