Neun Jahre sind eine lange Zeit. So lange, dass sich die jüngeren F1-Fans wahrscheinlich gar nicht daran erinnern können den Schotten David Coulthard jemals in einem anderen als einem silbernen Rennanzug des McLaren Mercedes Teams gesehen zu haben.

Doch das Jahr 2005 bringt viele Veränderungen mit sich. Eine davon besagt, dass das silberne Familienmitglied DC seinen silbernen Rennoverall gegen einen mit einem roten Bullen versehenen dunkelblauen Anzug getauscht hat. Was sich sonst noch in diesem Jahr verändert hat und verändern wird, verriet der sympathische Lowlander in seinen ehrlichen Antworten auf die Fragen von motorsport-magazin.com-Chefredakteur Stephan Heublein.

David, Eddie Irvine sagte vor kurzem, dass Du nach Deinem Wechsel von McLaren zu Red Bull Racing verrückt werden würdest. Bist Du also schon verrückt geworden?

David Coulthard: Als ich das letzte Mal einen Gesundheitscheck hatte war alles okay – Eddie spricht in der Presse oft über mich. Er war schon immer einer meiner größten Fans und ich freue mich, dass er sich so sehr um mich sorgt, dass er mir sogar Ratschläge gibt.

Du hast den RB1 nun bereits einige Male getestet. Was sind Deine ersten Eindrücke vom dunkelblauen Auto?

David Coulthard: Ich habe es bislang noch nie als "das blaue Auto" angesehen... aber abgesehen von seiner Farbe haben wir ermutigende Tests absolviert und waren wir bisher auch sehr zuverlässig. Wir sind einige gute Zeiten gefahren, aber bis wir in Melbourne alle gemeinsam im Renntrim auf die Strecke gehen weiß niemand was wir erwarten können. Erst dann werden die Spekulationen aufhören und wir werden die wahren Farben aller Teams sehen.

Es wurde viel darüber diskutiert, dass die Autos aufgrund der neuen Aerodynamikregeln schwieriger zu fahren wären. Was hältst Du davon?

David Coulthard: Schwieriger zu fahren als was? Es sind F1-Autos und diese sind aufgrund der Regeln jedes Jahr anders. Dies ist die Formel 1 und diese soll nicht einfach sein! Ich bin in den vergangenen Jahren schon unter vielen Reglements gefahren und man muss einfach damit klarkommen. Seit ich in der F1 bin haben wir Rillenreifen, kleinere Flügel weniger Downforce, weniger PS und veränderte Strecken und dennoch erzielen wir Rundenzeiten die schneller sind als jemals zuvor. Und zwar egal ob die Autos schwieriger zu fahren sind oder nicht.

Viele Fahrer sagten, dass die neuen Regeln, besonders die neuen Reifenregeln, die Rennen verändern werden. Glaubst du, dass die langlebigen Reifen die Rennen so stark beeinflussen werden?

David Coulthard: Man wird während des Rennens mehr auf seine Reifenabnutzung achten müssen. Ich bin mir sicher, dass einige Fahrer die einen aggressiven Stil haben Probleme bekommen werden bis sie ein Gefühl dafür entwickelt haben, wie die Reifen über eine Renndistanz abbauen.

Und wie sieht es mit den neuen Zwei-Wochend-Motoren aus?

David Coulthard: Es scheint als ob einige der Teams Zuverlässigkeitsprobleme haben, weswegen ich in den ersten paar Rennen eine hohe Ausfallquote erwarte.

Wir werden in diesem Jahr auch ein neues Qualifying-System erleben. In den letzten Jahren hattest Du ein paar Probleme mit dem Einrunden-Qualifying. Was erwartest Du nun vom neuen Format?

David Coulthard: Das neue Format, welches auf zwei Tage verteilt ist, wird einige neue Variablen im Bezug auf das Wetter und die Streckenverhältnisse einführen, weswegen wir durchaus eine durchmischte Startaufstellung sehen könnten. Das ist aber auch die Idee, die hinter dem neuen Format steckt. Die Tatsache, dass wir am Sonntagmorgen vor dem Rennen fahren wird den Zuschauern an der Strecke mehr Action bieten und den Teams einen arbeitsreicheren Tag bescheren. Dennoch bleibt es für uns das gleiche. Ich habe während meiner F1-Zeit schon viele Reglements und Änderungen an den Zeitplänen erlebt und egal wie diese auch ausgefallen sind, am Sonntagnachmittag gingen immer die Lichter aus, der Bullshit hörte auf und wir konnten unseren Job erledigen und Rennen fahren – und genau das ist es, was ich so sehr liebe.

