Er hat geschafft, woran sogar so mancher GP2-Champion scheitert: Raffaele Marciello hat einen Platz in der Formel 1 gefunden. Zwar vorerst als Test- und Reservefahrer, aber immerhin konnte er bei Sauber den Fuß in die Tür setzen. Der Italiener folgt damit Felipe Nasr aus der GP2 direkt nach Hinwil, allerdings hat er bislang nur eine GP2-Saison hinter sich im Gegensatz zu Nasr, der nach seinem dritten Jahr den Aufstieg zu Sauber schaffte. Marciellos Markenzeichen ist der überlegene Gewinn der Formel-3-Europameisterschaft 2013 mit 13 Siegen aus 30 Rennen. Um dorthin zu kommen musste er aber den einen oder anderen Umweg nehmen - bis ans Ende der Welt.

Wie die allermeisten begann der seit zwei Wochen 20-Jährige seine Karriere im Kartsport. Er gewann mehrere Cups und nationale Meisterschaften und wurde in der CIK-FIA-Europameisterschaft 2009 Vierter. Von da an konzentrierte er sich auf seine Monoposto-Karriere. Zunächst 2010 in der Formel Abarth, danach folgte ein Jahr in der mittlerweile eingestellten italienischen Formel 3. Hier stieß er - nun als Mitglied der Ferrari Driver Academy - erstmals zum Prema Powerteam, mit dem er später seinen größten Erfolg feiern sollte.

Mit seiner Formel-3-Saison 2013 erregte Marciello viel Aufmerksamkeit, Foto: FIA F3
Mit seiner Formel-3-Saison 2013 erregte Marciello viel Aufmerksamkeit, Foto: FIA F3

Vom Ende der Welt zum Europameister

2012 begann mit einer Weltreise: Um die Winterpause zu überbrücken, trat Marciello in der Toyota Racing Series in Neuseeland an, die für ihn aber enttäuschend endete. Für die Hauptsaison 2012 stieg er erstmals in eine internationale Formel-Meisterschaft ein und bestritt mit dem Prema Powerteam die Formel 3 Euroserie, von der viele Läufe zur neu geschaffenen Formel-3-Europameisterschaft zählten.

Bis dahin war der italienische Heißsporn immer vorne mit dabei, doch der ganz große Wurf wollte einfach nicht gelingen: Dritter in Formel Abarth 2010 und in der italienischen Formel 3 2011, in der Formel 3 Euroserie holte er 2012 ebenfalls Platz drei, in der Europameisterschaft Platz zwei, beim Masters in Zandvoort wurde er ebenfalls Zweiter. Es schien, als wolle sich einfach kein Titel einstellen. Das änderte sich dann 2013, als er seine zweite Saison in der nun komplett in Formel 3 Europameisterschaft umbenannten F3-Topkategorie den Titel holte und die Saison dominierte. Einzig in Macau wollte es nicht klappen: Von der Pole Position fiel Marciello im Qualifikationsrennen auf Rang drei zurück, im Hauptrennen schied er aus.

Formel-1-Luft konnte Raffaele Marciello bei den Testfahrten in Abu Dhabi sammeln, Foto: Sutton
Formel-1-Luft konnte Raffaele Marciello bei den Testfahrten in Abu Dhabi sammeln, Foto: Sutton

Schwieriges GP2-Debütjahr

Sein erstes Jahr in der GP2 bei Racing Engineering war von viel Pech begleitet: Sechs Ausfälle in 22 Rennen, dazu wurde der aggressiv zu Werke gehende Marciello immer wieder in Kollisionen verwickelt, die ihn zurückwarfen. Nach drei fürchterlichen Wochenenden machte er auf dem Red Bull Ring mit zwei dritten Plätzen erstmals auf sich aufmerksam. Es sollte ein Auf und ab werden: Dem Doppelpodium folgte wieder eine Durststrecke, die in Belgien abrupt endete: Marciello setzte sich im Reifenpoker durch und gewann das Hauptrennen, nur um tags darauf im Sprintrennen wieder ohne Punkte nach Hause zu gehen. Ein weiteres Podium konnte er in Russland einfahren.

Marciello gilt als äußerst talentiert und fiel durch eine Reihe spektakulärer Überholmanöver in der GP2 auf. Bisweilen gilt er aber als draufgängerisch. In seiner Position bei Sauber wird er in erster Linie Simulatorarbeit erledigen. Seinen Einstand in einem Formel-1-Auto feierte er jüngst bei den Testfahrten 2014 in Abu Dhabi. Im Ferrari F14T war er als Zweitschnellster eine halbe Sekunde langsamer als Pascal Wehrlein im Mercedes W05.