Nach zehn Rennen hat sich die Königsklasse in die traditionelle vierwöchige Pause verabschiedet. Den wohlverdienten Urlaub nutzen Teams und Fahrer, um Energie für die zweite Saisonhälfte zu tanken. Einen frischen Energieschub wird vor allem Manor-Pilot Roberto Merhi nötig haben. Der Spanier ist 2015 der einzige Fahrer im Feld, der in zwei Rennserien - neben der F1 ist er auch in der Formel Renault 3.5 am Start - parallel teilnimmt.

Aber auch die anderen vier Rookies Will Stevens, Felipe Nasr, Carlos Sainz Jr. und Max Verstappen werden die Sommerpause begrüßen. Damit ist es auch an der Zeit, ein erstes Resümee zu ziehen. Motorsport-Magazin.com analysiert die erste Saisonhälfte der F1-Debütanten. Die Bewertung der Rookies erfolgt nach dem Schulsystem (1=sehr gut, 6=ungenügend.

Carlos Sainz Jr.

Sainz schied in den letzten drei Rennen aus, Foto: Red Bull
Sainz schied in den letzten drei Rennen aus, Foto: Red Bull

Carlos Sainz Jr. kann, wie auch sein Teamkollege Max Verstappen, auf einen Vater mit Motorsport-Erfahrung blicken. Allerdings ist Carlos Sainz ein ehemaliger Rallye-Pilot und konnte seinem Sohn nicht so gut helfen, wie Jos Verstappen. Auf dem Weg in die Königsklasse kämpfte sich der Spanier über mehrere Formel-Klassen langsam nach oben, bevor er von Franz Tost auserkoren wurde, im zweiten Toro-Rosso-Boliden zu sitzen. Dort sammelte er zwar nicht so viele Punkte wie sein Teamkollege, dafür deutlich konstanter. Vier Top-Ten-Platzierungen hat Sainz vorzuweisen.

Seine ersten Punkte fuhr der 20-Jährige bereits bei seinem Debüt in Australien. Dabei verlor er wegen eines Problems beim Boxenstopp viel Zeit. Mit einem normalen Reifenwechsel hätte es wahrscheinlich sogar zu Platz sieben gereicht. In Malaysia zeigte der Rookie seine bisher stärkste Leistung. Von Startplatz 15 wählte Sainz die richtige Strategie und zeigte beherzte Zweikämpfe gegen die Konkurrenz, was ihm am Ende die achte Position einbrachte. Beflügelt von dieser Leistung wollte er in China jedoch zu viel und drehte sich bereits in der ersten Kurve.

Nach einem weiteren Tief in Bahrain fand Sainz in Spanien wieder einen besseren Rhythmus, auch wenn er zu Beginn des Rennens viele Plätze verlor. Am Ende konnte er sich jedoch wieder erholen und sicherte sich eine weitere Position in den Top-Ten. Auch in Monaco zeigte er eine Spitzenleistung. Vom letzten Startplatz ging es noch auf die zehnte Position nach vorn. Dies war jedoch der vorerst letzte Punkt des spanischen F1-Piloten. Nach Platz zwölf in Kanada folgten drei Ausfälle technischer Natur.

Bewertung Carlos Sainz Jr.

SpeedFehlerquoteKonstanzEntwicklungGesamtnote
22232,25

Max Verstappen

Verstappen sicherte sich vor der Sommerpause sein bestes Saisonergebnis, Foto: Sutton
Verstappen sicherte sich vor der Sommerpause sein bestes Saisonergebnis, Foto: Sutton

Als Sohn des ehemaligen F1-Piloten Jos Verstappen liegt Max der Rennsport im Blut. Seine Karriere verlief jedoch deutlich steiler als die seines Vaters. Im vergangenen Jahr bestritt er seine erste Saison im Formel-Sport und schaffte prompt den Aufstieg in die Königsklasse. Hohe Erwartungen gab es deshalb beim Debüts des Niederländers, der als jüngster Fahrer in die Königsklasse einstieg und dessen Altersrekord in den nächsten Jahren nicht allzu bald gebrochen wird, denn die FIA hat das Mindestalter auf 18 Jahre angehoben.

Der Saisonauftakt in Melbourne begann enttäuschend, denn auf Platz acht liegend schied Max Verstappen mit einem Motorschaden aus. Doch bereits in Malaysia zeigte der Niederländer die erhofften Leistungen. Von Startplatz sechs fiel er zwar erst zurück, kämpfte sich dafür umso eindrucksvoller zurück auf den siebten Rang und eroberte als jüngster Pilot WM-Zähler. Danach folgte jedoch eine punktlose Serie, wobei er in Barcelona sogar vom sechsten Startplatz die Punkte verpasste.

