Ebenso unaufhaltsam wie der Saisonstart immer näher rückt, spult das Toyota Team Woche für Woche unzählige Testkilometer ab. Neben den beiden Einsatzpiloten Ralf Schmacher und Jarno Trulli sowie Ex-Stammpilot Olivier Panis zeichnet auch der Brasilianer Ricardo Zonta für diesen Testmarathon und die Weiterentwicklung des TF105 verantwortlich.

Nach einem harten Testtag auf dem windigen Circuit de Catalunya nahm sich Ricardo dennoch die Zeit um den motorsport-magazin.com Redakteuren Steffen Schaffner und Stephan Heublein in der Toyota-Hospitality Rede und Antwort zu stehen.

Ricardo, ist es für Dich schwierig wieder in den Testalltag zurückzukehren, nachdem Du im letzten Jahr für Toyota Rennen gefahren bist?

Ricardo Zonta: Nein, ich war Testfahrer und bekam die große Gelegenheit einige Rennen zu bestreiten. Und diese Situation war mir auch völlig klar. Als Testfahrer muss ich das Auto weiterentwickeln und versuchen den Wagen so schnell wie möglich zu machen.

In der kurzen Zeit die Du Ralf und Jarno nun erst kennst: Wie ist Dein Verhältnis zu den Beiden?

Ricardo Zonta: Sie sind noch nicht lange im Team und deswegen hatten wir natürlich noch nicht so viele Gelegenheiten viel Zeit miteinander zu verbringen. Denn wenn wir Testen, dann sitzt jeder in seinem Auto und hat viel zu tun, aber im Laufe der Saison werden wir uns sicher noch besser kennen lernen.

Seit dem Launch des TF105 Anfang Januar hattest Du einen sehr voll gestopften Testplan. Wie stark konntet Ihr den Wagen dabei verbessern?

Ricardo Zonta: Wir hatten viel zu tun und versuchen den Wagen immer weiter zu entwickeln. In diesem Jahr spielen allerdings auch die Reifen eine entscheidende Rolle, weswegen wir auch diese weiterentwickeln müssen. Das neue Auto fahren dabei bevorzugt die Einsatzpiloten, da diese sich daran gewöhnen und eine gute Balance finden müssen.

Wenn du jetzt den TF105 mit dem TF104 vergleichst: Wie unterscheiden sich die Autos?

Ricardo Zonta: Natürlich gibt es große Regeländerungen und alle Teams haben deswegen viel Abtrieb verloren. Aus diesem Grund arbeiten wir sehr viel und sehr hart, um das wieder aufzuholen. Da das Auto im letzten Jahr nicht so gut funktionierte, arbeiten nun alle in der Fabrik in Köln-Marsdorf besonders hart um die Probleme aus dem letzten Jahr zu beseitigen und das neue Auto noch stabiler zu machen und es besser auszubalancieren.

Die neuen Regeln helfen Euch also dabei das letztjährige Auto zu verbessern...

Ricardo Zonta: Wir mussten ein komplett neues Auto bauen, um den Grip-Level des letzten Jahres beizubehalten. Da wir aufgrund der neuen Aerodynamikbestimmungen viel Abtrieb verloren haben, müssen wir aber auch weiterhin noch viel Arbeit erledigen, weswegen wir auch jetzt noch neue Teile für Melbourne testen.

Jarno Trulli beklagte sich nach dem letzten Test darüber, dass sich der TF105 beinahe wie sein alter Jordan verhalten habe. Du bist unseres Wissens den gleichen Jordan gefahren. Hattest Du die gleichen Probleme die Hinterreifen auf Temperatur zu bringen?

Ricardo Zonta: Natürlich ist es schwierig, besonders für ihn, da er von einem anderen Team gekommen ist und sich beinahe alles verändert hat. Etwa die Reifen oder die Aerodynamik, einfach alles. Wenn man sich dann ins Auto setzen muss, kann das anfangs schon ein großes Problem sein.

Die Tatsache, dass sich das Auto nicht so gut anfühlt liegt also hauptsächlich an den Regeländerungen?

Ricardo Zonta: Ja, der Hauptgrund sind die Regeländerungen.

Wie verlief Dein Testtag heute?

