Am Rande des US Grand Prix machte ein ungeliebtes Wort die Runde: Boykott. Angeblich zogen Lotus, Sauber und Force India in Betracht, das Rennen in Austin abzusagen. Eine Drohgebärde angesichts der finanziellen Schieflage, in der sich die Formel 1 aktuell befindet. Die meisten Verantwortlichen taten dies als reine Spekulation ab. Keines der Teams sei in dieser Angelegenheit direkt auf Bernie Ecclestone zugekommen, versicherte der F1-Boss. "Nein, überhaupt nicht", so Ecclestone gegenüber Sky Sports. "Zu ihrem Glück ist das nicht passiert. Was mich angeht, würde ihnen das schaden."

Schaden - dieses Wort hörte man zuletzt häufig im Fahrerlager. Hinter den Kulissen brennt es gewaltig. Es herrscht akuter Handlungsbedarf, um die Saison nach den Insolvenzfällen von Marussia und Caterham halbwegs unbeschadet über die Bühne zu bringen. Die kleineren Teams, in diesem Fall Lotus, Sauber und Force India, wollen einen größeren Anteil an den Einnahmen aus dem Topf der Fernseh- und Eintrittsgelder. Sollten die Verantwortlichen nicht bald eine Lösung anbieten, könnte es böse enden.

Einnahmen abgeben? Keine Option für die Großen, Foto: Sutton
Einnahmen abgeben? Keine Option für die Großen, Foto: Sutton

Boykott-Drohung angedeutet

Zumindest machte Gerard Lopez nach dem Rennen in Texas gewisse Andeutungen, die die Alarmglocken schrillen lassen sollten. Halbwegs versöhnlich - und gleichzeitig fordernd - sagte der Lotus-Boss: "Ich denke, dass es einen Weg gibt, um das in den kommenden Tagen zu lösen. Vielleicht bekommen wir noch vor Brasilien einen Vorschlag. In diesem Fall sehe ich keinen Grund, etwas Drastisches zu unternehmen, dass dem Sport schaden würde." Lopez sprach das Wort nicht direkt aus, doch alle Anzeichen deuten auf einen potenziellen Boykott in Interlagos oder beim Finale in Abu Dhabi hin.

Ob die großen Teams, also Ferrari, McLaren und Red Bull, wirklich einen Teil ihrer Einnahmen abgeben, ist alles andere als sicher. Zuletzt wehrten sich die Teamchefs gegen eine solche Möglichkeit. Tenor: In der Formel 1 gehe es um den Wettbewerb und nicht darum, andere Teams zu unterstützen. Statt eigenes Geld abzutreten, sei der Rechteinhaber CVC gefordert, einen Teil seines Profits abzugeben. Davon würden auch die kleineren Teams profitieren, ohne dass die Big Player Einbußen hinnehmen müssten.

Wird das Starterfeld noch überschaubarer?, Foto: Sutton
Wird das Starterfeld noch überschaubarer?, Foto: Sutton

Nur ein wenig guter Wille...

Das ist alles jedoch einfacher als gesagt. Bestehende Abkommen und Verträge könnten die prekäre Angelegenheit in die Länge ziehen. Eine schnelle Lösung hat aktuell offenbar niemand parat. Dabei sei alles gar nicht so schwierig, meinte Lopez. Er wolle den großen Teams schließlich nicht die Hosen ausziehen. "Um ehrlich zu sein, ist das alles nicht so kompliziert", sagte er. "Es fordert nur ein wenig guten Willen. Bei der Gesamtsumme, von der wir sprechen, geht es nicht um die Hälfte, ein Drittel, oder so etwas." Aufgeteilt auf mehrere Teams, sei die abzutretende Summe durchaus überschaubar.

Toto Wolff nahm 'sein' Mercedes aus der direkten Schusslinie, regte aber zum Gespräch an. "Es ist die Angelegenheit der Teams, das mit Bernie zu besprechen", so der Mercedes-Motorsportchef. "Und wenn die so genannten größeren Teams etwas tun können, dann sollten wir uns an einen Tisch setzen und darüber reden. Wir befinden uns heute in einer Situation, die nicht gut ist. Zwei der kleinen, neueren Teams sind weg und ein paar andere haben Probleme." Wolff weiter: "Ich denke nicht, dass Mercedes das Hauptziel ist. Wir sind weit entfernt von dem, was einige der anderen Teams bekommen. Aber schauen wir mal, was Bernie einfällt."

Die Formel 1 steckt voll in der Finanz-Krise, Foto: Sutton
Die Formel 1 steckt voll in der Finanz-Krise, Foto: Sutton

Bernie: Das bekommen wir in den Griff

Ecclestone selbst war zuversichtlich, eine Lösung für das Finanzproblem der kleineren Teams zu finden: "Wir können das auf jeden Fall in den Griff bekommen", sagte er in Austin. "Das ist auch schon in der Vergangenheit geschehen, wenn Dinge passiert sind. Wir schaffen das." Möglicherweise sei es an der Zeit, das Zahlungs-System der Formel 1 zu überdenken.

Teams wie Ferrari kassieren Millionen allein dafür, dass sie schon so lange der F1 angehören. Das sorgt natürlich für Unmut bei Teams, die Monat für Monat ums Überleben kämpfen. Ecclestones Worte dürften bei Sauber und Co. gut angekommen sein - jetzt müssen allerdings Taten folgen. Bis zum nächsten Rennen in Brasilien sind nur wenige Tage Zeit.

"Wir drei Teams haben miteinander gesprochen und sind uns einig", sagte Monisha Kaltenborn, eine Verfechterin der Kostendeckelung. "Niemand verlangt hier etwas Unangemessenes. Wir müssen verstehen, dass sich die Zeiten geändert haben und auch das Level, um in die Formel 1 einzusteigen. Früher gab es einen Grund für das System, aber jetzt haben sich die Dinge geändert. Also muss man das überdenken. Wir alle haben zu viel investiert, um es einfach im Sande verlaufen zu lassen. Die Zeiten, in denen sich ein paar Leute trafen und von Strecke zu Strecke zogen, sind längst vorbei."