Wie geht es Jules Bianchi?

Nach außen dringen Informationen über Jules Bianchis Gesundheitszustand nur sehr spärlich. Zu Beginn war nur klar, dass der Franzose nicht bei Bewusstsein war, als er abtransportiert wurde. Inzwischen hat die FIA ein Statement veröffentlich. Darin heißt es, bei einer Computertomographie wären schwere Kopfverletzungen festgestellt worden. Bianchis Vater sprach in einem Interview von einem Schädel-Hirn-Trauma.

Bianchi wurde oder wird noch im Mie General Hospital operiert. Anschließend soll er auf die Intensivstation verlegt werden. Sobald es neue Erkenntnisse gibt, will das Krankenhaus darüber Auskunft geben. Solange sind alle weiteren Informationen über den Gesundheitszustand Spekulation.

Wie kam es zu dem Unfall?

Bei dem schlimmen Unfall von Jules Bianchi trafen zwei Unglücksfaktoren aufeinander:

Erstens: Der Regen. In der Schlussphase des Rennens prasselte der Regen wieder heftiger auf den Suzuka International Racing Course. Damit stieg das Risiko für Aquaplaning, speziell für jene Piloten, die noch auf den Intermediates unterwegs waren. Dieser Umstand führte schließlich auch dazu, das Bianchi die Kontrolle über seinen Marussia verlor.

Taifun Phanfone brachte sintflutartigen Regen nach Suzuka, Foto: Sutton
Taifun Phanfone brachte sintflutartigen Regen nach Suzuka, Foto: Sutton

Zweitens: Der Abschleppkran. Ein Abflug samt Einschlag in die Mauer allein hätte für Bianchi wohl kaum dramatische Folgen gehabt. Doch kurz vor dem Franzosen war bereits Adrian Sutil an der identischen Stelle abgeflogen. Weil die Bergungsfahrzeuge bereits vor Ort waren, um den havarierten Sauber zu beseitigen, kam es zum großen Unglück. Bianchi prallte mit voller Wucht auf den Kran. Und das an der schlimmsten Stelle: Er erwischte das Heck des Fahrzeugs, sodass der Marussia unter den Kran schoss und Bianchis Helm mit voller Wucht auf den Kran prallte.

Warum flog Sutil ab?

Gegen Rennende nahm der Regen in Suzuka wieder zu. In der 42. Runde verlor Adrian Sutil die Kontrolle über seinen Boliden, drehte sich und krachte mit seinem Sauber in die Reifenstapel der Auslaufzone von Kurve 7. "Als der Regen stärker wurde und die Sicht schlecht, habe ich das Auto aufgrund von Aquaplaning verloren", schilderte Sutil.

Hätte das Rennen früher gestartet werden müssen?

Die Taifun-Warnung gab es schon länger. Klar war, dass der Taifun Suzuka frühestens am Montagnachmittag erreichen wird, starke Regenfälle aber schon früher kommen. Deshalb wollten einige, dass der Start nach vorne verlegt wird. Zeit wäre gewesen, denn um in Europa zu einer besseren Uhrzeit zu fahren, startet das Rennen ohnehin eine Stunde später als normal - also um 15:00 statt 14:00 Uhr.

Doch die FIA blieb bei der anvisierten Startzeit. Die Fans hätten sonst nicht rechtzeitig an die Strecke kommen können, hieß es. Am Regen hätte auch eine frühere Startzeit nichts geändert, denn schon am Morgen schüttete es wie aus Eimern. Allerdings wäre es beim Rennen heller gewesen. Durch die Verzögerungen beim Rennen wurden die letzten Runden schon bei leichter Dämmerung zurückgelegt. "Am Ende, als es dunkel wurde, konnte man die Pfützen nicht mehr sehen und deshalb bin ich abgeflogen", erklärte Adrian Sutil später. "Und bei Jules Bianchi war es genauso", fügte er hinzu.

Hätte das Rennen vor dem Unfall abgebrochen werden müssen?

