Schon Franz Beckenbauer sang einst: "Gute Freunde kann niemand trennen." Zumindest auf der Rennstrecke gilt dies auch für Nico Rosberg und Lewis Hamilton. Im Qualifying in Montreal lagen gerade einmal acht Hundertstel zwischen den beiden Silberpfeil-Piloten. Die Freundschaft ruht derzeit allerdings nicht nur auf der Rennstrecke.

"Rennfahrer werden nie Freunde sein", betont Motorsportchef Toto Wolff. "Diese Rennwochenenden sind für sie keine Spaßveranstaltungen. Es ist ihr Job und dies ist ein äußerst hartes Wettbewerbsumfeld." Die Freundschaft zwischen Hamilton und Rosberg sei eine schöne Geschichte, aber entspreche so vielleicht nicht ganz der Wahrheit. Manchmal seien seine beiden Piloten eben ein bisschen wie Teenager, die prüfen, wie weit sie gehen können.

Höhen & Tiefen in der Mercedes-Beziehung

"Alles ist gut zwischen uns", ließ Hamilton am Donnerstag verlauten. "Wie in jeder Freundschaft haben auch wir Höhen und Tiefen, aber das macht die Beziehung nur noch stärker. Monaco war einer der Tiefpunkte, aber ich erwarte nicht, dass das an jedem Wochenende so sein wird."

Stattdessen fühlte er sich an seine Formel-3-Zeit erinnert, als er gemeinsam mit Adrian Sutil in einem Team fuhr. "Damals haben wir darüber gesprochen, wie schwierig es ist, befreundet zu bleiben, wenn man gegeneinander fährt", erinnert sich Hamilton. "Ich wollte ihn schlagen und er mich, aber das ist Rennsport."

Wie in jedem Unternehmen gebe es hin und wieder Schwierigkeiten in den zwischenmenschlichen Beziehungen, sieht Wolff seine Schlichtungsaufgaben als nichts Ungewöhnliches an. "Man kann es keinem Fahrer verübeln, wenn es um jeden Millimeter und den kleinsten Vorteil gegenüber dem Teamkollegen geht, dass man dann vielleicht emotional reagiert", sagt der Motorsportchef. "Man kann nicht erwarten, dass die beiden auf Kuschelkurs gehen, wenn sie wissen, dass sie das Werkzeug haben, um Weltmeister zu werden."

Egoismus statt Freundschaft

Und plötzlich wieder alles gut? Die Zeit der Scherze ist vorbei..., Foto: Mercedes-Benz
Und plötzlich wieder alles gut? Die Zeit der Scherze ist vorbei..., Foto: Mercedes-Benz

So lange die beiden Titelkandidaten sich nicht gegenseitig abschießen und die Marke richtig präsentieren, sind Wolff und Mercedes zufrieden. "Ich glaube nicht[, dass es zwischen ihnen krachen wird]", meint Ex-F1-Pilot Jean Alesi im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Sie haben schon in der Vergangenheit gegeneinander gekämpft. Ja, beide möchten gewinnen, aber sie gehen respektvoll miteinander um."

Rosbergs ehemaliger Renningenieur Peter Sieber lernte den Deutschen als einen sehr netten und fairen Sportsmann kennen. "Ich denke, er musste noch lernen, egoistischer zu sein und für sich zu arbeiten", verrät Siebert gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Mit Freundschaft und dem Versuch, es jedem Recht zu machen, kommt man nicht weit. Ich denke, dieses Umdenken entwickelt sich gerade bei ihm."

Psychospiele als nötige Würze im Titelkampf

Dennoch will Rosberg nichts von einem "Mind War" zwischen den beiden Mercedes-Fahrern wissen, vielmehr sieht er darin nur den Versuch der Journalisten, mehr Würze in das WM-Duell hineinzubringen. "Für die Medien wäre es toll, wenn bei uns im Team der Mega-Krieg entbrennen würde, aber den gibt es bei uns nicht", sagte Rosberg bereits vor dem Monaco GP im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

"Natürlich gibt es Meinungsverschiedenheiten und auch mal Diskussionen, das ist klar", betonte Rosberg. "Aber wir haben den Vorteil, dass wir all dies schon einmal in Kart-Zeiten erlebt haben." Der Rummel sei jetzt größer, aber ansonsten laufe alles genauso ab wie damals. "Für mich persönlich wäre es natürlich entspannter, wenn ich auf und davon fahren könnte, aber solche Duelle sind genauso super."

Psychospiele und äußere Einflüsse gehören im Formel-1-Titelkampf eben genauso dazu wie Siege oder Niederlagen. Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner glaubt jedoch nicht, dass das Auf und Ab in der Beziehung mit Hamilton an Rosberg zehrt. Im Gegenteil: "Er kennt Lewis ganz genau und weiß, mit wem er es zu tun hat", meint Danner. "Nico hat richtig Selbstbewusstsein, und das berechtigt. Aufgrund der Kapazität zwischen seinen Ohren steckt er das weg."