1. - Warum soll ein neuer Motor kommen?

Bernie Ecclestone würde sagen: Um die Zukunft der Formel 1 zu sichern. Nahe liegender gilt der Billig-Motor als Druckmittel gegen die Hersteller. Zuletzt gab es immer mehr Kritik an der Macht der Motorenhersteller. Mercedes, Ferrari und Co. könnten willkürlich bestimmen, welches Kundenteam welchen Motor zu welchem Preis erhält. Eine günstige Alternative zu den Hybrid Power Units soll sicherstellen, dass kein Team wegen Kostengründen aussteigt beziehungsweise keine Chance auf einen konkurrenzfähigen Motor erhält.

2. - Was für ein Motor soll kommen?

Geplant ist die Einführung eines 2,2 Liter V6-Turbos ab 2017. Ein solches Aggregat wird aktuell in der US-amerikanischen IndyCar-Serie eingesetzt. Je nach Ladedruck leisten diese Motoren zwischen 550 und 700 PS. Ein für die Formel 1 angepasster Motor - möglicherweise mit Energierückgewinnungssystem (ERS) - soll rund sechs Millionen Euro kosten. Zum Vergleich: Eine aktuelle Power Unit liegt bei etwa 18 Millionen Euro jährlich.

Bekommt die Hybrid Power Unit bald Konkurrenz?, Foto: Sutton
Bekommt die Hybrid Power Unit bald Konkurrenz?, Foto: Sutton

3. - Wie sieht der nächste Schritt aus?

Anfang der kommenden Woche wird mit einer offiziellen Pressemitteilung der FIA gerechnet. In diesem Zuge soll es zu einer Ausschreibung kommen, um einen unabhängigen Motorenlieferanten für den Billig-Turbo zu finden. Laut Ecclestone gibt es bereits mehrere Interessenten. Cosworth wird gehandelt und hat auch Gespräche mit der F1 eingeräumt. Ilmor, das für Chevrolet die Motoren bei den IndyCars baut, wäre ein weiterer potenzieller Kandidat. Honda (HPD) liefert ebenfalls Motoren für die IndyCar-Serie. Ein vergleichbares Engagement in der F1 kommt aber wohl nicht infrage – wie sollten die Japaner es vermarkten, sowohl einen teuren Hybrid als auch einen Billig-Turbo innerhalb einer Rennserie anzubieten?

4. - Zwei Motoren in der F1: Wie soll das gehen?

Der Plan sieht vor, dass neben dem Billig-Motor weiter die Hybrid-Aggregate zum Einsatz kommen. Laut Ecclestone solle das aber nicht für eine Zwei-Klassen-Gesellschaft sorgen. Die FIA müssten einen Weg finden, beide Motoren auf ein vergleichbares Level zu bringen. Ein Knackpunkt: Autos mit dem 2,2 Liter V6 bräuchten wesentlich mehr Sprit als ein Hybrid. Damit wären sie grundsätzlich schwerer. Eine Rückkehr des Nachtankens im Rennen könnte helfen und wurde bereits von Ecclestone kolportiert. Die Leistung des Billig-Motors könnte über den Ladedruck reguliert werden, um gleichauf mit den Hybriden zu sein.

Mercedes ist alles andere als begeistert vom Billig-Motor, Foto: Sutton
Mercedes ist alles andere als begeistert vom Billig-Motor, Foto: Sutton

5. - Wie reagieren die Hersteller auf den Billig-Motor?

Es dürfte klar sein, dass Mercedes, Ferrari und Co. alles andere als begeistert wären, sollte der Billig-Motor wirklich kommen. Schließlich haben die Hersteller in den vergangenen Jahren hunderte Millionen in die Entwicklung investiert. Ecclestone lapidar zum Gegenwind der Motorenbauer: "Das Geld, das sie für die Entwicklung ausgegeben haben, war für ihre Straßenautos."

Formel-1-Experte Christian Danner war überzeugt, dass es zu einem regelrechten Krieg der Hersteller gegen den Plan von Ecclestone und der FIA kommen könne. "Ferrari und Mercedes werden austicken", sagte Danner bei Motorsport-Magazin.com. "Eigentlich müsste auch Honda austicken, weil sie viele Millionen investiert haben, um den Vorsprung der anderen Hersteller zu verringern. Jetzt soll einer daherkommen und für wenig Geld genauso schnell sein – das kann es eigentlich nicht sein."

6. - Wie stehen die Chancen für die Einführung des Billig-Motors?

