... ein böser Fluch, der den wahren Glanz des McLaren MP4-30 in einen Dornröschen-gleichen Tiefschlaf versetzt. Konkret heißt das: die desaströse Zuverlässigkeit. Und Pech kommt auch noch dazu. Beim letzten Test innerhalb der Saison verpasste McLaren durch eine Kombination aus schlechtem Wetter in Österreich und groben Schäden am neuen Chassis - infolge eines Unfalls Fernando Alonsos im vorausgegangenen Rennen - wertvolle Testzeit.

"Das hat uns erneut zurückgeworfen. Jedes Mal, wenn wir nicht fahren können, können wir das Auto nicht überprüfen und die Entwicklung des nächsten Aero-Pakets verzögert sich weiter, weil wir nicht wissen, ob es gut ist oder nicht", beschreibt Renndirektor Eric Boullier auf der offiziellen Website der Formel 1. Jetzt müsse man eben nicht nur die Freitage der nächsten Rennwochenenden, sondern auch die Sams- und sogar Sonntage zum Testen nutzen.

Nicht einfach einen Schalter umlegen ...

Das müsse sich allerdings nicht bis zum Saisonende fortsetzen. "Falls wir das Potential befreien können, werden wir vielleicht - mit etwas Glück - noch um ein Podium kämpfen. Wenn du deine MGU-K-Power auf den Geraden jeder Runde abrufen kannst, dann bringt das eine Menge Zeit. Heute können wir das noch nicht", sagt Boullier. Einfach den Schalter umlegen könne McLaren-Honda allerdings nicht. Ein gigantischer Leistungssprung bis an die Spitze sei von heute auf morgen unrealistisch, immerhin mit Schritten einer halbe Sekunde könne man aber rechnen.

Sollte die Lücke zur Spitze am Saisonende noch immer bei mehr als zwei Sekunden liegen, würde selbst das nicht zwangsläufig die Chancen in der kommenden Saison schmälern. "Wir haben gesehen, dass Ferrari und Mercedes in der Lage waren große Schritte zwischen Jahr eins und zwei zu machen. Das erwarten wir auch in unserem Fall", hofft Boullier.

McLaren hat den Kampf mit den Top-Teams noch nicht aufgegeben, Foto: Sutton
McLaren hat den Kampf mit den Top-Teams noch nicht aufgegeben, Foto: Sutton

Selbstkritik trifft Kampfansage

Doch bereits im laufenden Jahr erfüllte McLaren seine eigenen Erwartungen bislang nicht. Das ursprüngliche Ziel - zur Saisonmitte konstant in das Q3 zu fahren - hat das Team verfehlt. "Richtig, das haben wir. Es ist aber schwierig, das an Zahlen festzumachen", wiegelt Boulier ab. "Jetzt werden wir uns konkurrenzfähig fühlen, wenn wir permantent in Q3 sein und um die Top sechs kämpfen können", sagt Boullier. "Das wäre ein großartiges Ergebnis, auch wenn es nicht sehr aufregend klingt - wir sind hier um zu gewinnen. Wir zielen immernoch darauf, am Ende der Saison wettbewerbsfähig zu sein", versichert der Renndirektor erneut.

Was Boullier so sicher macht: "Wie wissen, dass in unseren Autos nicht nur Zehntel, sondern Sekunden Potential stecken. Wir können es nur nicht nutzen, weil wir Zuverlässigkeitsprobleme haben. Aber wenn wir diese beseitigen können wir signifikante Schritte nach vorne machen. Noch sind wir nicht bereit, wir machen unseren Job aktuell nicht gut genug", gesteht Boullier. "Aber wir wissen, dass wir dieses Potential haben. Gebt uns einfach Zeit."

Energierückgewinnung als Kernproblem

Das größte Problem am MP4-30 liege nach wie vor im Heck. Der Honda-Antrieb bereitet weiter Sorgen. "Wir können die Leistung nicht hochziehen. Das hat nicht nur mit der Leistung selbst zu tun, sondern auch mit der Fahrbarkeit des Motors, die sich bisher als sehr schwierig und komplex zu managen erwiesen hat. Wir sind heute nicht in der Lage, das volle Rückgewinnungspotential abzurufen", erklärt Boullier. "Denn wenn wir es tun, schafft das Zuverlässigkeitsprobleme und die wiederum schmerzen uns in Sachen Performance", spielt er erneut auf das Resultat weiterer verpasster Testzeit an.

Einzig und allein an der Power Unit hapere es jedoch auch wieder nicht. "Das Auto ist ziemlich gut balanciert und wir arbeiten wie alle anderen in der Boxengasse immer daran, mehr Downforce zu bekommen. Das würde uns auch schneller machen. Aber uns fehlt noch immer überall auf der Strecke die Speed. Wir müssen überall besser werden!", fordert Boullier.