Die modernen Rennstrecken tragen seinen Stempel und es scheint so, als gäbe es keinen anderen Architekten oder Bauingenieur, der ihm das Wasser reichen kann. Die Rede ist selbstverständlich von Hermann Tilke. Die Auftraggeber schätzen vor allem, dass von der Planung bis zum Streckenbau alles aus einer Hand läuft. Ob der Sepang International Circuit in Malaysia, der Circuit of the Americas in den USA oder die Rennstrecke in Sochi in Russland: Rund 50 Prozent der Kurse des aktuellen Rennkalenders sind Tilke-Strecken.

Tilke: Würde den Italien GP vermissen, Foto: Sutton
Tilke: Würde den Italien GP vermissen, Foto: Sutton

Hermann Tilke in der Kritik

Dass die Formel 1 heutzutage teils scharf kritisiert wird, bekommt auch der studierte Bauingenieur zu spüren. Es läge nämlich am typischen Tilke-Stil, dass Überholmanöver immer schwieriger werden. Eine Kritik, die der Deutsche nicht nachvollziehen kann. "Wenn es den Fahrern dem Reglement nach unmöglich gemacht wird, nahe genug aufzuschließen, dann können sie auch nicht überholen", so Tilke gegenüber Sports Business Daily.

Tilke und seine Kollegen erwägen sehr wohl, Stellen in die Strecken einzubinden, die Überholmanöver begünstigen sollten. "Der einfachste Weg ist eine lange Gerade, gefolgt von einer engen Kurve mit einer langen Anbremszone", so der Bauingenieur. Aber als Streckendesigner sind bei den Regularien auch die Hände gebunden. "Wir suchen aber nach Ideen, Überholmanöver möglich zu machen."

Streckenkosten im neunstelligen Bereich

Wie teuer der Prozess von der Planung bis zur Fertigstellung einer Rennstrecke ist, hängt ganz von den Wünschen des Austragungsortes ab. "Manchmal ist es teurer, weil die Kunden mit der Anlage ihr Land repräsentiert haben wollen", sagte Tilke. "Der Yas Marina Circuit soll zum Beispiel arabische Architektur repräsentieren. Sie wollten das so haben und es der Welt zeigen. Ich würde sagen, dass man für eine brandneue F1-Rennstrecke mit mindestens 100 Millionen Euro rechnen muss."

Die beiden aktuellsten Projekte sind der Autodromo Hermanos Rodriguez in Mexiko und der Kurs in Baku, Aserbaidschan. Für die Strecke in Mittelamerika wollten die Kunden etwas Besonderes: "Es war eine Herausforderung, ein bestehendes Baseball-Stadion in das Streckenlayout einzubeziehen. Der Wunsch unseres Kunden war, dass die Strecke durch das Stadion führt, auf dessen Tribünen 40.000 Zuschauer Platz haben."

Tilke Fan von Traditionsstrecken

Dass immer mehr Traditionsstrecken aus dem Rennkalender fliegen, ist auch dem Deutschen nicht entgangen. "Zunächst einmal ist es eine Weltmeisterschaft. Daher sollte sie auch in allen Ecken der Welt stattfinden. Aber auch die traditionellen Rennen sollten beibehalten werden", sagte er. Tilke selbst ist unglücklich über den Umstand, dass dieses Jahr kein Grand Prix in Deutschland stattfindet. "Sollte Italien das Rennen verlieren, wäre das sehr enttäuschend für mich als Fan. Ich mag traditionelle Strecken wie Spa, Monza, Hockenheim, Nürburgring und Silverstone."