Mercedes dominierte die Formel-1-Saison 2015 noch mehr als das Jahr 2014. Doch rückte Ferrari den Silberpfeilen bei einigen Rennen bedrohlich nahe. Schnell war die Anschuldigung geboren, das gelinge der Scuderia nur, weil Mercedes sogar derart stark sei, dass die Weltmeister ganz einfach mit der Konkurrenz Katz und Maus spielen würden.

Fernab von jeder Realität, kontert Toto Wolff beim großen Mercedes Saisonabschluss, dem Stars & Cars 2015, in Stuttgart. "Wir spielen nicht. Wir versuchen, den spielerischen Charakter im Team zu halten, denn das ist ein wunderbarer Sport, aber nicht mehr und nicht weniger", sagt Wolff.

Ein ernsthafteres Argument hält der Motorsportchef jedoch auch parat. "Wir haben das Limit insofern ausgeschöpft, als dass wir dadurch lernen. Wenn wir den Vorsprung gehabt hätten, zurückdrehen zu können, hätte das nicht den Lerneffekt gehabt, den wir uns erwarten. Wenn du den Motor nicht voll fährst, wirst du nicht an deine Belastungsgrenzen gehen. Die beiden Jungs haben sich einen richtigen Kampf geliefert und wir wollten ihnen insofern auch das Material zur Verfügung stellen, damit sie das tun" sagt Wolff. Allerdings habe es wenige Ausnahmen gegeben: "Es gab kaum Situationen, in denen wir uns zurückgenommen haben, außer wir hatten Sorge, dass die eine oder andere Komponente nicht hält."

Zumindest bei der direkten Konkurrenz von Ferrari war ein solcher Eindruck ohnehin nie richtig entstanden. Sebastian Vettel etwa schätzte die Situation kürzlich nahezu identisch ein wie Wolff. "Ich glaube, dass man hier oder da mal unter seinen Möglichkeiten bleibt - bei Problemen in gewissen Situationen. Aber ich glaube nicht, dass da groß gepokert wird. Ich glaube auch, die 'Liebe' der zwei Fahrer zueinander spricht dafür, dass jeder versucht, die Nase vorne zu haben und beide bereit sind alles zu geben. Ich glaube nicht, dass das Team da sagt, etwas zurückzuhalten und nicht alles zu zeigen", sagte Vettel in Abu Dhabi.

Hat Mercedes immer mit offenen Karten gespielt? Ja, sagt Toto Wolff, Foto: Sutton
Hat Mercedes immer mit offenen Karten gespielt? Ja, sagt Toto Wolff, Foto: Sutton

Mercedes nimmt Ferrari 2016 mehr als ernst

Entsprechend zufrieden ist Vettel, mit Ferrari einen derart großen Schritt gemacht zu haben. "Wir haben einen fantastischen Job erledigt in diesem Jahr. Zu Beginn der Saison war die Lücke noch weit über einer Sekunde und mittlerweile fehlt nicht mehr so viel. Wir wissen aber; dass wir uns verbessern müssen - in jeder Hinsicht -, um nächstes Jahr eine bessere Chance zu haben", sagt Vettel.

Eine Kampfansage, die Toto Wolff ernst nimmt. "Wir sind natürlich ein bisschen skeptisch, was unseren eigenen Erfolg betrifft, und erwarten, dass die Konkurrenz aufholt. Bei Ferrari haben wir einen Riesensprung von 2014 auf 2015 gesehen und deswegen haben wir unsere Ziele einigermaßen straff gesetzt. Die Entwicklung des Fahrzeugs und Motors haben früh begonnen, auch schon für nächstes Jahr - das 2016er-Chassis im August, der Motor noch früher. Im Moment liegen wir im Plan, das bedeutet aber nicht, dass es so weitergeht wie es bisher war", sagt Wolff.

2016 kann es für Mercedes also richtig schwierig werden, die Titel zu verteidigen. "Es wird sicher zusammenrücken. Das liegt in der Natur der Sache, wenn jemand eine steilere Lernkurve gehabt hat, dass diese irgendwann auch wieder abflacht. Andere hatten vielleicht eine flachere Lernkurve, die dann anzieht. Insofern erwarten wir im nächsten Jahr, dass das eine oder andere Team sicher stark sein wird", sagt Wolff.

Entsprechend wird sich Mercedes im Winter alles andere als auf die faule Haut legen. Das fürchtet auch Sebastian Vettel: "Wir wissen wo wir hinwollen. Ich denke, dass sich Mercedes nächstes Jahr steigern wird. Also können wir nicht sagen, dass wir den jetzigen Rückstand aufholen müssen, sondern wir müssen eine Schippe drauf packen. Ob das dann genug ist, wird sich nächstes Jahr zeigen. Ich wage da keine Prognose zu treffen. Es ist sehr, sehr schwer."