Durch den kometenhaften Aufstieg von British American Racing in der vergangenen Saison sowie die Etablierung von Renault unter den Top-Teams wurde eben jener Begriff "Top-Team" zuletzt neu definiert. Stand er früher, also vor zwei bis drei Jahren, einzig und allein für Ferrari, McLaren und Williams, so schloss nur Ferrari das Jahr 2004 als echtes Top-Team ab, während die beiden britischen Traditionsrennställe hinter Renault und B·A·R auf die Ränge vier und fünf zurückfielen.

Beim heutigen Saisonauftakt des Jahres 2005 im australischen Melbourne kehrten wir, zumindest in den Ergebnislisten des Freitagstrainings, wieder zu jenem alten Dreigestirn an der Spitze zurück, welches schon vor einem Jahr einen Angriff auf den Titel angekündigt hatte: McLaren, Williams und Ferrari.

Produktiver Tag für McLaren

Mit einer Doppelführung und drei Piloten unter den Top-5 hinterließen die nach den Wintertestfahrten zum Ferrari-Rivalen Nummer 1 auserkorenen Mannen von Ron Dennis den stärksten Eindruck. Bei den Kommentaren danach, verselbständigte sich dieser positive Eindruck aber schnell im üblichen PR-Wahn.

So erlebte Mercedes-Motorsportchef einen "produktiven Freitag" und freute sich Teamchef Ron Dennis über "die harte Arbeit" des gesamten Teams. Während sich Kimi Räikkönen noch darüber freute "wieder Rennen fahren zu dürfen", erwartet sein Teamkollege Juan Pablo Montoya erst im Samstagstraining erste Aufschlüsse darüber "wo man im Vergleich zur Konkurrenz wirklich steht".

Dieser Satz erfreute sich heute ohnehin größter Beliebtheit. Beispielsweise beim Achten Jenson Button, der sich vor dem Jahreswechsel noch das Ziel gesetzt hatte in Melbourne um seinen ersten GP-Sieg mitkämpfen zu können. "Es ist noch immer schwierig zu sagen wo wir im Vergleich zu den anderen Teams stehen", stimmte also auch JB in den allgemeinen Kanon mit ein.

Korrekte Vorhersagen

Ebenfalls nur wenig Neues gab es vom viertplatzierten Champion Michael Schumacher zu hören. "Es scheint so als ob unsere Vorhersage wer unser Hauptrivale sein würde, korrekt war", spielte Schumacher auf die im Vorfeld gebetsmühlenartig heruntergeleierten Sätze über den Hauptkonkurrenten McLaren Mercedes an. "Dennoch war ich auch vom Speed der Red Bull und Sauber Boliden überrascht."

Und damit brachte der Weltmeister, der von einem elektrischen Problem leicht gehandicapt wurde, tatsächlich einmal etwas Neues ins Spiel. Denn während Red Bull im ersten freien Training mit starken Zeiten auftrumpfen konnte, zeigte Sauber-Mann Felipe Massa im zweiten Training, dass mit den Hinwilern zu rechnen sein wird. Sein Teamkollege Jacques Villeneuve haderte derweil weiterhin mit dem Setup seines enttäuschend platzierten Boliden.

Beim - den Testergebnissen nach zu urteilen - zweiten Favoriten neben McLaren betonte Giancarlo Fisichella derweil, dass es heute "nicht wichtig" gewesen sei, auf welchen Positionen sich die Renault-Piloten am Ende des Freitages im Endklassement einreihten. "Wir hatten einen guten Tag und fuhren jene Runden, die wir benötigten", erinnerte er auch an die neuen Hobbys der F1-Teams: Das Rundensparen und Motorenschonen. Für den Rest des Wochenendes zeigte sich der Italiener aber "sehr optimistisch", weshalb man von Renault noch einiges erwarten darf.

Besser als erwartet

BMW-Williams-Neuzugang Nick Heidfeld übertraf mit seinem dritten Gesamtrang hingegen die zuletzt nach unten korrigierten Erwartungen an sein Team. "Der erste Tag lief besser, als ich nach den Wintertests erwartet hatte", gestand der Überraschungsmann des Tages und werdende Vater ein. Sein Technikchef Sam Michael war allerdings weniger euphorisch: "Generell entspricht unser Abschneiden heute in etwa unseren Erwartungen." Und BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen komplettierte das weiß-blaue Wechselbad der Gefühle, welches Mark Webber auf dem 15. Platz sieht: "Wir sind mit dem Verlauf der Freitag-Trainings zufrieden."

Ferrari-Teamchef Jean Todt sieht die drei ersten Renntage dieses Jahres in Melbourne derweil als "sehr wichtig" an, da man hier zum ersten Mal nach den Wintertests "ein vernünftiges und klares Bild" des Kräfteverhältnisses der einzelnen Teams bekommen wird. Bislang ist dieses Puzzle dabei noch lange nicht komplett zusammengesetzt. Eine erste noch arg löchrige Version des großen Gesamtwerkes sieht jedoch McLaren und Ferrari an der Spitze, mit einem Fragezeichen bei den alten Rivalen von BMW-Williams und vermutetem Verbesserungspotenzial bei Renault.