Die FIA hat im Zuge der neuen Superlizenzpunkte eine Liste mit der Wertigkeit verschiedener Rennserien veröffentlicht. Diese ist ein Schlag ins Gesicht für Renault, den Veranstalter der World Series, der zwei Formelserien angehören, die das neue Punktesystem angreift. Ein Titel in der Formel Renault 3.5, die als Alternative zur GP2 gilt, wird von der FIA als weniger wertvoll angesehen als ein Titel in der Formel 3 Europameisterschaft. Die Formel Renault 2.0, vergleichbar mit der Formel 3, wird nach dem neuen System noch unter den nationalen Formel-4-Meisterschaften angesiedelt.

Das Manöver ist für viele durchschaubar: Die FIA will die eigenen Meisterschaften pushen. "Das ist ganz klar ein politisches Manöver", poltert der Teamchef eines großen Teams aus mehreren Rennserien, der seinen Namen nicht nennen will, gegenüber Autosport. "Sie wollen ganz klar die Anzahl der Meisterschaften reduzieren. Anders kann ich mir die Diskrepanz zwischen der 3.5 und der GP2 nicht erklären."

In der Tat fällt der herausgehobene Stellenwert der von der FIA geförderten Meisterschaften Formel 4, Formel 3 und GP2 auf: So wird die GP2 ganz klar herausgehoben und wird als wertvoller angesehen als ein LMP1-Meisterschaftsgewinn. Selbst die deutlich schnelleren IndyCars stehen in ihrer Wertigkeit weiter unten. Ganz schlecht weg kommt neben den Renault-Klassen die japanische Super Formula (ehemals Formel Nippon), die nur halb so viel wert ist wie die Formel 3, trotz früherer Formel-1-Piloten.

WSbR-Meister Sainz: Red Bull bildet seine Nachwuchsfahrer seit Jahren bei Renault und nicht in der GP2 aus, Foto: Sutton
WSbR-Meister Sainz: Red Bull bildet seine Nachwuchsfahrer seit Jahren bei Renault und nicht in der GP2 aus, Foto: Sutton

Gespräche gefordert

Strakka-Racing-Teamchef Dan Walmsley, DAMS-Boss Jean-Paul Driot und Renault selbst äußerten sich gegenüber Autosport. "Die Formel Renault 3.5 ist eine bewährte Nachwuchsrennserie für die Formel 1 und hat einen beträchtlichen Mehrwert gegenüber einer Formel-3-Meisterschaft", so Walmsley. "Es könnte für uns schwerer werden, Fahrer anzulocken."

Schwer getroffen: Die Formel Renault 2.0 soll weniger wert sein als die Formel 4, Foto: Lukas Gajewski
Schwer getroffen: Die Formel Renault 2.0 soll weniger wert sein als die Formel 4, Foto: Lukas Gajewski

Renault selbst reagiert besonnen auf das Punktesystem, das nicht wenigen Meinungen zufolge gegen sie gerichtet ist: Man werde "alle Anstrengungen unternehmen, um unsere Meisterschaften zu verteidigen." Außerdem fordert Renault Gespräche mit der FIA. Diese verlangt auch Driot: "Ich denke, es sollte eine objektive Diskussion mit den Promotern dieser Meisterschaften geben, um einen zufriedenstellenden Konsens darüber zu erreichen, was getan werden muss. Alle müssen sich an einen runden Tisch setzen und mit einer gemeinsamen Lösung kommen. Das ist die einzige Möglichkeit, wie das funktionieren kann."

Reaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Ein übliches Problem, wenn eine mit Macht ausgestattete Instanz ihre eigenen Interessen über die objektive Realität stellt. Die GP2 hat ein gewaltiges Problem, weil ihre Meister keinen F1-Stammfahrerplatz mehr bekommen. Das liegt einerseits an den finanziellen Problemen in der Formel 1 und andererseits an der Tatsache, dass viele Fahrer mittlerweile vier bis fünf Jahre in der GP2 verbringen. Statt die wirklichen Probleme anzugehen, wird ein Gewaltakt versucht, die anderen Serien zu schwächen. Doch gegen diese Macht anzukämpfen wird schwierig, denn Renault hätte bei Verhandlungen nur ein Druckmittel: Einen F1-Ausstieg gegen den eigenen Willen. (Heiko Stritzke)

Übersicht: Alle Lizenzpunkte auf einen Blick

Meisterschaftsplatzierung1.2.3.4.5.6.7.8.9.10.
GP2504030201086432
F3 Europameisterschaft40302010864321
LMP1 der WEC40302010864321
IndyCar40302010864321
GP330201510753210
Formel Renault 3,530201510753210
Japanische Super Formel 2015107532100
Nationale F4 Meisterschaften 10752100000
Nationale F3 Meisterschaften 10752100000
Formel Renault (Eurocup, ALPS, NEC) 5310000000