Kein Thema erhitzt derzeit die Gemüter so sehr wie das rote Formtief in Maranello. Nach zwei Saisonrennen steht Ferrari nur auf dem vierten Rang der Konstrukteurswertung. Während Rubens Barrichello immerhin acht Punkte aus Melbourne vorweisen kann, liegt Michael Schumacher mit nur zwei Zählern auf dem elften Platz der Fahrerwertung.

Alles andere als ein perfekter Saisonstart für die erfolgsverwöhnte Truppe rund um Teamboss Jean Todt. Und obwohl man im Team des amtierenden Weltmeisters noch nicht von einer Krise spricht, sieht motorsport-magazin.com-Experte Sven Heidfeld einen Super-Gau bevorstehen: "Obwohl Michael trotz seiner Beinahe-Überrundung noch gute Mine zum bösen Spiel macht und sich gelassen gibt, merkt man, wenn man seine Art etwas besser kennt, ganz klar, dass er innerlich kurz vor einer Explosion steht."

Die Bild-Zeitung fragt deshalb schon, warum sich der Champion dies überhaupt noch antue. Schumacher-Manager Willi Weber musste deshalb postwendend diverse Rücktrittsspekulationen vom Tisch wischen: "Ein Rücktritt ist unvorstellbar. Ein Schumi tritt nicht als Verlierer ab. Er wird mit Ferrari wieder zurückkommen."

Doch genau bei diesem Thema widerspricht ihm sein zweiter Klient: Ralf Schumacher. "Für mich ist Ferrari zu weit weg von der Spitze. Es ist unrealistisch, dass sie noch um den WM-Titel kämpfen werden", sagte der Neu-Toyota-Pilot. "Aber das schadet der Formel 1 nicht", stößt Ralf ins gleiche Horn wie Sven.

"Zwar gönnt man dem Michael den Misserfolg nicht", betont der Bruder des derzeit besten deutschen F1-Piloten Nick Heidfeld, "doch ist es eine schöne Sache einmal andere Fahrer, Teams und Farben ganz vorne zu sehen."

"Ich glaube, die Formel 1 ist nach der Wachablösung von Ferrari interessanter denn je", stimmt Ralf noch einmal in den selben Kanon mit ein. "Renault hat derzeit das konkurrenzfähigste Auto gebaut und auch Red Bull überrascht. Auch wir werden danach streben, die Erfolge des zweiten Rennens zu wiederholen, auch um zu beweisen, dass diese Leistung keine Eintagsfliege war."

Während so mancher Betrachter diese Aussagen nach nur zwei Rennen noch etwas argwöhnisch betrachtet, vergleicht Ralf die Situation seines Teams mit jener von British American Racing vor einem Jahr. "Letztes Jahr dachte man anfangs dasselbe von B·A·R und die haben dann über die ganze Saison beeindruckende elf Podestplätze eingefahren und haben am Ende den zweiten Platz der Konstrukteurswertung geholt."

In dieser Saison sind die Weißen allerdings sogar noch hinter der laut Sven Heidfeld "schockierenden" Scuderia zurück. Während Sven die Probleme der Roten im schwarzen Gold begraben sieht, nennt Ralf noch einen zweiten entscheidenden Faktor: Deren "Arroganz".

"Wie kann Ferrari so arrogant sein, mit dem alten Auto in die Saison zu starten?", fragte er in der Bild-Zeitung. "Und dazu noch einen Reifenvertrag zu haben, bei dem sie alleine entwickeln müssen und dann auch noch glauben, die anderen Teams würden sich nicht weiterentwickeln? Ferrari hat sich das alles selbst eingebrockt."

Zumindest geht man in Maranello ehrlich mit der aktuellen Situation um. "Wir waren nicht konkurrenzfähig, wir müssen uns in allen Bereichen verbessern", verkündete nicht nur Michael Schumacher nach dem frustrierenden Malaysia GP. "Nach zwei verkorksten Rennen kann man zwar sagen, dass die WM-Situation schwierig wird. Aber hoffnungslos ist sie mit Sicherheit nicht."

Die rote Hoffnung hört hierbei auf den Namen F2005 und wird seit gestern in Mugello einem weiteren Test unterzogen. Heute und morgen kommen dann auch Rubens Barrichello und Michael Schumacher erstmals in den Genuss des neuen Boliden.

"Ich habe von unserem Testfahrer Luca Badoer schon viel über das neue Auto gehört, aber ich freue mich jetzt richtig darauf, es endlich selbst auszuprobieren", so Schumacher über eine der wenigen Freuden dieser Tage. "Die erste Fahrt ist immer wieder aufregend."

Durch die enttäuschende Performance des F2004 M bei den ersten beiden WM-Läufen sieht sich der Kerpener allerdings in seinen Aussagen der letzten Jahre vollauf bestätigt. "Habe ich es nicht im vergangenen Jahr immer wieder gesagt, dass das Blatt sich schnell wenden kann? Das ist jetzt geschehen, aber es kann sich auch wieder in unsere Richtung drehen." Allerdings noch nicht beim nächsten Grand Prix in Bahrain, sondern erst wieder in Imola. "Ich denke, dass wir dort schon wieder ganz gut aussehen werden."

"Ich habe das schon häufiger erlebt, dass ich in einem Rennen chancenlos war und im nächsten um den Sieg mitkämpfte", schöpft der siebenfache Champion bereits wieder Hoffnung. "Wir sind als Team gefestigt genug zu wissen, dass wir die Saison als Gesamtheit im Auge behalten müssen. Die Saison ist lang wie nie, da kann noch viel passieren. Jetzt werden wir erst mal unser neues Auto testen, und dann sehen wir weiter."