Der Regen nahm zum Rennende hin wieder spürbar zu, gleichzeitig wurde es dunkel. Felipe Massa beklagte sich noch im Cockpit vehement über die Bedingungen. "Ich habe schon fünf Runden zuvor am Radio geschrien, dass zu viel Wasser auf der Strecke steht. Aber sie wollten noch weiterfahren und das war gefährlich", so der Brasilianer. Auch Adrian Sutil war der Meinung, man hätte nach seinem Unfall zumindest das Safety-Car auf die Strecke schicken können. Einen Vorwurf macht er der Rennleitung aber nicht. "Im Nachhinein ist man immer schlauer."

Das Safety-Car kam erst nach dem Crash von Bianchi auf die Strecke, Foto: Sutton
Das Safety-Car kam erst nach dem Crash von Bianchi auf die Strecke, Foto: Sutton

Niki Lauda nahm die Rennleitung hingegen in Schutz: "Der Unfall von Sutil war weit von der Ideallinie weg und unter normalen Umständen würde man darüber nicht diskutieren. Das Auto wurde richtig abtransportiert und die Stelle, wo havarierte Autos abgesetzt werden, war sehr nah. Aus diesem Gesichtspunkt war die Entscheidung richtig, aber wenn Sie mich jetzt fragen, war sie am Ende falsch."

Wie reagierte der Formel-1-Paddock auf den Unfall?

Die Formel-1-Welt steht unter Schock. Schon auf dem Podium waren die Fahrer zurückhaltend, wussten, dass etwas Schlimmes passiert sein musste. Bald darauf wurden die meisten Pressetermine der Rennställe kurzerhand abgesagt. Ferrari-Teamchef Marco Mattiacci und Williams-Pilot Felipe Massa brachen sofort ins Krankenhaus auf, um sich über den Gesundheitszustand von Bianchi zu erkundigen.

"Es stellt alles andere in den Schatten, wenn einer deiner Kollegen verletzt wird. Wir alle beten für ihn", sagte der sichtlich betroffene Lewis Hamilton. Niemand bei Mercedes feierte den achten Doppelsieg der Saison. "Zu diesem Zeitpunkt zählt nur, dass Jules Bianchi okay ist und er sich wieder erholt", betonte Toto Wolff. "Im Vergleich dazu ist der Sport im Moment nicht wichtig."

Warum weckt es bei Marussia schlimme Erinnerungen?

Für Marussia war der Unfall von Bianchi ein schreckliches Déjà-vu. Vor anderthalb Jahren kollidierte Testfahrerin Maria de Villota bei einem Aerodynamiktest in Duxford mit der heruntergelassenen Laderampe eines Team-Trucks. Auch ihr Auto rutschte unter das viel größere Gefährt. Dabei zog sie sich schwere Kopf- und Gesichtsverletzungen zu.

De Villota erlitt unter anderem einen Schädelbruch und verlor ihr rechtes Auge sowie den Geruchs- und Geschmackssinn. Vor fast genau einem Jahr verstarb de Villota wohl an den Spätfolgen des Unfalls. Das war ausgerechnet im Rahmen des Japan GP 2013 in Suzuka. Ein Jahr vor dem schweren Unfall von Bianchi an gleicher Stelle.

Fakten zum Bianchi-Unfall

  • Sutil fliegt in Runde 41 in Kurve 7 ab
  • Sutils Auto wird geborgen. Gelbe Flaggen geschwenkt
  • In Runde 42 fliegt auch Bianchi in Kurve 7 ab
  • Das Auto kollidiert mit wahrscheinlich noch hoher Geschwindigkeit mit dem Bergungstraktors
  • Das Auto rutscht unter das Heck des Traktors
  • Die Front, die linke Seite und das komplette Heck des Autos sind zerstört
  • Bianchis komplette Airbox ist zerstört
  • Der Franzose ist nicht bei Bewusstsein
  • Bianchi wird von den Ärzten aus dem Wrack geborgen
  • Transport per Krankenwagen ins 15 Minuten entfernte Mie General Hospital
  • Rettungshubschrauber kann nicht starten, weil Nebel am Landeort
  • Das Rennen wird abgebrochen
  • Bianchi wird mit schweren Kopfverletzungen notoperiert
  • Nach der Operation soll er ohne künstliche Beatmung auskommen
  • Zweiter ähnlich gearteter Unfall für Marussia nach Maria de Villota
  • Formel-1-Fahrerlager im Schockzustand
  • Massa, Maldonado und Mattiacci fuhren ins Krankenhaus