Was seine Leistung angeht, war das Rennen in Monaco ein wahres Highlight. Als einer von wenigen Piloten konnte sich der STR-Rookie Positionen auf der Strecke erkämpfen, bevor er mit Romain Grosjean aneinander geriet und ausfiel. Erst in Österreich konnte Verstappen wieder für Zählbares sorgen. Mit der achten Position sammelte er weitere vier Zähler für die Meisterschaft. Nach einem Ausfall in Silverstone erreichte der Niederländer sein bisher bestes Ergebnis in Ungarn, wo er Vierter wurde.

Bewertung Max Verstappen

SpeedFehlerquoteKonstanzEntwicklungGesamtnote
13322,25

Vergleich der Toro Rosso Piloten:

Max Verstappen Carlos Sainz Jr.
Durchschnittstartplatz 10,80 11,30
Durchschnittsergebnis 10,33 10,17
Durchschnittsnote (Fahreranalyse)* 2,44 2,88
Durchschnittsabstand** Verstappen 18,20 Sekunden vor Sainz
*Aus allen bislang vergebenen Noten
**Letzter gemessener Abstand im Rennen

Will Stevens

Will Stevens hat ein Rennen weniger auf dem Konto als sein Teamkollege, Foto: Sutton
Will Stevens hat ein Rennen weniger auf dem Konto als sein Teamkollege, Foto: Sutton

Will Stevens gab 2014 sein F1-Debüt im Saisonfinale in Abu Dhabi. Damals ersetzte der Brite Marcus Ericsson. Stevens ist also kein reiner Rookie, fährt dieses Jahr aber seine erste komplette Saison. Der Brite hat mehrere Jahre Monoposto-Erfahrung in der Formel Renault gesammelt, ehe er in die Königsklasse aufgestiegen ist. Den Saisonauftakt 2015 erlebte Stevens erst im dritten Rennen in China. Zu Beginn hatte er seinen Teamkollegen Roberto Merhi sowohl im Qualifying als auch im Rennen im Griff.

Nachdem Merhi bereits ein Rennen mehr fahren durfte, schlug Stevens seinen Teamkollegen in China deutlich. In Fernost fuhr er zudem ein fehlerfreies Rennen. Im Vergleich zum Teamkollegen konnte Stevens in Bahrain noch einen Zahn zulegen und war im Schnitt eine halbe Sekunde schneller als Merhi. In Spanien musste der Brite nach einem schlechten Start seinen Teamkollegen ziehen lassen, konnte sich im Laufe des Rennens aber den Platz zurückkämpfen und fuhr bis zum Ziel einen Abstand von 40 Sekunden heraus.

In Kanada fiel Merhi, in Österreich Stevens selbst aus. Gerade in seiner Heimat verlor er das Teamduell gegen den Spanier. Bitter für Stevens: Er hatte Merhi das ganze Rennen über unter Kontrolle, verlor unter feuchten Bedingungen seinen Boliden und beschädigte sich den Frontflügel. Der zusätzliche Boxenstopp warf ihn wieder hinter den Spanier zurück. In Ungarn hatte Stevens sowohl im Qualifying als auch im Rennen (Ausfall) gegenüber seinem Teamkollegen das Nachsehen. Tendenziell kommt Will Stevens einen Tick besser klar in der Königsklasse. Aber Merhi hat durch ein Rennen mehr auch eine Platzierung mehr. Daher liegt Stevens auch im Teamduell knapp zurück.

Bewertung Will Stevens

SpeedFehlerquoteKonstanzEntwicklungGesamtnote
32232,5

Roberto Merhi

Roberto Merhis Leistungskurve zeigt nach oben, Foto: Sutton
Roberto Merhis Leistungskurve zeigt nach oben, Foto: Sutton

Roberto Merhis Formel-1-Debüt stand zu Saisonbeginn auf wackligen Beinen. Sein Teamkollege Will Stevens war von Anfang an für die gesamte Saison gesetzt, der Spanier hingegen musste sich von Rennen zu Rennen profilieren. Das ist ihm offensichtlich gelungen, denn das Team. Mit reichlich Formelsport- und Tourenwagenerfahrung (Merhi fuhr zwei Jahre lang für Mercedes in der DTM) zeigt in seinem ersten F1-Jahr die Formkurve bislang nach oben.

Wegen eines Problems an der Benzinpumpe an einem Boliden ging in Malaysia nach der Australien-Absage nur ein Manor-Pilot an den Start, und das war Roberto Merhi. Der Spanier setzte die Teamvorgabe zur Zufriedenheit von Teamchef John Booth um. In China kam es dann zum ersten Teamduell zwischen Merhi und Stevens und da musste der Spanier die bittere Pille schlucken, über die folgenden Rennen gegenüber dem Briten das Nachsehen zu haben.

