Giedo van der Garde hat am Mittwochmorgen auf Facebook ein ausführliches Statement veröffentlicht, in dem er die Vertragsquerelen mit Sauber für beendet erklärt. "Wir haben eine Einigung mit Sauber erzielt und mein Fahrervertrag mit dem Team wurde in beiderseitiger Zustimmung beendet", teilt er als Erstes mit.
"Als leidenschaftlicher Rennfahrer fühle ich mich traurig und bin sehr enttäuscht", fährt er fort. "Ich habe meine ganze Karriere lang, seitdem ich mit acht Jahren mit dem Kartfahren begonnen habe, sehr hart gearbeitet, um meinen Traum zu leben und ein erfolgreicher Formel-1-Fahrer zu werden. Ich hatte gehofft, endlich zeigen zu können, wozu ich im Stande bin, indem ich in der Saison 2015 ein Auto eines respektierten Mittelfeldteams pilotiere. Dieser Traum wurde mir genommen und ich weiß, dass meine Zukunft in der Formel 1 vielleicht vorbei ist."
Van der Garde stellt noch einmal klar, warum er den Rechtsstreit anzettelte: "Ich hatte für die gesamte Saison 2015 einen gültigen Fahrervertrag und daran durchsetzbare Rechte." Er habe bis zum vergangenen Samstag in Melbourne sehr hart gearbeitet, um zu bekommen, was ihm zustand. Der Rechtsgang habe jedoch bereits 2014 begonnen und große Mühen verlangt. "Es war nie eine Sache in letzter Minute", stellt van der Garde klar, "aber es ist erst in der vergangenen Woche öffentlich bekannt geworden, als wir versuchten, das Team dazu zu zwingen, die Entscheidung einer Reihe von Justizbehörden und Gerichten zu akzeptieren."
Monisha Kaltenborn, die van der Garde nicht namentlich erwähnt, sondern stattdessen nur von der Teamchefin schreibt, sei felsenfest entschlossen gewesen, ihn nicht fahren zu lassen - trotz seiner Rechte und der Beschlüsse der Gerichte sowie seiner Fähigkeiten als Fahrer. "Ich bin ein Rennfahrer und alles, was ich will, ist, Rennen zu fahren", unterstreicht van der Garde. "Ich werde das nie verstehen. Ich hätte darauf beharren können, aber die Teamchefin hatte eine Entscheidung entgegen meines Vertrags getroffen, dass sie nicht mit mir arbeiten würde und das wurde mir im Paddock in Melbourne schmerzhaft bewusst."
Dennoch ging van der Garde in Australien nicht bis zum Äußersten. "Gegen diesen Entschluss zu kämpfen, hätte das Team stürzen können und es hätte sicherlich den Auftakt-Grand-Prix in Melbourne zerstört, denn die Autos des Teams wären vom Gericht beschlagnahmt worden und das hätte die Karrieren von zwei jungen Fahrern, Marcus Ericsson und Felipe Nasr, ruinieren können. Die Leiter des Teams wären womöglich in Haft genommen worden", argumentiert er. "Ich habe beschlossen, dass ich nicht mit dieser Idee leben will, auch wenn nur das Management des Teams für die bizarre Situation, in der ich mich befand, verantwortlich war."
Sauber mit Sponsorengeld gerettet
Hinter vorgehaltener Hand war immer wieder gemunkelt worden, van der Garde habe sein Cockpit verloren, weil seine Sponsoren nicht die versprochenen Summen zahlten. Dem widerspricht der Niederländer vehement. "Ich möchte deutlich darlegen, dass meine Sponsoren die Sponsoring-Gebühr für die Saison 2015 in der ersten Hälfte von 2014 in Gänze an Sauber gezahlt haben. Dies geschah schlicht in gutem Glauben und um dem Team bei den finanziellen Problemen, die es zu dieser Zeit hatte, zu helfen", stellt er klar. "Effektiv waren es die Vorauszahlungen meines Sponsors, die dem Team dabei halfen, 2014 zu überleben."
Die finanziellen Entscheidungsprozesse des Teams in diesem Fall bezeichnet van der Garde als bizarr, sie würden für ihn keinen Sinn ergeben. Sauber habe erhebliche Ausgleichszahlungen vorgenommen, um den Vertrag mit ihm nicht erfüllen zu müssen. "Nur in dieser Hinsicht kann ich zufrieden sein, dass meine Rechte letzten Endes anerkannt wurden und dass zumindest etwas Gerechtigkeit geleistet wurde."
