Im Grunde genommen könnte Nico Rosberg mit seinem Arbeitstag zufrieden sein: Zweitbeste Zeit, anständiger Longrun, Position im kleinen Favoritenkreis für den Sieg eindrucksvoll untermauert. Was in früheren Jahren eine Rosberg-Gala bedeutet hätte, entpuppt sich für den aktuellen WM-Leader jedoch immer mehr als Problem. Denn angesichts der erdrückenden Überlegenheit Mercedes' wird der zweite Platz tatsächlich immer mehr zum Trostpreis für den ersten Verlierer, wie Rosberg nicht müde wird zu betonen. Sein Problem hat in diesem Fall einen konkreten Namen: Lewis Hamilton. Nach drei zweiten Rängen und somit Niederlagen gegen den Teamkollegen in Folge reichte es auch am Freitag in Barcelona nur zu einem 'abgeschlagenen' zweiten Platz."

Angesichts knapp einer halben Sekunde Rückstand auf Hamilton sowie eines deutlichen schwächeren Longruns übt sich Rosberg in seiner derzeit stärksten Waffe - dem Optimismus: "Auf persönlicher Ebene lief der Tag natürlich nicht optimal für mich, aber die Probleme sind eindeutig und allesamt bis morgen zu beheben - auch wenn mir eine lange Nacht mit dem Team bevorsteht". So musste der Sohn von Ex-Weltmeister Keke Rosberg die zweite Hälfte der Session am Morgen mit einem Problem an der Kühlung des Energie-Rückgewinnungs-Systems aussetzen. Am Nachmittag bremste Verkehr seinen Longrun ein.

Hauptverantwortlich für den Rückstand auf Hamilton sei jedoch das Setup, das nach der verpassten Trainingszeit am Morgen noch nicht ganz nach dem Geschmack des Melbourne-Siegers abgestimmt ist. "Obwohl unsere Updates für Barcelona super funktionieren, fühle ich mich noch nicht so ganz wohl im Auto. Ich habe mich deutlich schwerer getan als Lewis, kann aber durchaus noch einiges wieder gutmachen, indem ich über Nacht das Setup explizit verbessere." Angesichts der Wichtigkeit der Pole-Position in Barcelona - bei acht der vergangenen zehn Rennen siegte der Qualifyings-Beste - steht Rosberg dabei unter großem Druck, die deutliche Differenz auf Hamilton mindestens wettzumachen.

Zweckoptimismus bei Rosberg?

Auch im Falle einer Niederlage im Qualifying glaubt Rosberg jedoch noch an gute Chancen für den Kampf um den Sieg am Sonntag. "Natürlich ist die Pole hier etwas wichtiger als auf anderen Strecken, aber ich denke, dass ich mit einem guten Start auch von einer anderen Position gewinnen kann." Als viel wichtiger erachtet Rosberg dabei das Thema Reifen. So scheiterte auch Red Bull in den vergangenen beiden Jahren trotz des besten Autos im Feld am zu hohen Verschleiß des 'Schwarzen Goldes'. "Die Reifen bauen verdammt schnell ab hier, wenn du kein passendes Setup findest und obwohl wir noch nicht am Optimum sind, scheinen wir den Verschleiß schon ganz gut unter Kontrolle zu haben."

Dass sein Gegner, der derzeit scheinbar am Rande der Perfektion wandelt, dennoch Schwächen hat, behauptet Rosberg aus sicherer Quelle zu wissen. "Ich verfolge Lewis genau und sehe bei ihm immer noch dieselben Stärken und Schwächen wie damals, als wir mit 13, 14 Jahren im Kart gegeneinander angetreten sind. Ich habe sie mir im Kopf allesamt zurechtgelegt und finde die aktuelle Situation sogar ein wenig witzig, denn mir kommt vieles einfach wie ein kleines Déjà-vu vor. Jedoch liegt es an mir, das perfekte Setup hinzubekommen, dann kann ich auch voll attackieren und Lewis schlagen." Auch nach der ersten großen Update-Runde scheint Mercedes die Nase weiterhin deutlich vorne zu haben. Die Kampfansagen Rosbergs hingegen klingen immer mehr wie Durchhalteparolen.