Als letztes Team präsentierte Lotus seinen neuen Boliden. Den Test in Jerez ließ die Mannschaft aus, weil es ursprünglich so aussah, als würde es Probleme beim Crashtest geben. Doch der E22 bestand alle Tests noch vor dem Auftakt in Jerez, Lotus verzichtete trotzdem. Doch erste Bilder des Boliden erweckten bereits großes Aufsehen: Bei der Nase zeigen die Lotus-Ingenieure einen gänzlich anderen Ansatz als die restlichen zehn Teams. Motorsport-Magazin.com nimmt den Lotus E22 unter die Lupe.

Ganz klar: Die eigenwillige Nase ist das auffälligste Stück am neuen Boliden. Wie alle anderen Teams stand auch Lotus vor der Herausforderung, die Nase auf 185 Millimeter herunterzuziehen und gleichzeitig noch ausreichend Luft unter das Fahrzeug zu leiten. Weil das Reglement diese Höhe nur für einen Querschnitt von mehr als 9000 Quadratmillimeter vorschreibt, muss nicht die gesamte Fahrzeugfront tief sein.

Fünf Zentimeter für die Legalität, Foto: Sutton
Fünf Zentimeter für die Legalität, Foto: Sutton

Die anderen Teams - außer Ferrari und Mercedes - legten besagten Bereich in die Mitte, was zu eigenartig anmutenden Nasen führte. Lotus erfüllt die Querschnittsauflage nicht in der Mitte, sondern an der Seite. Der Nachteil: Im Reglement ist explizit ein einzelner Querschnitt verlangt, der fünf Zentimeter hinter der Fahrzeugfront liegen muss. Das allerdings führt zu einer aerodynamischen Imbalance, sollte der Querschnitt nicht mittig liegen.

Also machte Lotus einen Zahn der Nase einfach fünf Zentimeter kürzer, um so die Auflagen zu erfüllen, die aerodynamische Imbalance einzugrenzen und den Frontflügel gut befestigen zu können. Nachteil dieser Variante ist, dass auch der zweite Zahn, der nicht zur Vergrößerung des Querschnitts dient, trotzdem Luft verdrängt, die die Ingenieure gerne unter dem Fahrzeug hätten. Der Vorteil: Die zwischen den Zähnen einströmende Luft strömt sauber, während sie bei einer mittigen Lösung zerstreut wird.

Die Pylonen leiten die Luft nach außen, Foto: Sutton
Die Pylonen leiten die Luft nach außen, Foto: Sutton

Ein weiterer Vorteil ist, dass die langen großflächigen Nasen als Strömungsrichter genutzt werden können. Die Pylonen, die Streben zwischen Nase und Frontflügel, schließen außerdem direkt an die Zähne an und leiten die Luft etwas weiter nach außen. Somit sollen die Luftleitbleche, die dahinter an der Unterseite des Chassis angebracht sind, gezielter angeströmt werden.

Bis zum Heck ist der E22 sonst ziemlich konventionell gestaltet. Der Frontflügel wirkt sehr detailliert und könnte so auch in Melbourne zum Einsatz kommen. Die Seitenkästen wirken weder besonders klein, noch besonders groß, auch der Lufteinlass in der Überrollstruktur scheint keine Geheimnisse zu bergen.

Passives Doppel-DRS?

Öffnung und Auslass für DRD?, Foto: Sutton
Öffnung und Auslass für DRD?, Foto: Sutton

Richtig interessant wird es erst wieder im Bereich der Motorabdeckung. Dort sieht es so aus, als würde Lotus auch in diesem Jahr wieder an einem passiven Doppel-DRS, auch DRD genannt, arbeiten. Die Lufteinlässe sind nun deutlich weiter hinten in die Motorabdeckung integriert, die Ohren neben der Airbox gehören der Vergangenheit an. Ein möglicher Auslasskamin ist nur wenige Zentimeter dahinter. Einen Schnorchel zum Heckflügel nutzte Lotus in Bahrain noch nicht. Ob es wirklich die Vorrichtung für ein DRD ist oder nur zusätzliche Kühlein- und -auslässe, werden wohl die nächsten Bahrain-Tests zeigen.

Die Abdeckung ist eigenwillig, Foto: Sutton
Die Abdeckung ist eigenwillig, Foto: Sutton

Interessant ist auch, dass die Seitenkästen zwar stark unterschnitten sind, der obere Teil der Abdeckung aber weit nach hinten reicht. Für Querlenker und Pullrod ist ein großer Schlitz in der Abdeckung, hinter der Hinterradaufhängung hängt nur noch ein kleines Stück Abdeckung in der Luft. Hier lassen viele Teams die Abdeckung deutlich früher enden oder bauen kompakter.

Bei der Befestigung des Heckflügels setzt Lotus auf eine einzelne vertikale Strebe, die mittig auf der Crashstruktur angebracht ist. Wegen des Verbots des Beamwings setzten die meisten Teams auf vertikale Streben als Verbindungselement zwischen Heckflügel und Chassis. Jedoch muss der Auspuff nun am Heck austreten und so gibt es dabei unterschiedliche Ansätze.

Der Auspuff endet nicht zentral, Foto: Sutton
Der Auspuff endet nicht zentral, Foto: Sutton

Einige Teams haben zwei Streben und lassen den Auspuff dazwischen austreten, andere haben eine einzelne Strebe, die sich um den Auspuff herum gabelt. Lotus macht es umgekehrt: Nicht die Strebe passt sich an den Auspuff an, der Auspuff führt um die Strebe herum. Weil es nur noch ein einzelnes Auspuffendrohr geben darf, sieht das ein wenig gewöhnungsbedürftig aus. Aerodynamisch dürfte die Asymmetrie in diesem Bereich wohl keinen allzu großen Einfluss haben.