Zack, das hat gesessen: "Ich weiß nicht, ob ihr das Video gesehen habt. Aber nicht einmal ein Hurrikan hätte das Auto bei der Geschwindigkeit bewegt", sagte Fernando Alonso am Donnerstagnachmittag bei der FIA-Pressekonferenz zum Malaysia GP. Es war das erste Mal, dass sich Alonso selbst zum Testunfall äußerte. Kurz zuvor hatte er das Okay der FIA-Ärzte erhalten, um am GP teilnehmen zu dürfen.

"Ich weiß nicht, ob ihr das Video gesehen habt" - welches Video? Ja, es gibt ein Video vom Unfall. Zu Gesicht bekommen hat das aber niemand. Bei den Testfahrten gibt es nur Streckenkameras, die das Geschehen aufzeichnen. Laut Ron Dennis sind die aber so schlecht, dass man darauf nicht den ganzen Unfall sehen kann und zudem noch die Qualität zu wünschen übrig lässt.

Veröffentlicht dürfen derlei Videos nicht werden, aber zumindest den anwesenden Journalisten hätte man die Aufnahmen zeigen können. Die FIA hat beim Bianchi-Unfall das gleiche gemacht und beim Russland GP den Journalisten die Aufnahmen des Unfalls gezeigt. Susie Wolff griff bei ihrer Kollision mit Felipe Nasr bei den Testfahrten einfach zum Smartphone und zeigte das Unfallvideo den Journalisten. Wenn es absolut nichts zu verheimlichen gibt, warum zeigt niemand die Aufnahmen, die offensichtlich existieren und offensichtlich auch Aufschluss über den Unfall geben?

Carlos Sainz flog in der gleichen Kurve wegen Windböen ab, Foto: Sutton
Carlos Sainz flog in der gleichen Kurve wegen Windböen ab, Foto: Sutton

Noch besser ist aber Alonsos Hurrikan-Aussage. Laut McLaren-Statements war ganz klar der Wind die Unfallursache. Ja, der Wind war am Tag es Unfall böig und nicht zu leicht. Aber von einem Hurrikan war er weit entfernt

Alonso hatte übrigens eine Erklärung für den Unfall. Eine sehr eingängige noch dazu: Die Lenkung habe blockiert. Er konnte am Ausgang von Kurve drei die Lenkung nicht mehr aufmachen, wodurch das Auto nach innen abbog. Der Unfall war für ihn unvermeidbar. Ihm blieb nur noch, auf die Bremse zu steigen und herunterzuschalten, um die Aufprallgeschwindigkeit weiter zu reduzieren.

McLarens Medien-Kritik rächt sich

Zur Erinnerung ein Best-of der McLaren-Statements nach dem Unfall. "Unvermeidlich haben einige Medienberichte bei der Schwere des Unfalls übertrieben - es war aber nur rein normaler Testunfall", wurde Teamchef Eric Boullier zitiert.

Ein normaler Testunfall also, der dazu führte, dass Fernando Alonso drei Nächte im Krankenhaus bleiben musste und das erste Rennen verpasste. Ein ganz normaler Testunfall. Aber es wurde noch besser. Im Statement einen Tag nach dem Unfall ließ McLaren wissen: "Obwohl es noch sehr früh ist, konnten wir einige standhafte Rückschlüsse ziehen."

McLarens Rückschlüsse: "Der Unfall wurde von unvorhersehbaren, böigen Winden an dieser Stelle der Strecke hervorgerufen, die andere Fahrer in ähnlicher Weise beeinflusst haben. Wir können kategorisch ausschließen, dass es Hinweise darauf gibt, dass Fernandos Auto irgendeinen mechanischen Defekt hatte."

Außerdem konnte McLaren alle anderen Ursachen ausschließen. Kein aerodynamisches Problem, kein Stromschlag - nichts. Einfach ein Fahrfehler. Ron Dennis bestätigte das in einer hastig einberufenen Pressekonferenz wenige Tage später. Allerdings verstrickte sich Dennis immer wieder in kleine Widersprüche, wirkte ungewohnt angespannt.

McLaren vs. Alonso 2.0

Und nun Alonso. Definitiv keine Windböe, definitiv ein technischer Defekt. Am eigenen Erinnerungsvermögen an den Unfall zweifelt der Spanier übrigens nicht. Er könne sich an alle Einzelheiten erinnern.

McLaren und Alonso: Da war doch mal was..., Foto: Sutton
McLaren und Alonso: Da war doch mal was..., Foto: Sutton

Alonsos Aussagen sind für McLaren wie ein Schlag ins Gesicht. Das Team versucht offenbar, etwas zu vertuschen. Von lückenloser Aufklärung, wie sie Ron Dennis versprochen hat, kann nicht die Rede sein. Alonso fuhr - auf eigenen Wunsch - mit einer anderen Lenkstange. Button fuhr eine andere, die konventionelle Version.

Zusammengefasst: Alonso fährt ein Experimental-Teil. Genau damit hat er später Probleme und verunfallt. McLaren will von dem all nichts wissen.

Die Geschichte stinkt zum Himmel. Hinzu kommt, dass ausgerechnet diese Daten fehlen, die das Problem erklären würden. Entweder die Daten wurden gelöscht, um etwas zu vertuschen, oder es gab ein dermaßen großes Problem an der Lenkstange, dass weder Lenken, noch die Datenerfassung funktioniert hat.

Aussage gegen Aussage: Reagiert McLaren?

Jetzt steht Alonsos Aussage gegenüber jener von McLaren. Ausgerechnet Alonso und McLaren also wieder. Klar, Alonso könnte seine Version aufgetischt haben, um einen Fahrfehler abzustreiten. Eine solche Kontroverse aber nur wegen eines Fahrfehlers? Auch für Alonso unwahrscheinlich.

Alonsos PK-Auftritt wird in Erinnerung bleiben, Foto: Sutton
Alonsos PK-Auftritt wird in Erinnerung bleiben, Foto: Sutton

Nun ist McLaren gefordert. Wahrscheinlich versucht der Rennstall das Thema aber wohl totzuschweigen. Gegen die Medien braucht McLaren jetzt aber definitiv nicht mehr giften. Immer die bösen Medien mit ihren Verschwörungstheorien. Und weniger Theorien wird es nach Alonsos Auftritt auch nicht geben.

Immerhin eins bleibt: Man mag von Fernando Alonso halten, was man will. Aber dass sich ein Fahrer vor der versammelten Weltpresse hinstellt und ganz klar das dementiert, was das eigene Team ausgegeben hat, ist heutzutage selten und mutig.