Dein Ziel für diese Saison ist es eine gute Basis für das neue Team zu schaffen und so viele Punkte wie möglich zu holen. Welche Teams werden dabei Eure Hauptkonkurrenten im Kampf um WM-Punkte sein?

David Coulthard: Wir werden mit allen um WM-Punkte kämpfen. Vergiss nicht, dass wir im letzten Jahr zu Saisonbeginn auch bei McLaren einige Zeit brauchten um in die Gänge zu kommen. McLaren war im letzten Jahr nicht von Anfang an schnell und ich glaube, dass einige der "Top-Teams" in diesem Jahr in der gleichen Situation sein werden. Persönlich ist es mir egal gegen wen wir um Punkte kämpfen – jedenfalls so lange wir auch Punkte holen!

Wie jeder in der F1 freust auch Du Dich auf den Kampf zwischen Deinem Ex-Teamkollegen Kimi und Deinem McLaren-Nachfolger Juan Pablo Montoya. Glaubst Du, dass McLaren in diesem Jahr eine Chance auf den Titelgewinn hat?

David Coulthard: Ich freue mich über die Saison keines Fahrers so sehr wie über meine eigene. Wie Kimi und Juan miteinander auskommen ist mir egal. Theoretisch müsste McLaren eine genauso gute Chance auf den Titelgewinn haben wie die anderen Top-Teams. Ich habe ihnen dabei geholfen. Ich habe noch nie große Vorhersagen gemacht und in diesem Jahr wird dies auch nicht anders sein. Warten wir also einfach ab wie sich die Saison entwickeln wird.

Wer wird neben Ferrari um den Titel kämpfen?

David Coulthard: Wie gesagt: Wenn die Lichter in Melbourne ausgehen, dann werden die Spekulationen aufhören. Erst dann werden wir sehen wer dazu in der Lage ist zu gewinnen. Bis dahin bin ich nicht daran interessiert Vorhersagen zu treffen.

Nicht nur der Kampf um die WM, sondern auch der Kampf um die F1-Cockpits wird immer härter. Antonio Pizzonia und Nick Heidfeld mussten bis zur letzten Minute warten um zu erfahren wer 2005 das Stammcockpit bei Williams erhält. Wie siehst Du als erfahrener Pilot diese Situation?

David Coulthard: Es ist niemals einfach als Fahrer vor der Ungewissheit zu stehen, aber es gehört zu unserem Job. Wie in jedem Job ist man ersetzbar und es wird immer jemanden geben der daher kommt und Deinen Platz haben möchte.

Eine ähnliche Situation gab es auch in Deinem Team: Christian und Tonio wussten bis vor einigen Tagen nicht wer die Saison beginnen würde. Wie schwierig war das für die beiden? Kommen die zwei Jungspunde zu "Onkel David" um über ihre Probleme zu sprechen?

David Coulthard: Ich glaube nicht, dass Tonio und Christian davon stark beeinflusst wurden. Sie wissen beide, dass sie ein Teil des Red Bull Teams sind und sie sind beide professionelle Rennfahrer. Also machen sie einfach mit ihrem Job weiter. Die Frage ob einer von beiden nicht für Red Bull fährt stellt sich nicht und sie haben beide noch viel Zeit vor sich um in der F1 zu fahren. Was die Rolle ihres "Onkels" angeht, so glaube ich nicht, dass einer von beiden Probleme hat. Im Gegenteil: Ich habe mit Tonio Meinungen über Gesichtsbehaarung ausgetauscht und dabei hat er mir Rasier-Tipps gegeben!

Bei McLaren hast Du vor jeder Saison davon gesprochen Weltmeister werden zu wollen. Und obwohl dies mit Red Bull Racing in dieser Saison unmöglich sein wird, hast Du vorhergesagt, dass Red Bull Racing eines Tages in der Zukunft erfolgreich sein wird – allerdings weißt Du nicht ob Du dann noch immer beim Team sein wirst. Werden wir Dich irgendwann in den kommenden Jahren wieder im Titelkampf erleben?

David Coulthard: Was hält die Zukunft für uns bereit? Wenn ich nur die Antwort auf diese Frage wüsste... Es gibt keinen Grund für mich mit dem Rennfahren aufzuhören so lange ich die Fähigkeiten und die Motivation dafür habe es gut zu machen.