Nach dem Debakel von Jerez hatte Renault knapp drei Wochen Zeit, die Probleme an der neuen Power Unit in den Griff zu bekommen. Der erste Tag der Testfahrten in Bahrain deutet stark darauf hin, dass der französische Motorenlieferant noch lange nicht Herr der Lage ist. Wieder einmal waren es die Renault-Kundenteams, die einen Großteil der Session in der Boxengasse verbrachten, während die Konkurrenz um Mercedes und Ferrari fleißig Runden auf dem Bahrain International Circuit drehte. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Red Bull, Lotus, Toro Rosso und Caterham legten gemeinsam 95 Runden am Mittwoch zurück - allein Caterham-Ersatzfahrer Robin Frijns war für 68 dieser Runden verantwortlich. Zum Vergleich: Adrian Sutil schaffte im Ferrari befeuerten Sauber-Boliden 82 Umläufe.

Lotus hatte in der vorletzten Woche einen Filmtag in Jerez eingelegt und dabei die erlaubten 100 Kilometer unter den Argusaugen der Renault-Ingenieure abgespult - alles schien in Ordnung zu sein. Rolle rückwärts in Bahrain: Der erste offizielle Testeinsatz des E22-Boliden war nach nur acht Runden beendet. Der Grund: Das Team aus Enstone musste während des Tages den Energiespeicher der Power Unit austauschen - das gleiche Teil, das die Renault-Kunden bereits in Jerez lahmgelegt hatte.

Verhageltes Lotus-Debüt, Foto: Lotus
Verhageltes Lotus-Debüt, Foto: Lotus

"Es ist kein Geheimnis, dass wir frustriert sind, denn wir wollten viele Runden fahren, um das neue Auto und all die unterschiedlichen Elemente zu verstehen", machte Lotus-Mann Alan Permane kein Geheimnis aus seinem Ärger über den Ausfall. "Die Power Unit beinhaltet einiges an neuer Technologie und wir hatten heute Probleme mit dem Energiespeicher." Zwar konnte das Problem zumindest identifiziert werden, doch die Umbaumaßnahmen kosteten wegen der Komplexität der Komponenten und der engen Bauweise einiges an Zeit.

Während bei den Teams die Alarmglocken schrillen, gab sich Renault auffällig gelassen. Motorenchef Remi Taffin stellte sich - wie bereits in Jerez - am Mittwoch den Fragen der Reporter und vermittelte keine Spur von Panik. Im Gegenteil: Taffin war überzeugt, dass die Renault-Kunden in den kommenden Tagen so viel fahren können wie sie möchten. "Wir werden versuchen, ein paar längere Runs zu fahren und so viel wie möglich auf der Strecke zu sein", sagte er zuversichtlich. "Wir können mit Deutlichkeit sagen, dass wir unsere Power Unit heute so einsetzen konnten wie wir es wollten."

Vettel gibt den Feuerwehrmann, Foto: Sutton
Vettel gibt den Feuerwehrmann, Foto: Sutton

Ab Donnerstag werde es laut Taffin aufwärts gehen und dieser Trend werde bis zum Ende der zweiten und vorerst letzten Testfahrten in Bahrain anhalten. "Auf dieser Seite sind wir zufrieden", versicherte Taffin. "Natürlich hatten wir ein paar Probleme, aber das war unausweichlich. Wir liegen noch im Plan. Das war quasi unser erster Testtag hier. In Jerez fehlte noch eine Menge." Renault muss allerdings einiges zulegen, denn die Konkurrenz zieht in Sachen Streckenerfahrung immer weiter weg. Die Mercedes befeuerten Teams schafften zum Auftakt 238 Runden, Ferraris Kunden spulten 149 Umläufe ab.

Sebastian Vettel wirkte in den Interviews nach Feierabend zwar recht entspannt, doch innerlich muss es im Weltmeister gebrodelt haben. In Jerez konnte er schon kaum fahren und auch in Bahrain war nach 14 Runden Schluss. Vettels Arbeitstag begann erst vier Stunden nach Sessionbeginn und endete mit einem kleinen Feuer am Heck seines RB10-Boliden. "Man beseitigt das eine Problem - ruckzuck gibt es ein neues", räumte der Heppenheimer ein. Diesmal sorgten die Temperaturen rund um den RB10 für Schwierigkeiten.

Nur Caterham dreht auf, Foto: Sutton
Nur Caterham dreht auf, Foto: Sutton

Vettel suchte die Schuld nicht allein bei Renault - das sei nicht fair - machte aber keinen Hehl daraus, dass dem Team wieder einmal eine lange Nacht bevorsteht. "Unsere Jungs bekommen im Moment ziemlich wenig Schlaf - eine bis maximal drei Stunden - aber es scheint klar zu sein, dass es so etwas wie eine schnelle Lösung nicht gibt." Panik wollte unterdessen auch beim vierfachen Weltmeister nicht aufkommen: "Wir sind erst beim zweiten Test und haben ein langes Jahr vor uns - warum sollte ich da in Panik verfallen? Ja, solch einen Start hatten wir uns nicht für den RB10 vorgestellt - aber wir arbeiten daran!"

Klingt zunächst harmlos, doch auch Vettel weiß, dass den Teams nach diesem Test nur noch eine weitere Gelegenheit bleibt, das Auto in Schuss für den Saisonbeginn zu bekommen. Allgemeiner Tenor im Fahrerlager: Die ersten Rennen können entscheidend sein für den Ausgang der Weltmeisterschaft, da in dieser Zeit die größten Probleme auftreten sollten, bevor sich Erfahrung und damit Zuverlässigkeit und Speed einstellen.

Die einzig positive Ausnahme seitens Renault bildete Caterham. Ersatzmann Frijns spulte seine 68 Runden im grünen Nasenbären offenbar ohne nennenswerte Schwierigkeiten ab. "Das waren einige mehr als bei den anderen Renault-Teams", stellte der Niederländer zufrieden fest. "Offensichtlich haben wir uns seit dem Test in Jerez deutlich verbessert." Caterham kann etwas entspannter in den zweiten Testtag starten, doch der Druck auf Renault wächst stetig an und lange werden sich die Kunden mit Kurzeinsätzen definitiv nicht mehr begnügen...