Sie stehen grundsätzlich gut. Erstmals machen Bernie Ecclestone und FIA-Präsident Jean Todt gemeinsame Sache. Zusammen sind der Rechtehalter FOM und der Weltverband mächtiger als die Formel-1-Teams. "Sollten sich die FIA und der kommerzielle Rechtehalter einig werden, macht es keinen großen Unterschied, wofür andere Leute stimmen", machte Ecclestone klar. "Das nennt man Demokratie. Er (Todt;d.Red.) hat die Verantwortung für uns, eine erstklassige Weltmeisterschaft auszurichten. Er kann sehen, dass wir das aktuell nicht haben. Also unternimmt er, was auch immer nötig ist, um das sicherzustellen." Es wird jedoch vermutet, dass die Hersteller mit aller Macht (F1-Ausstieg als Drohung?) gegen den Billig-Motor ankämpfen.

Erinnern jetzt an Bernie/Mosley: Bernie und Todt, Foto: Sutton
Erinnern jetzt an Bernie/Mosley: Bernie und Todt, Foto: Sutton

7. - Was hat Red Bull mit dem Billig-Motor zu tun?

Red Bulls Motorenprobleme waren im Endeffekt der Auslöser. Nach der vermutlichen Trennung von Renault stehen Red Bull und Toro Rosso aktuell ohne Motoren für 2016 da. Vieles ist in dieser Thematik ungewiss und nebulös, als sicher gilt jedoch: Von Mercedes und Ferrari gibt es keine Motoren. Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz machte deutlich, dass der komplette Ausstieg beider Teams eine realistische Option sei, sollten sie keine konkurrenzfähigen Motoren erhalten. Das Aus des vierfachen Weltmeister-Teams wäre angesichts der krisenbehafteten Zeit ein enormer Rückschlag für die Formel 1 – und rief deshalb Ecclestone auf den Plan, der zu vermitteln versuchte.

8. – Wie geht es weiter mit Red Bull?

Grundsätzlich: Die Einführung des Billig-Motors bedeutet nicht unbedingt, dass Red Bull ab 2017 einen solchen auch einsetzen würde. Es muss nur schnellstens geklärt werden, wie die unmittelbare Zukunft des Teams aussieht. Am Rande des US Grand Prix kam heraus, dass Honda als Motorenlieferant auftreten könnte – möglicherweise als Übergangslösung für 2016. Da könnte es jedoch Probleme geben. Namentlich: Ron Dennis. Der McLaren-Boss wehrt sich gegen den Deal. Offenbar will er nicht riskieren, dass ein Kundenteam seinen Chrompfeilen um die Ohren fährt.

"Im Moment scheint es, als ob ihnen Honda gern einen Motor geben würde. Mr. Dennis denkt aber, dass sie das nicht sollten", sagte Ecclestone. Hier bahnt sich ein Konflikt mehrerer Parteien an. Laut Ecclestone habe Honda eine Vereinbarung sowohl mit ihm und der FIA, ab dem zweiten Jahr in der Formel 1 ein weiteres Team mit Motoren auszustatten. Im dritten Jahr solle ein drittes Team hinzukommen. "Aber irgendwie haben sie eine Vereinbarung mit Ron getroffen, dass er ein Veto-Recht hat", sagte Ecclestone weiter. "Und er will Red Bull nicht." Ausgang ungewiss.

9. - Zwei-Motoren-Formel: Gab es das schon mal in der F1?

Ja, mehrmals. Etwa nach der Einführung der ersten Weltmeisterschaft zum Jahr 1950. Hier kamen zunächst 4,5-Liter-Saugmotoren auf der einen und 1,5-Liter-Kompressormotoren auf der anderen Seite zum Einsatz. Farina und Fangio erzielten die ersten WM-Titel auf von Alfa gebauten Kompressor-Motoren. Renault führte ab 1977 die Turbo-Motoren ein.

Waren ihre Sauger-Pendants zunächst erfolgreicher, dominierten die leistungsstarken Turbos die Formel 1 ab Mitte der 80er-Jahre. Ab der Saison 1989 waren schließlich nur noch Saugmotoren mit bis zu 3,5 Litern Hubraum erlaubt. Im Jahr 2006 wurde der 2,4 Liter V8 verpflichtend – lediglich Neueinsteiger Toro Rosso (ehemals Minardi) durfte in dieser Saison einen abgeschwächten V10-Motor einsetzen.