Von wegen: Feierstimmung. Sebastian Vettel freute sich nur sehr bedingt über seinen Podiumsplatz beim Kanada Grand Prix. Der Weltmeister nutzte stattdessen die Gelegenheit, um auf die Pauke zu hauen und seinem Unmut über die aktuelle Situation freien Lauf zu lassen. "Dass mit unserer Gurke auf der Geraden nichts geht, ist einfach frustrierend", schimpfte der Weltmeister über den fehlenden Speed seines Red Bull. "Entschuldigung, aber das muss man mal so sagen."

Öffentliche Kritik am eigenen Team ist man von Vettel eigentlich nicht gewohnt, doch dem Star der Mannschaft dürfte nicht geschmeckt haben, dass Teamkollege Daniel Ricciardo wieder einmal vor ihm selbst landete - und gleichzeitig den ersten Sieg des Weltmeister-Teams in dieser Saison einfuhr.

Kein Vorbeikommen: Vettel hinter Hülkenberg, Foto: Sutton
Kein Vorbeikommen: Vettel hinter Hülkenberg, Foto: Sutton

Kritik am eigenen Team

Außerdem hätte er sich vom Kommandostand mehr Unterstützung gewünscht. "Ich bin sehr angefressen, weil die Strategie mich über das Knie gelegt hat", polterte Vettel. "Denn um Zweiter oder Dritter zu werden, bin ich nicht da. Ich habe mein Rennen verloren und den Sieg hergeschenkt, weil uns nichts Cleveres eingefallen ist. Da hätten wir besser reagieren können."

Vor allem die Situation mit Landsmann Nico Hülkenberg war schwierig. Der Force-India-Pilot ließ Vettel mit seiner Mercedes-Power auf der Geraden geradezu stehen - kein Vorbeikommen für Vettel, der zum fünften Mal hinter Ricciardo über die Ziellinie fuhr. "Es ist frustrierend, wenn man 50 Runden hinterherfährt, versucht, etwas Cleveres zu überlegen, sich zurückfallen lässt, die Reifen schont, sich herankämpft - und das aber alles nichts bringt, weil die Power fehlt. Obwohl der Sieg in Reichweite war", legte Vettel frustriert nach.

Wie geht es jetzt bei Red Bull weiter?, Foto: Sutton
Wie geht es jetzt bei Red Bull weiter?, Foto: Sutton

Frust wegen fehlender Power

Der Vierfach-Champion weiß: Die beiden Podiumsplatzierungen von Red Bull in Montreal spiegeln nicht die wahren Kräfteverhältnisse wider. Schon beim nächsten Rennen in zwei Wochen - Red Bulls Heimspiel in Österreich - könnte sich die fehlende Motorpower wieder stärker bemerkbar machen als auf den verwinkelten Kanada-Kurs.

Offenbar war es vor dem wichtigen Rennen für Vettel an der Zeit, deutlich auf die Missstände aufmerksam zu machen. "Ohne die Probleme von Force India wären wir auch zum Ende nicht vorbeigekommen", relativierte Vettel die Leistung des eigenen Teams. "Das ist natürlich schade, denn ich hatte mir gewünscht, dass uns etwas Cleveres mit der Strategie einfällt."

Vettel freut sich über Ricciardos Sieg - hätte ihn aber lieber selbst gehabt, Foto: Sutton
Vettel freut sich über Ricciardos Sieg - hätte ihn aber lieber selbst gehabt, Foto: Sutton

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Harte Worte von Vettel. Wieder einmal hat der Champion die Gurke ausgepackt - Narain Karthikeyan wird sich noch erinnern können - und damit um sich geschlagen. Vettel ist unzufrieden und macht seinem Ärger Luft. Er weiß, dass das Doppelpodium nur eine Momentaufnahme war - schon am Red Bull Ring könnte es wieder ganz anders laufen. Wie es sich für einen Leader gehört, macht er also Druck aufs Team. Das ist nicht immer angenehm, doch Vettel entschied sich für genau diese Option. Natürlich wusste er, dass die Gurken-Geschichte durch die Medienwelt geht. Schlauer Seb, Respekt. Wegen Sieger-Grinsekatze Ricciardo dürfte auch eine ordentliche Portion Frust mitgeschwungen sein, aber das ist doch nur menschlich. Weltmeister wird man schließlich nicht, wenn man seinem Teamkollegen ständig auf die Schulter klopft... (Robert Seiwert)