Niki Lauda ist kein Mann, der um den heißen Brei herumredet und so versuchte der Mercedes-Vorstandsvorsitzender auch nicht die aktuelle Situation zwischen den beiden Mercedes-Piloten schön zu reden. "Emotionen zwischen zwei Fahrern, die im selben Auto sitzen und beide die Weltmeisterschaft gewinnen können, sind ganz normal. Ich hatte das mit Prost und Senna hatte es mit Prost. Man muss aber darauf achten, dass es nicht aus dem Ruder läuft. Durch meine Erfahrung als Fahrer weiß ich, wann das der Fall ist. Wenn sie sich am Morgen nicht einmal mehr grüßen, dann ist es so weit", erklärte Lauda.

Damit das aber nicht passiert, wird Lauda vor dem Kanada GP noch einmal das Gespräch mit Nico Rosberg und Lewis Hamilton suchen. "Beide haben mir gesagt, dass es ein Vorteil ist, dass ich ihre Sprache spreche. Mit mir reden sie anders als mit dem Team. Daher werde ich nach Montreal kommen, mich vorher mit den Fahrern treffen und Lewis fragen wo das Problem ist und ihm sagen, dass wir das ausräumen sollten", erklärte der Österreicher. Trotz des 'Freispruchs' durch die Stewards steht weiterhin im Raum, ob Nico Rosberg im Qualifying mit Absicht eine Gelbphase ausgelöst hat, um die Pole Position zu holen.

Auch bei Mercedes wurde darüber intern heiß diskutiert. "Die Stewards haben Nico freigesprochen. Das ist für mich das Wichtigste", betonte Lauda. Rosberg habe sich nach dem Vorfall bei Hamilton entschuldigt - zudem sei Hamilton selbst kein Unschuldslamm. "Wir hatten in Barcelona schon einen Vorfall im Rennen, wo Lewis etwas gemacht hat und wir ihm gesagt haben, dass das nicht korrekt war. Auch er hat sich dann entschuldigt. Sie sind beide erwachsene Menschen", sagte Lauda, der keinen Hehl daraus macht, dass jeder Spitzenfahrer in der Formel 1 ein Bastard ist.

"Man muss ein Bastard sein um ihn der Formel 1 zu gewinnen. Keine Frage. Als Nice Guy kann man nicht gewinnen. Nennen sie mir einen netten Kerl da draußen. Alonso etwa? Rennfahrer sind eine Art Mensch wie keine andere. 110 Prozent fokussiert und bereit alles zu versuchen, um den anderen zu schlagen. Im selben Team wird es noch härter, enger und schwieriger", erklärte Lauda abseits des Monaco GP.

Hamilton vs. Rosberg wie einst Lauda vs. Prost?, Foto: Sutton
Hamilton vs. Rosberg wie einst Lauda vs. Prost?, Foto: Sutton

Lauda vs. Prost

Lauda kennt die Situation aus eigener Erfahrung. "Ich habe Prost gehasst", gibt er zu. Der Grund sei ganz einfach gewesen: Teamkollege Alain Prost war im Qualifying schneller. "Er hat mich regelmäßig geschlagen, weil er dieses 1200 PS starke Auto über eine Runde besser steuern konnte. Dann habe ich meine Strategie geändert und mich auf das Rennen konzentriert. Dann war ich Kopf an Kopf mit ihm und wir haben abwechselnd Rennen gewonnen", erinnert sich Lauda. Als das Teamduell hochkochte, verbot er seinen Jungs in der Box den Prost-Jungs zu verraten, was an seinem Auto gemacht wurde.

"Warum sollte ich ihm also diesen Vorteil geben? Also habe ich meine Leute isoliert und so mehr Rennen als er gewonnen", sagte Lauda mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht. "Wir haben uns am Morgen gegrüßt, weil wir beide gut erzogene Leute sind, aber ansonsten gab es keine Diskussion. Wenn ich ihn gesehen habe, bin ich wütend geworden, denn er war mein größter Gegner - und das im selben Team." Für Lauda gibt es keinen intensiveren Kampf als der zwischen zwei Teamkollegen. "Wenn du einen Gegner in einem anderen Team hast, ist das viel einfacher, weil man ihn nicht jeden Tag sieht. Wenn ich zum Beispiel einen Mercedes fahre und der Red Bull ist schneller, dann gibt es einen Grund, warum ich geschlagen werde. Machst du aber die Entwicklungsarbeit an einem Auto und dein Gegner kann sie auch nutzen, dann schmerzt das."

Diese Situation herrsche momentan auch bei Mercedes. Um zu vermeiden, dass in Monaco der Streit zwischen Rosberg und Hamilton eskalierte, appellierte Lauda an den Hausverstand seiner Piloten. "Ich habe ihnen gesagt: wenn ihr euch gegenseitig abschießt und beide ausfällt, besteht das Risiko, dass jemand von hinten kommt. Wenn einer ausfällt, könnte er die WM verlieren. Man kann ja nicht in die Zukunft blicken." Nichtsdestotrotz schließt Lauda nicht aus, dass es im Verlauf der Saison doch noch kracht. "Wenn wir am Ende der Saison weit vorne sind, könnten sie vielleicht kollidieren, weil es öfter zu Situationen wie in Bahrain kommen wird. Dementsprechend wird auch das Risiko für eine Kollision größer", meinte der Österreicher.