Ricardo Zonta: Er war sehr gut. Wir hatten ziemlich viel zu tun, da wir Long Runs gefahren sind. Da wir unser gesamtes Programm absolviert haben, konnten wir sogar etwas eher aufhören.

Du bist aber im alten Auto ohne das neue Aerodynamikpaket gefahren...

Ricardo Zonta: Ja, den TF104 mit den Aerodynamikmodifikationen für 2005.

Und was hältst Du von den Änderungen am neuen TF105?

Ricardo Zonta: Das kann ich noch nicht sagen. Um wie viel besser das Auto ist, werden wir erst nach dem Meeting heute und den nächsten Tests wissen.

Du hast in den vergangenen Monaten auch viele Regenreifentests für Michelin absolviert. Habt Ihr Euch auf diesem Gebiet verbessert?

Ricardo Zonta: Ich glaube, dass wir bei den letzten Tests in Valencia und Jerez gute Arbeit geleistet haben. Aber wir wissen natürlich dennoch nicht, wo wir im Vergleich zur Konkurrenz stehen. Im Vergleich zum letzten Jahr haben wir uns aber auf jeden Fall verbessert.

Nur der Michelin-Wassertanker hätte etwas mehr Grip vertragen können, da er im Kiesbett landete...

Ricardo Zonta: [grinst] Das ist richtig.

Die Reifen sind ein gutes Stichwort. Denn in diesem Jahr gibt es neue Reifenregeln. Werden diese die Rennen verändern?

Ricardo Zonta: Auf jeden Fall, sogar stark. Wir haben zudem ja noch neue Motorenregeln, die schon bei den Tests zu einigen Problemen geführt haben und das wird im Rennen noch schlimmer werden. Was die Reifen angeht, so haben wir sehr viele Tests bestritten, weswegen wir zuversichtlich sind, dass sie bis zum Ende des Rennens halten werden. Aber wir wissen noch nicht genau wie nah wir an den anderen dran sein werden.

Wie wirkt sich die Zwei-Wochenend-Motoren-Regel auf Toyota aus?

Ricardo Zonta: Bei den letzten Tests hatten wir mit beiden Autos keine Probleme. Und obwohl dies hier eine sehr schwierige Strecke für die Motoren ist, haben wir keinerlei Probleme. Wir sind mit den Veränderungen die wir vorgenommen haben sehr zufrieden.

Man kann also sagen, dass die Motoren für Toyota das geringste Problem darstellen...

Ricardo Zonta: Es kommt immer alles zusammen. Es liegt nicht nur am Motor oder der Aerodynamik oder der Aufhängung. Wir müssen fortlaufend hart arbeiten und versuchen alles zu verbessern.

Wie verändert sich das Fahrverhalten der Autos durch die Aerodynamikbeschneidungen der neuen Regeln?

Ricardo Zonta: Man hat ganz einfach weniger Grip.

All diese Regelfragen zeigen, dass es in dieser Saison wieder extrem viele Regeländerungen gibt. Glaubst du, dass dies notwendig ist jedes Jahr auf´s Neue alles zu verändern?

Ricardo Zonta: Ich weiß nicht...

Und verfolgst Du die vielen Diskussionen rund um die Regeländerungen in den Medien? Etwa die Vorschläge für neue Regeln ab 2008?

Ricardo Zonta: Das ist schwierig zu sagen. Sie möchten, dass die Autos enger beieinander liegen und mehr überholen. Aber ich glaube, dass die Veränderungen aus diesem Jahr noch nicht genug sind um mehr Überholmanöver zu erreichen. Stattdessen werden die Autos langsamer sein und aufgrund der Zuverlässigkeitsprobleme ausfallen.

In diesem Zusammenhang ist es schon etwas merkwürdig, dass über die Regeln für 2006 und 2008 gesprochen wird, die Regeln für die anstehende Saison 2005 aber noch nicht klar sind. Etwa die Unklarheiten bei den Reifenregeln.

Ricardo Zonta: Wenn man einen Reifenschaden hat, darf man den Reifen wechseln. Aber wenn man gerade einen Boxenstopp macht, muss man noch mal reinkommen. Mehr weiß ich auch nicht.

Jedes Jahr gibt es die gleiche Frage: Was erwartest Du von der anstehenden Saison?