In Monte Carlo konnte Merhi dann erstmals einen Stich gegen Stevens landen. Einen ersten Ausfall erlitt der Spanier in Kanada, als ihm defekte Bremsen einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. In Großbritannien konnte Merhi seinen Teamkollegen bezwingen und überzeugte dabei vor allem durch hervorragende Rundenzeiten unter feuchten Bedingungen. Dabei brummte er Stevens pro Runde zwischen drei und vier Sekunden auf. Merhi überzeugte in Ungarn, lag im Qualifying und im Rennen vor Stevens. Die Leistungskurve beim Spanier zeigt nach oben.

Bewertung Roberto Merhi

SpeedFehlerquoteKonstanzEntwicklungGesamtnote
33212,25

Vergleich der Manor Piloten:

Roberto Merhi Will Stevens
Durchschnittstartplatz 18,67 18,38
Durchschnittsergebnis 15,38 15,86
Durchschnittsnote (Fahreranalyse)* 3,11 3,14
Durchschnittsabstand** Merhi 14,47 Sekunden vor Stevens
*Aus allen bislang vergebenen Noten
**Letzter gemessener Abstand im Rennen


Felipe Nasr

Nasr hat im Teamduell mit Ericsson die Nase vorn, Foto: Sutton
Nasr hat im Teamduell mit Ericsson die Nase vorn, Foto: Sutton

Als Pay-Driver verschrien, kam Felipe Nasr in die F1. Zwar hat er mit der Banco do Brasil einen finanzstarken Sponsor mit zu Sauber gebracht. Aber der Brasilianer wird nicht müde, zu betonen, dass auch andere große Fahrer finanziell unterstützt worden sind oder nach wie vor werden. Drei Jahre lang fuhr er in der GP2, wurde in seinem ersten Jahr Zehnter, steigerte sich aber im Folgejahr auf den vierten und im letzten auf den dritten Platz. In der Königsklasse wurde schließlich Williams auf den jungen Brasilianer aufmerksam und die Briten holten Nasr 2014 als Testfahrer ins Team. 2015 wechselte er schließlich als Stammfahrer zu Sauber.

Gleich in seinem ersten Rennen sorgte Nasr für eine Riesenüberraschung. Von Startplatz elf ging der Brasilianer ins Rennen, kämpfte sich durch das Feld und wurde schließlich starker Fünfter. Auch wenn die Vorzeichen eine Wiederauferstehung des Schweizer Teams anzudeuten schienen, wendete sich das Blatt ab dem Malaysia GP, wo Nasr bereits in Runde zwei sein Rennen wegschmiss, als er sich nach einer Kollision mit Kimi Räikkönen den Frontflügel beschädigte und für einen außerplanmäßigen Stopp in die Box musste.

In China bäumte sich Nasr noch einmal auf und fuhr auf Platz acht vor, konnte sogar beide Red-Bull-Piloten hinter sich lassen und landete einmal mehr vor seinem Teamkollegen Marcus Ericsson. In Monaco fuhr der Brasilianer noch einmal in die Punkte. Die sonstige Bilanz: dreimal in den Punkten und sechsmal außerhalb, darunter ein Ausfall in Großbritannien. Trotz der schwachen Punkteausbeute spricht vor allem eines für den Rookie: in zehn Rennen kam Nasr sieben Mal vor seinem Teamkollegen ins Ziel.

Bewertung Felipe Nasr

SpeedFehlerquoteKonstanzEntwicklungGesamtnote
23322,5

Vergleich der Rookies:

FahrerPunkteBester StartplatzBestes ErgebnisWM-Position
Max Verstappen226411
Felipe Nasr168512
Carlos Sainz Jr.95816
Roberto Merhi0161219
Will Stevens0171320

Fazit

Eine durchgehend konstante und konkurrenzfähige Saison war von den Rookies nicht zu erwarten, denn immerhin haben sie in ihrem Debütjahr viel zu lernen. Doch die Piloten schlugen sich gut, teils besser als erwartet. Besonders Felipe Nasr, der als Paydriver verrufen war, sollte seine Kritiker schon mit dem fünften Platz beim Auftaktrennen überzeugt haben. Carlos Sainz Jr. und Max Verstappen haben die an sie gestellten Erwartungen mehr als erfüllt. Die dritte Startreihe in Barcelona war das Highlight der Toro-Rosso-Piloten. Als beste Position erreichte Verstappen Platz vier vor der Sommerpause.

Die beiden Manor-Piloten konnten sich mangels direkter Konkurrenten kaum beweisen, daher ist das Fazit zu ihnen besonders schwierig. Während Will Stevens von Beginn an eine starke Grundpace aufwies, wurde Roberto Merhi immer dann besonders stark, je schwieriger die Umstände waren, egal ob nahe Leitplanken oder Regen der Grund dafür war. Insgesamt machten die fünf Neulinge der Formel-1-Saison 2015 alle einen guten Eindruck und haben es verdient, in der Königsklasse unterwegs zu sein.