Sebastian Vettels Sieg war nicht nur eine gelungene Abwechslung zur Mercedes-Dominanz der bisherigen Saison, sondern hat neue Würze in den Weltmeisterschaftskampf gebracht. Mit seinem dritten Ferrari-Sieg rückt der Heppenheimer wieder ein Stück näher an Lewis Hamilton und Nico Rosberg heran. Der Brite bleibt trotz seines Ausfalls beim Singapur Grand Prix mit 252 Punkten an der Spitze.

Vettel hat jetzt 203 Zähler auf dem Konto und damit 49 Punkte Rückstand auf Hamilton. Immer noch eine relative große Lücke, doch vor allem Rosberg muss Acht geben: Mit 211 Punkten könnte er den zweiten Gesamtplatz schon beim nächsten Rennen in Japan an Vettel verlieren. Geht es nach Rosberg, ist alles andere als der Titelsieg sowieso nicht wichtig. "Ich gucke nach vorne und möchte gewinnen", sagte er nach Platz vier in Singapur. "Ob ich Zweiter oder Dritter werde, ist Wurscht. Ich möchte auf Eins."

Wolff: Vettel gewinnt ja nicht immer...

Auf dem Weg dorthin hat Rosberg ein wenig aufgeholt - wenn auch nicht so sehr wie erwünscht. Lieber sacke er die zwölf Punkte ein als Hamilton, meinte er. Doch am Ende war er alles andere als glücklich über den Ausgang des Nachtrennens. "Es ist ein bisschen positiv, dass ich ein paar Punkte auf Lewis gutgemacht habe", so Rosberg. "Aber das ist kein großes Ding."

Größer könnte es werden, wenn Mercedes auch am kommenden Wochenende in Suzuka mit ähnlichen Problemen wie in Singapur zu kämpfen hat. Ein weiterer Ausfall von Spitzenreiter Hamilton sowie der nächste Vettel-Sieg würden die Alarmglocken im Mercedes-Lager schrillen lassen. "Wegen Lewis' Ausfall ist der Abstand dramatisch gesunken", stellte Toto Wolff fest. "Aber normalerweise wird es ja nicht der Fall sein, dass Sebastian jedes Rennen gewinnt und Lewis immer ausfällt."

Dritter Saisonsieg für Sebastian Vettel, Foto: Sutton
Dritter Saisonsieg für Sebastian Vettel, Foto: Sutton

Blut geleckt

Die meisten Experten gehen davon aus, dass die Silberpfeile kommendes Wochenende zu alter Stärke zurückkehren - Singapur als Schönheitsfehler in einer bislang makellosen Bilanz. Doch Vettel hat Blut geleckt und ist sowieso bestens mit dem WM-Kampf vertraut. "Vielleicht können wir das Unmögliche noch möglich machen", wollte er den Titel noch lange nicht abschreiben. "Es ist immer noch eine kleine Chance vorhanden. Wenn es weitere Rennen wie dieses gibt, ist vielleicht noch ein Sieg drin."

Trotz der Nullrunde wirkte Hamilton Sonntagnacht im Fahrerlager auffällig gelassen. Vielleicht auch, weil er sich selbst nichts vorwerfen konnte. Die Technik legte den amtierenden Champion lahm und versagte somit eine Podiumschance. "Ich fühle mich einfach zufrieden mit dem Job an diesem Wochenende", sagte er. "Ich habe gut trainiert, alles gegeben und war im Qualifying und im Rennen schneller als mein Teamkollege." Die Souveränität eines WM-Spitzenreiters, der bislang eine überragende Saison absolvierte.

Kann Vettel wirklich in den WM-Kampf einsteigen?, Foto: Sutton
Kann Vettel wirklich in den WM-Kampf einsteigen?, Foto: Sutton

Warum ist Hamilton so entspannt?

Noch betrachtete er Vettel nicht als direkte Gefahr. Doch allzu sehr wollte sich Hamilton nicht auf seinen Leistungen ausruhen. "Mit so einer Situation verliert man viel", sagte er über seinen Ausfall. "Es ist noch ein langer Weg und es gibt noch viele Punkte zu holen." Mercedes-Teamchef Wolff über die Gelassenheit seines Fahrers: "Jeder Fahrer hat seine eigene Art, motiviert zu bleiben. Er ist immer noch 49 Punkte vor Sebastian, und das ist viel. Aber es war ein kleiner Rückschlag für uns. Dadurch werden wir Siege noch mehr zu schätzen wissen als in der Vergangenheit."

Sollte der WM-Fight am Ende knapper werden als bislang erwartet, gilt es für Hamilton, die Nase vor Rosberg zu behalten. Mit Vettel haben die Silberpfeile im Gegensatz zu 2014 nun einen Gegner aus dem anderen Lager. Das könnte zu einem Umdenken führen. Teamorder als Stichwort. Wolff dazu: "Wir sind weit entfernt, darüber nachdenken zu müssen. Bisher hatten wir den Luxus des Vorsprungs. Wenn wir den am Ende des Jahres nicht mehr haben sollten, dann werden wir darüber nachdenken. Aber das ist jetzt noch zu weit weg."