Ricardo Zonta: Wir haben gute Fahrer und erwarten eine Menge von ihnen für unsere vierte Saison.

Wenn es nach dem Toyota Fünf-Jahresplan geht, dann müsste man im nächsten Jahr dazu in der Lage sein um den WM-Titel mitfahren zu können. Davon ist Toyota derzeit weit entfernt. Was glaubst Du wie schnell man die Lücke zu den Top Teams schließen kann?

Ricardo Zonta: Wir können die Lücke durchaus in einem Jahr schließen. Schauen wir uns doch nur einmal B·A·R an. Sie haben im letzten Jahr eine Sekunde gefunden und waren bei fast allen Rennen auf dem Podest. Wenn wir das Beste aus unseren Möglichkeiten herausholen, können auch wir dorthin kommen.

Wer wird in diesem Jahr um den WM-Titel kämpfen?

Ricardo Zonta: Ich denke Ferrari, McLaren und Renault. Sie waren bei den Tests am schnellsten. Wir wissen natürlich nicht mit wie viel Sprit sie gefahren sind. Auf neuen Reifen sind auch wir nah an ihnen dran, aber auf gebrauchten Reifen müssen wir noch mehr aufholen.

Und wer werden die Hauptkonkurrenten von Toyota sein?

Ricardo Zonta: Da müssen wir zuerst das erste Rennen in Melbourne abwarten. Bei den hinteren Punkteplätzen wird es sehr stark darauf ankommen eine gute Zuverlässigkeit zu besitzen.

Du gehörst jetzt schon seit einigen Jahren zum Team: Wie hat sich die Verpflichtung von Mike Gascoyne ausgewirkt?

Ricardo Zonta: Er pusht das Team sehr stark und kann dem Team mit seiner ganzen Erfahrung sehr viel weiterhelfen.

Toyota spult jede Woche unzählige Testkilometer ab. Kannst Du Dich aus der Sicht eines Testfahrers mit der Idee einer Testbeschränkung anfreunden?

Ricardo Zonta: Nein.

Glaubst Du, dass die Teams eine Lösung für dieses Test-Problem finden werden?

Ricardo Zonta: Das kommt darauf an, ob sich die Teamchefs einigen können.

Und im Hinblick auf Deine Zukunft: Werden wir Dich irgendwann wieder einmal Rennen bestreiten sehen?

Ricardo Zonta: Vielleicht. Mein Vertrag bei Toyota läuft bis zum Ende dieser Saison.

Entweder oder...

Zum Abschluss unseres Interviews musste sich Ricardo noch unserem motorsport-magazin.com Entweder oder Spiel stellen.

Hierzu präsentierten wir ihm zehn Begriffspaare von denen er jeweils den für ihn zutreffenden Begriff auswählen musste.

zur motorsport-magazin.com Entweder oder Karte von Ricardo Zonta

Als erstes Wortpaar fragen wir nach Monaco oder Bahrain? Ricardo entscheidet sich ohne zu Zögern für den Wüsten-GP. Bei der Frage nach wet or dry ist sich der Brasilianer ebenfalls sicher: Er stimmt für trockene Wetterverhältnisse.

Überraschendes kommt beim nächsten Begriffspaar zum Vorschein: Ricardo fährt lieber mit Traktionskontrolle als ohne. Beim schwarzen Gold wählt er aber anstelle der Rillenreifen wieder die erwarteten Slicks.

Als Rennfahrer zieht er zudem jeden Podestplatz einer Pole Position vor. Und als Testfahrer stimmt er für eine Testbeschränkung, so fern es denn auch alle machen.

Die neuen V8 Motoren haben bei Zonta im Vergleich mit den aktuellen V10-Herzen aber keine Chance. Und auch Pressekonferenzen würde er sofort gegen ein Photoshooting eintauschen.

Bei der Frage nach der Mutprobe Eau Rouge oder der Indy-Steilwand Kurve muss er sich hingegen erst vergewissern, was genau Indy Turn One ist, bevor er zustimmend nickt und mit dem silbernen Kugelschreiber die belgische Mutkurve unterstreicht. Beim letzten Begriffspärchen lässt er den Stift jedoch lächelnd stecken: Bernie or Max bleibt unbeantwortet...