Der zweite Doppelsieg in der Saison, Führung in der Fahrer- und der Herstellermeisterschaft und Ferrari klar in Schach gehalten. Bei Mercedes könnte der Himmel voller Geigen hängen, stattdessen herrscht in China dicke Luft. Sofort nach dem Rennen wurde klar: Nico Rosberg war sauer - richtig sauer. Der Deutsche hatte sich eine Chance auf den Sieg ausgerechnet, musste gegen Ende des Rennens aber sogar um Platz zwei bangen.

Nach dem Rennen warf Rosberg seinem Teamkollegen vor, er hätte nicht nur auf sein Rennen achten, sondern auch die Belange Rosbergs im Auge behalten sollen. Hamilton schonte seine weichen Reifen, während Rosberg immer näher auflief und zwischen seinem Teamkollegen und dem aufrückenden Vettel gefangen war. Schließlich musste Mercedes auf den versuchten Undercut von Ferrari reagieren und Rosberg ebenfalls früher zum finalen Stopp hereinholen. Damit hatte der Deutsche im Vergleich zu Hamilton in der Schlussphase ältere Reifen und sah sich um den Kampf um den Sieg gebracht.

Nico Rosberg konnte nicht an Lewis Hamilton vorbei, Foto: Sutton
Nico Rosberg konnte nicht an Lewis Hamilton vorbei, Foto: Sutton

Lewis wollte Nico nicht einbremsen

Hamilton behauptete im Nachhinein, von der Situation hinter sich nichts mitbekommen und nur auf sein eigenes Rennen geblickt zu haben. Einige Medienvertreter waren allerdings der Meinung, der Weltmeister hätte im Rückspiegel auf der langen Geraden genau sehen können, in welch brenzliger Lage sein Teamkollege streckte und unterstellten ihm gewisses Kalkül. Das dementiert Wolff. "Ich denke, er hat es nicht absichtlich getan", so Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Es gab von Lewis keinerlei Intention, Nico einzubremsen, damit er Dritter oder sogar noch schlechter wird - 100 Prozent."

Hamilton hatte das Rennen von der ersten Minute angeführt, im zweiten Stint aber etwas langsamer gemacht, um seine Optionreifen zu schonen. Diese Strategie war zunächst nicht geplant, da Mercedes weich-hart-hart fahren wollte. "Weil wir in Malaysia unsere Lektion gelernt haben, dachten wir, mit den Options vielleicht Probleme zu bekommen", schilderte Wolff die ursprüngliche Überlegung.

"Dann fanden wir heraus, dass der Option tatsächlich viel besser hielt als erwartet - und viel besser als bei Ferrari." Entsprechend war das Ziel klar: mit der weicheren Reifenmischung sollte Ferrari in Schach gehalten werden. Für Hamilton eine unerwartete Situation. Entsprechend hatte der Brite nur Augen für die weichen Reifen, die im zweiten Stint länger am Mercedes halten mussten als jemals zuvor an diesem Wochenende. "Aus dieser Sichtweise absolut verständlich", nahm Wolff seinen Fahrer in Schutz.

Gleichzeitig verstand der Motorsportchef auch die Belange von Rosberg. Er kam immer mehr in Bedrängnis, war nach vorne blockiert von Hamilton und sah Vettel von hinten immer größer im Rückspiegel. "Du kannst nicht überholen, denn sobald du aufholst, verlierst du sofort Reifenperformance. Nico war gefangen in dieser Situation", schilderte Wolff. "Gleichzeitig steigerte Sebastian dahinter seine Pace. Daher ist es aus Sicht von beiden verständlich."

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte, Foto: Sutton
Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte, Foto: Sutton

Keine Feindseligkeiten bei Mercedes

Erst nach einer Weile wurde dem Mercedes-Kommandostand bewusst, dass diese Situation weitreichende Konsequenzen haben könnte. Nicht nur Rosbergs zweiter Platz war in Gefahr, bei einem Ausfall von Hamilton an der Spitze sogar ein Mercedes-Sieg.

Lewis Hamilton sei diese Situation nicht bewusst gewesen und Wolff betonte mehrfach, dass er Rosberg nicht schaden wollte. Gleichzeitig untermauerte er, dass es in der DNA eines Rennfahrers stecken würde, immer zuerst auf den eigenen Vorteil zu blicken. "Man kann nicht erwarten, dass er sich nicht um sich selbst kümmert - das hat er getan", so Wolff. "Ob er die beiden Ferraris gesehen hat und im Hinterkopf dachte, dass das interessant ist...aber ich glaube nicht, dass das der Fall war." Sobald Mercedes Hamilton über die brenzlige Lage seines Teamkollegen via Funk informierte, erhöhte er die Geschwindigkeit und Rosberg bekam den nötigen Abstand.

Für Rosberg allerdings zu spät, denn er musste letztlich früher zu seinem letzten Stopp abbiegen und verlor damit aus seiner Sicht die Chance, Hamilton nochmals anzugreifen. Aus seinem Frust darüber machte er in der Pressekonferenz nach dem Rennen auch keinen Hehl und griff Hamilton direkt an. Für Wolff kein Problem - im Gegenteil. "Dass Emotionen zu Tage treten ist ganz normal - das geht einmal in die eine und dann wieder in die andere Richtung. Das müssen wir akzeptieren", so der Motorsportchef. "Dass Nico mit dieser Situation nicht glücklich war ist klar, aber auch das Lewis so gehandelt hat ist verständlich. Wir wollen den beiden ja nicht den letzten Zahn an Rennemotion ziehen."

Nun sei bei Mercedes aber alles besprochen und bereinigt. "Wir hatten ein gutes Debriefing, denn es war positiv", schilderte der Motorsportchef. "Es gab keine Feindseligkeiten. Es gab heute so viel Positives. Wir haben im Rennen keinen Fehler gemacht und jeder hat eine gute Einstellung." Bereits am kommenden Wochenende wird sich zeigen, wie positiv die Einstellung im Team ist, wenn der vierte Grand Prix in Bahrain auf dem Programm steht.