Man kann es kaum glauben, aber Lewis Hamilton stand seit dem Italien GP in dieser Saison nicht mehr auf Pole Position. Schuld daran ist - wenn man dem Briten glaubt - eine einzige Niederlage in Singapur gegen Ferrari. Nach diesem Weckruf änderte Mercedes das Setup, um kein Singapur 2.0 zu erleben. Von diesem Zeitpunkt an wandelte sich das Kräfteverhältnis sehr zum Nachteil von Hamilton.

Für Hamilton ist klar: Das neue Setup ist an allem schuld. "Ich habe im Moment einfach keine komfortable Balance im Auto. Vor Singapur betrug der Abstand zwischen mir und Nico im Qualifying drei bis sechs Zehntel", rechnet der Brite selbst vor. "Ich habe mir alle Onboard-Aufnahmen angesehen. Bis auf Barcelona, wo es ein Problem mit den Reifenwärmern gab, war ich immer in der Position, auf Pole zu fahren. Das Setup wurde in Singapur modifiziert."

Motorsport-Magazin.com wollte es aber genauer von Hamilton wissen. Warum, wenn das neue Setup doch so schlecht ist, fährt er es? Gab es keine back-to-back-Tests, um eine genaue Rundenzeitdifferenz ausmachen zu können? "Das Team sagt, dass sie nicht glauben, das Auto langsamer gemacht zu haben. Aber es ist definitiv nicht schneller. Und sie können es nicht auf das zurückbauen, was es zuvor war - weil wir nicht zurückgehen wollen", lautete seine Erklärung.

Eine ungenügende Erklärung. Wenn der Fahrer sagt, dass das Auto mit einer Änderung nicht schneller ist und er sich zusätzlich unwohl fühlt, dann baut das Team das Auto auch zurück. Mercedes hat an der Aufhängung Änderungen vorgenommen, doch Lewis Hamilton hat unseren Informationen zufolge an diesem Wochenende tatsächlich damit experimentiert, wieder auf das alte Setup zurückzugehen. Das Ergebnis sind knapp vier Zehntelsekunden Rückstand.

Um es deutlicher auszudrücken: Es sind Ausreden. Ausreden für das Psychoduell gegen Rosberg. Um ja nicht sagen zu müssen, dass der Deutsche aktuell einfach schneller ist. Es gab eine normale Entwicklung am Auto, die den Mercedes noch einmal schneller gemacht hat - das bestätigt auch Motorsportchef Toto Wolff. Gut möglich, dass hierfür hauptsächlich neue Fahrwerkskomponenten verantwortlich sind. Aufnahmen zeigen, dass mechanische durch hydraulische Komponenten ersetzt wurden. Aber das Auto wurde de facto schneller.

Rosberg zieht im Psychoduell nach

Nico Rosberg spielt die Psychospielchen ebenfalls. Nach seiner Fabelrunde spielte er auf die Laufleistung seiner Power Unit an: "Ich habe ja diesen Motornachteil. Deshalb habe ich erwartet, dass es echt eng werden würde. Wenn ich es überhaupt schaffen sollte, ihn zu schlagen. Es ist ja immer sehr eng zwischen uns. So weit vorne zu sein, da war ich wirklich erstaunt. Ich wusste, dass ich die Zeit in den Kurven rausholen muss, wenn ich sie auf den Geraden verliere."

Was sich dramatisch anhört, ist tatsächlich eine Kleinigkeit. 0,05 Sekunden soll die höhere Laufleistung auf eine Runde ausmachen. Fünf Hundertstel sind immerhin fünf Hundertstel, aber vom großen Gamechanger ist das weit entfernt.

Wenn man die Mercedes-Piloten nach dem Qualifying so über ihre Probleme reden hörte, bekam man fast das Gefühl, am anderen Ende des Paddock zu sein. Am Ende stehen die beiden mit großem Vorsprung in der ersten Startreihe. Es ist bereits die erste Runde Psychoduell für die nächste Saison zwischen Hamilton und Rosberg.