Bereits über den Winter hatte sich angedeutet, was am Sonntag in Australien Bestätigung fand: Ferrari hat mit seiner Power Unit einen großen Sprung nach vorne gemacht. Im Rennen schätzte Felipe Massa den Unterschied zwischen seinem Williams und dem SF15-T auf ein paar Zehntel. Diesen Sprung der Scuderia hatte die Mannschaft aus Grove nach den Testfahrten und den Freien Trainings aber bereits erwartet.

Besonders die Power Unit spielt laut der Konkurrenz bei Ferrari eine tragende Rolle - sichtbar am Beispiel Sauber. "Man muss sich nur ansehen, wer heute Fünfter geworden ist - Sauber", so Massa. "Wo waren sie denn letztes Jahr?" Für den Brasilianer ist klar: Der Aufschwung beim Schweizer Team kommt nicht von der Weiterentwicklung des Chassis, sondern zum Großteil von der verbesserten Power Unit. "Dieses Team investiert nicht so viel und sie haben sich deutlich verbessert, daher denke ich, dass es von einem anderen Bereich kommt."

Williams-Performance-Chef Rob Smedley brachte es schließlich auf den Punkt: "Blickt man auf die beiden Teams mit der größten Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr sind das Sauber und Ferrari. Und wo ist der Zusammenhang? Das wissen wir alle", so Smedley. "Es ist recht deutlich, dass die Ferrari-Power-Unit einen großen Schritt nach vorne gemacht hat." Viel eklatanter als die reinen Rundenzeiten ist für Massa aber der Blick auf die Topspeed-Werte: "Wir waren letztes Jahr rund 10 bis 15 km/h schneller als Ferrari und jetzt sind sie auf gleichem Level - wenn nicht sogar etwas schneller als wir." Tatsächlich trennten Massa und Vettel beim Australien GP lediglich 0,3 km/h im Bereich der Top-Speed.

Ferrari hat auf- oder sogar überholt, Foto: Sutton
Ferrari hat auf- oder sogar überholt, Foto: Sutton

Mercedes aktuell unerreichbar

Während Ferrari aber zumindest noch in greifbarer Nähe ist, scheint Mercedes vollkommen enteilt. Im Rennen offenbar nur mit Halbgas unterwegs, zeigten sie der Konkurrenz bereits am Samstag, wie das Kräfteverhältnis wirklich aussieht. "Wenn sie im Qualifying 1,5 Sekunden schneller als der Drittplatzierte sind, gibt es nichts, was ich tun kann", musste Massa ernüchtert eingestehen.

Für den Brasilianer ist klar: Der Unterschied ist schlicht zu groß. Er hofft allerdings inständig, dass der Rückstand wirklich nur durch Chassis und Aerodynamik begründet ist und Mercedes die gleiche Power Unit benützt, die sie auch an ihre Kunden ausliefern. "Aber ich sehe keinen Grund, warum wir die nicht haben sollten. Warum sollte Mercedes schließlich Ferrari helfen wollen", relativierte Massa seine Aussage sofort.

Mercedes fährt in einer eigenen Welt, Foto: Sutton
Mercedes fährt in einer eigenen Welt, Foto: Sutton

Absolute Perfektion

Williams-Performance-Chef Rob Smedley sucht nun verzweifelt nach einer Lösung, die Williams näher an die silberne Konkurrenz heranbringt. Ein Patentrezept wird es aber nicht geben. "Wenn ich die Gründe kennen würde, wären wir nicht 1,5 Sekunden dahinter", lachte der Brite. "Es gibt nicht nur einen Bereich oder einen Knackpunkt. Sie haben schließlich nicht einfach ein Gerät ans Auto gebaut, dass es 1,5 Sekunden schneller macht. Es geht um Perfektion in allen Bereichen und die haben sie erreicht."

Für Smedley ist dies aber kein Grund, zu meckern oder ein langes Gesicht zu ziehen. Stattdessen gibt es Anerkennung für die Konkurrenz. "Sie haben hart gearbeitet und alles richtig gemacht, daher gibt es nun die Belohnung dafür", lobte der Williams-Performance-Chef. Ob Williams diese Perfektion nur durchbrechen kann, sollte sich Mercedes Fehler leisten, wollte Smedley nicht kommentieren. Das sei schließlich auch nicht das Ziel. Williams möchte aus eigener Kraft an die Spitze.

Ziel: Weltmeister werden

Die Spitze ist eindeutig definiert: "Wir wollen die Weltmeisterschaft gewinnen", machte Smedley keine Umschweife. Zuletzt stand Williams 1997 mit Jacques Villeneuve ganz oben auf dem Thron, weitere knappe Titelentscheidungen folgten, fielen aber zu Ungunsten des Teams aus. Nun ist Smedley fest überzeugt, dass die Zeit von Williams gekommen ist - wenn auch nicht sofort.