WEC oder DTM?
Es sei eine schwierige Zeit für ihn gewesen, zumal er mit niemandem über die schwebenden Prozesse habe reden können. Als das Verfahren öffentlich bekannt wurde, hätten ihm viele Fahrer - ob in den Medien oder persönlich - ihre Unterstützung zugesichert. "Das gleiche gilt für mehrere führende Personen im Paddock, Teamchefs und angesehene ehemalige Formel-1-Fahrer eingeschlossen."
Van der Garde stellt klar, dass er mit dem Motorsport noch nicht abgeschlossen hat. "Im Gegenteil: Ich sehe das hier als einen Neuanfang", schreibt er. In den kommenden Wochen werde er mit seinem Management die Pläne für seine Zukunft besprechen. "Ich würde gerne an der WEC und den 24 Stunden von Le Mans in einem LMP1-Boliden teilnehmen. Ehemalige Formel-1-Fahrer schlagen sich in dieser Serie sehr gut. Wir werfen aber auch ein Auge auf andere Serien wie die DTM - ab 2016 und darüber hinaus."
Van der Garde wird auch weiterhin von dem Modeunternehmen McGregor gesponsert werden, die ihn seit seinem Titel in der Formel Renault 3.5 unterstützen. Marcel Boekhoorn, dem unter anderem McGregor gehört und dessen Vermögen auf mehr als eine Milliarde US-Dollar geschätzt wird, ist nicht nur van der Gardes Schwiegervater, sondern auch einer seiner wichtigsten Unterstützer. "Ohne ihn wäre ich nie so weit gekommen", betont van der Garde.
Appell an die Formel 1
Last but not least richtet van der Garde einen Aufruf an Teams, (zukünftige) Fahrer, Manager und Verantwortliche der Formel 1. "Ich hoffe aufrichtig, dass das, was mir passiert ist, eine Bewegung in Gang bringen wird, die darauf abzielt, neue Standards zu setzen und neue Regeln, die die Rechte der Fahrer schützen helfen, eingeführt werden. Ich würde gerne glauben, dass die Werte und Geschäftsethik, die in jedem anderen Geschäft zur Anwendung kommen, in der Formel 1 gleichermaßen durchsetzbar sein sollten", lautet seine Botschaft.
Van der Garde ist davon überzeugt, dass er ohne professionelle Hilfe nun mit leeren Händen dastehen würde. "Es gibt zahlreiche Bespiele von talentierten Fahrern mit guten Absichten, aber ohne die Art von professioneller Unterstützung, die ich hatte, die von der Formel 1 gebrochen wurden und deren Karrieren zerstört wurden", findet er drastische Worte. "Ich hoffe daher, dass mein noch nie dagewesener Fall, der in der letzten Woche vor dem Supreme Court von Victoria in Melbourne verhandelt wurde, als Beispiel dienen wird, um zu illustrieren, was sich ändern sollte und dass neue Regeln eingesetzt werden, um dabei zu helfen, die Rechte der Fahrer zu schützen."
Update
Sauber reagierte am Mittwochnachmittag mit einer Facebook-Nachricht an seine Fans auf das Statement von van der Garde. Auf die Vorwürfe des Ex-Piloten gingen die Schweizer allerdings nicht ein. Man habe sich ziemlich über die Aussagen gewundert. "Wir kennen die Intention von Giedo nicht. Auch wenn er sich gerne als Sieger darstellen möchte, wir hatten eigentlich gehofft, mit der erzielten Einigung zur Ruhe kommen zu können. Das hat Giedo für sich anders entschieden - die Gründe dafür können wir nur schwer nachvollziehen", stellt das Team klar.
"Auch wenn wir auf viele von Giedos Darstellungen und Vorwürfen sehr gut antworten könnten, es würde weder unserem Rennteam, unseren Fans noch unseren Partnern helfen! Einzig würde es eine Schlammschlacht über die Medien füttern. Dafür geben wir uns nicht her", heißt es weiter. Stattdessen gelte die Konzentration und der volle Einsatz dem anstehenden Rennen in Malaysia. "In diesem Sinne möchten wir euch ermutigen, euch euer eigenes durchaus kritisches Bild von der Angelegenheit zu machen. Für uns ist diese Geschichte abgeschlossen und wir freuen uns bereits heute, gemeinsam mit euch kommende Erfolge auf der Rennstrecke zu feiern", schließt die Nachricht an die Fans.
diese Formel 1 Nachricht