Die Einführung des neuen Motoren-Reglements kann durchaus zu den bedeutendsten Umwälzungen in der Geschichte der Formel 1 gezählt werden. In diesen Tagen gehen die ersten Testfahrten des neuen Jahres über die Bühne und die Welt blickt gespannt ins spanische Jerez: Wie sehen die neuen Autos aus, und vor allem: Was können sie leisten? Am Dienstag hielt sich die Action auf dem spanischen Kurs noch in Grenzen, die Teams ließen ihre Piloten nur wenige Runden drehen. Bis zum Saisonstart in Melbourne ist es noch eine Weile hin, doch Sebastian Vettel lieferte schon einmal einen Vorgeschmack auf das F1-Jahr 2014 - obwohl er in Jerez wegen eines Defekts am Red Bull RB10 noch nicht selber fahren konnte.

Vieles deutet daraufhin, dass die Formel 1 diese Saison zur großen Spritspar-Show verkommt. Wegen der neuen Regeln dürfen die Autos nur noch 100 kg Benzin pro Rennen einsetzen - nicht wenige glauben, dass es für den einen oder anderen Piloten schwierig wird, die Zielflagge im Rennen zu erreichen. "Das Rennfahren wird sich gemäß unserer Erwartung dahingehend verändern, dass man nicht mehr die ganze Zeit Vollgas fahren kann", so Vettel. "Man kann es gern probieren, aber dann wird man die Zielflagge niemals sehen."

Gas rausnehmen ist seit den Pirelli-Zeiten mit schnell abbauenden Reifen keine Neuigkeit mehr in der Königsklasse, doch jetzt liegt der Ursprung im Benzinverbrauch. Zudem müssen die Teams noch mehr aufpassen, da ein Auto laut Reglement nach Rennende nicht mehr auf der Start/Ziel-Geraden stoppen kann, um Sprit für eine mögliche Benzinprobe zu sparen. Die Formel 1 und der Kraftstoff - es wird eine enge Angelegenheit. "Auf normalem Wege schafft man es nicht mehr ins Ziel", meinte Vettel. "Als Fahrer muss man seinen Fahrstil da sehr anpassen. Ich glaube, dass wir alle etwas tun müssen, um mit der Spritmenge ins Ziel zu kommen. Da taktiert man dann, was die schlaueste Strategie ist, wie viel Sprit man verbrauchen will und wann man sich ein bisschen zurückhält."

Gemeinsam mit der unbekannten Performance der neuen Reifen sorgt das Reglement automatisch dafür, dass das Feedback der Piloten ungemein an Wichtigkeit zunimmt. Ein Fahrer, der sich gut mit der technischen Seite auskennt, könnte daraus Vorteile ziehen. "Es kommt schon auch auf den Fahrer an, dass er ökonomisch fährt und den Verbrauch von sich aus reduziert", bestätigte Nico Hülkenberg in Jerez auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Wenn man versucht, den Verbrauch von sich aus zu reduzieren, gewinnt man auf der anderen Seite etwas." Doch erst unter Rennbedingungen wird sich herausstellen, wer am besten mit seinem Paket zurecht kommt.

"Das ist schon eine Raketenwissenschaft, weil alles miteinander zusammenhängt", beschrieb Vettel das neue Antriebskonzept mit Power Unit und Batterien. "Ich glaube, dass ich einigermaßen den Durchblick habe, wie was funktioniert. Wenn es aber ins Detail geht, ist es schwierig für einen einzelnen Menschen, das alles zu verstehen."

Die neue Formel 1 dürfte so komplex werden wie niemals zuvor, daraus machen die Teams kein großes Geheimnis. Die Möglichkeit, sowohl den Antrieb als auch das Chassis komplett neu zu entwickeln, birgt Chancen, aber auch große Risiken in sich. "Ich habe ja normales Abitur und dazu ein bisschen Rennsport in den vergangenen Jahren - aber wenn sich die Ingenieure schon schwer tun, dann dürfen die Fahrer das auch", sagte Vettel mit einem Grinsen im Gesicht. Die Frage wird nun sein im Hinblick auf die ersten Saisonrennen, welches Team am schnellsten den richtigen Weg findet und sowohl zuverlässig als auch schnell auf der Strecke ist. Vettel: "Man kann sagen, dass die Abstände deutlich größer werden. Die Anzahl der Autos, die es ins Ziel schafft, wird nicht mehr vergleichbar sein mit früheren Zeiten."