Wenn Luca di Montezemolo im Fahrerlager seine Kreise läuft, dann hat er normalerweise auch etwas Wichtiges zu sagen. Doch diesmal ist es anders. "Ich nehme gleich vorweg, dass es ein superwichtiges Wochenende für uns ist, ich aber unglücklicherweise nicht so viel Interessantes zu erzählen habe", begrüßte der Ferrari Boss die Journalisten auf seine eigene Art.

Bei Montezemolos letztem Besuch hieß der Teamchef noch Domenicali, Foto: Sutton
Bei Montezemolos letztem Besuch hieß der Teamchef noch Domenicali, Foto: Sutton

Zunächst erinnerte er an Schumachers ersten Sieg für Ferrari im Jahr 1996 an gleicher Stelle - das sei auch der wichtigste Grund seines Erscheinens. Außerdem wolle er auch seinen neuen Teamchef begrüßen. Marco Mattiacci ist seit dem China GP der mächtige Mann bei der Scuderia, nachdem Stefano Domenicali das Handtuch geworfen hatte.

Dabei nutzte Montezemolo die Gelegenheit, den Rücktritt Domenicalis aus seiner Sicht zu schildern. Am Montag vor der offiziellen Bekanntgabe habe ihm sein Landsmann mitgeteilt, nicht mehr länger den Posten des Teamchefs bekleiden zu wollen. "Ich hab ihm dann gesagt, er solle sich das noch drei Tage überlegen. Aber am Donnerstag sagte er mir, dass es eine gute Entscheidung sei", so Montezemolo.

Kritik an Mattiacci nicht berechtigt

Nach dem Bekanntwerden des Nachfolgers Marco Mattiacci hagelte es von vielen Seiten Kritik, Mattiacci sei der falsche Mann, schließlich habe er keinerlei Erfahrung in der Formel 1 vorzuweisen. Der Landgraf hält die Kritik für völlig überzogen: "Als ich von Enzo Ferrari engagiert wurde, da war ich auch kein Experte - aber ich war leidenschaftlich."

Für Montezemolo gleicht die Situation jener, die er schon 1992 bei Ferrari erlebte. Damals engagierte er Jean Todt, damals eher im Rallye-Sport ein Bekannter, denn in der Formel 1. "Ich hatte nicht damit gerechnet, dass das Team am Anfang der Saison so weit hinter meinen Erwartungen zurückliegt", begründete er den geplanten Umbruch.

An den Qualitäten Mattiaccis zweifelt er kein bisschen. Er sei derjenige gewesen, der das Anforderungsprofil schlichtweg am besten erfüllt hätte. Dazu brauche es keinen Aerodynamiker oder Maschinenbauer. "Er weiß, wie man richtig mit dem Team umgeht - und das ist sehr wichtig." Dass es nicht von heute auf morgen funktionieren kann, die Scuderia zurück auf die Siegesstraße zu führen, das weiß auch Montezemolo - vor allem auch, dass Mattiacci eine Eingewöhnungszeit benötigt.

Marco Mattiacci stand von Beginn an in der Kritik, Foto: Sutton
Marco Mattiacci stand von Beginn an in der Kritik, Foto: Sutton

"Ich hoffe, dass auch er - wie viele gute Manager in der Formel 1 - sein volles Potential in ein paar Monaten ausschöpfen kann. Er ist gerade erst angekommen, man kann nicht verlangen, dass er sofort den Umbruch schafft."

Für Montezemolo war es nur allzu logisch, einen Nachfolger aus den eigenen Reihen zu wählen. "Wir sind nicht nur ein Team, wir sind auch ein Unternehmen. Und darin haben wir Leute mit sehr viel Potential. In 99,9 Prozent war ich zufrieden mit Leuten aus dem eigenen Unternehmen", so Montezemolo.

Außerdem hat diese Variante einen weiteren Vorteil: "Wir hatten auch keine Alternative, weil wir keine Zeit hatten, über jemanden nachzudenken. Ich wollte keine Position offen lassen."

Das unmögliche möglich machen

Natürlich sind auch dem 66-Jährigen die Schlagzeilen mit Ross Brawn nicht entgangen. Sein Besuch in Maranello habe sich aber nur auf einen kleinen Urlaubsausflug mit und unter Freunden beschränkt.

Alleine das Bekanntwerden des Besuches von Brawn hat gezeigt, in welchem Fokus Ferrari steht. Ruhe gibt es in Maranello selten - erst recht nicht, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Das soll sich aber zumindest nicht auf die Arbeitsabläufe bei der Scuderia auswirken: "Wir dürfen nicht in Panik verfallen oder hysterisch werden. Wir müssen geduldig bleiben und in Ruhe arbeiten."