Die Formel 1 macht Sommerpause. Genau der richtige Zeitpunkt für Motorsport-Magazin.com, um Halbzeitbilanz zu ziehen. Sauber begann die Saison gut, baute aber dann ab. Laut Teamleitung ist dies Teil einer langfristig angelegten Strategie.

Das Auto:
Nach dem Flop mit dem C33 aus dem letzten Jahr sollte es mit dem C34 in dieser Saison wieder aufwärts gehen. Hier profitierte Sauber von den Fortschritten des Motor-Lieferanten Ferrari. Doch es ging auch um die Stabilität des Fahrzeugs an sich, nach null WM-Punkten und 15 Ausfällen 2014. Dies gelang: Zwei nicht beendete Rennen bislang sind sowohl im Vergleich mit dem Vorjahr als auch mit der Konkurrenz in der unteren Hälfte der Konstrukteurswertung ein gutes Ergebnis.

Der C34 mit Marcus Ericsson im Cockpit, Foto: Sutton
Der C34 mit Marcus Ericsson im Cockpit, Foto: Sutton

Pilot Felipe Nasr gestand allerdings zuletzt öffentlich ein, dass das Team im Entwicklungswettstreit weit zurück liegt. Er sei in Ungarn de facto mit dem gleichen Auto wie beim Saisonstart in Australien unterwegs gewesen. Vor allem bei der Traktion des C34 gebe es Verbesserungsbedarf. Dies sei jedoch Teil der Strategie, gab Teamchefin Monisha Kaltenborn zu Protokoll. Man habe absichtlich vor der Sommerpause auf Updates verzichtet und werde erst beim Auftakt der zweiten Saisonhälfte in Belgien auf den neuen, dritten Ferrari-Antrieb zurückgreifen. Zwei Rennen später soll das Chassis überarbeitet sein.

20142015
Punkte zur Pause (2014 ein Rennen mehr) 0 22
Punkte/Rennen zur Pause 0 2,2
WM-Position zur Pause 10 8
WM-Position am Ende 10
Siege zur Halbzeit 0/11 0/10
Podien zur Halbzeit 0/22 0/20

Die Fahrer:
Für Felipe Nasr ist es die erste Saison als Formel-1-Pilot. Mit einem fünften Platz beim Auftaktrennen in Australien begann sie verheißungsvoll. Im Anschluss holte der Brasilianer allerdings nur noch zweimal Punkte. Immerhin produzierte er in den zehn bisherigen Rennen nur einen einzigen Ausfall, was für einen Debütanten nicht selbstverständlich ist. 16 Punkte und Platz 12 in der WM: Das Team war offenbar zufrieden und verlängerte seinen Vertrag für die kommende Saison.

Die zwei Sauberen, Foto: Sutton
Die zwei Sauberen, Foto: Sutton

Marcus Ericsson hatte schon Erfahrung aus dem letzten Jahr, fuhr damals allerdings im Caterham meist weit hinterher. Mit Sauber holte er 2015 seine ersten Punkte und erlebte dann die gleiche Durststrecke wie Felipe Nasr. Diese Krise des gesamten Teams nahm er aber gelassen. Sechs Punkte und Platz 18 in der Fahrerwertung reichten letztlich auch ihm, um einen Kontrakt für 2016 beim gleichen Arbeitgeber zu erhalten. Großzügige persönliche Sponsoren dürften dabei - wie im Falle Nasr - ebenfalls eine Rolle gespielt haben.

Felipe Nasr Marcus Ericsson
Punkte16 6
WM-Position 12 18
Quali-Duell 6 4
Durchschnittliche Startposition 13,7 (ohne Strafen)
13,2 (mit Strafen)
14,0 (ohne Strafen)
13,5 (mit Strafen)

Das Team:
Teamchefin Monisha Kaltenborn zeigte sich zur Halbzeit trotz der eher dürftigen Punkteausbeute, des Rechtsstreits mit Giedo van der Garde und eines entscheidenden Strategiefehlers in Silverstone zufrieden. Mit dem erfahrenen Mark Smith wurde mitten in der Saison ein neuer Technischer Direktor verpflichtet. Zudem gab Sauber als erster Rennstall der Formel 1 in diesem Sommer die Vertragsverlängerung mit seinen beiden Piloten bekannt. Zusammen mit den späten Updates erweckt all das den Eindruck, dass hier über die Saison 2015 hinaus gedacht und gearbeitet wird. Ein Grund dafür dürfte die angespannte finanzielle Lage des Teams sein. Die führte auch dazu, dass Sauber keinen Übungssimulator für seine Fahrer besitzt. Das neue Startprozedere konnte somit bislang nur beim Ungarn-GP getestet werden.

Ausblick 2. Hälfte:
Die zurückgehaltenen Updates sind der große Trumpf von Sauber in dieser Saison. Wenn die Maßnahmen bei den nächsten Rennen greifen, könnte dies das Team und seine Fahrer noch einmal in ungeahnte Höhen der WM-Wertung führen. Zumal einige der auf Augenhöhe fahrenden Rennställe nicht mehr so viel zuzusetzen haben dürften. Die Schweizer konnten sich in den letzten Jahren schon mehrmals nach der Sommerpause steigern. Sollte die derzeitige Strategie wirklich langfristig ausgelegt sein, wäre es nicht einmal ein echtes Problem, wenn der Aufschwung im Herbst nicht ganz so groß ausfiele. Abzuwarten ist allerdings, wie sich der fehlende Simulator des Teams auf seine Chancen bei den neu geregelten Starts der Formel 1 auswirkt. Die Konkurrenz hatte hier deutlich mehr Gelegenheit zum Üben.

Meinungen zur ersten Sauber-Hälfte

Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner meint:

"Gott sei Dank hat Sauber zumindest am Anfang der Saison ein paar Punkte abgestaubt, jetzt ist man wohl wieder in der Realität angekommen."

Motorsport-Magazin.com meint:
Sauber hat es in dieser Saison insofern leicht, als das Ergebnis kaum schlechter werden kann als die null Punkte aus dem Vorjahr. Doch auch absolut gesehen begann 2015 gut. Nach dem Auftakt wurde jedoch am Auto offenbar so gut wie nichts mehr weiterentwickelt. Dementsprechend hat die Durststrecke in Sachen WM-Punkte weder Fahrer noch Verantwortliche überrascht oder nervös gemacht. Es erfordert Mut und Geschlossenheit, diese offenbar langfristig angelegte Strategie konsequent durchzuziehen. Bis dato ist der Plan aufgegangen. Nach der Sommerpause allerdings muss Sauber zumindest etwas mehr liefern, wenn der bisherige Saison-Verlauf tatsächlich Absicht war.