Ganz normal nach einem Freitag: Die Formel-1-Welt übt sich im Tiefstapeln. Keiner sieht sich als Favorit, die anderen Teams hätten ihre Karten ja noch nicht auf den Tisch gelegt. PR-Gewäsch ist keine Seltenheit in der Königsklasse, doch diesmal muss man die Fahrer in Schutz nehmen: Wegen der Pirelli-Reifen lässt sich in der Tat nur sehr bedingt sagen, wie die aktuelle Hackordnung aussieht. Motorsport-Magazin.com hat sich die Leistungen der Top-Teams in Bahrain genau angeschaut und erklärt, in welchem Zustand sie sich vor dem vierten Rennwochenende des Jahres befinden.

Ferrari

Normalerweise ist Fernando Alonso sehr darauf bedacht zu betonen, dass Ferrari nicht das Team sei, das es zu schlagen gilt. So auch am Donnerstag. Nach der Doppelführung im 1. Training und Platz vier am Nachmittag hörte sich der WM-Anwärter am Freitag jedoch etwas anders an. "Ich denke, dass wir morgen bei der Gruppe der Besten sein werden", gab er sich ungewohnt forsch. Vorteil Ferrari: Laut Alonso musste das Team nur kleinere Setup-Änderungen am F138-Boliden vornehmen, obwohl sich China und Bahrain in ihren Anforderungen recht stark unterscheiden. Ein Indiz dafür, dass Maranello inzwischen äußerst zufrieden mit seinem Produkt ist.

Ferrari: Ohne größere Veränderungen schnell, Foto: Sutton
Ferrari: Ohne größere Veränderungen schnell, Foto: Sutton

Ferrari testete am Freitag einige Updates, bei denen noch nicht sicher ist, ob sie im weiteren Verlauf des Wochenendes noch einmal zum Einsatz kommen werden. Doch mit oder ohne neue Teile: Ferrari zählt in Bahrain wieder zu den Top-Sieganwärtern. "Ich hoffe, dass wir heute schon mehr oder weniger den richtigen Weg gefunden haben, den wir für Samstag und Sonntag gehen müssen", sagte auch Felipe Massa im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Red Bull

Nach dem ungewöhnlichen Qualifying in China - Sebastian Vettel sparte im Q3 Reifen, Mark Webber ging der Sprit aus - hofft Red Bull diesmal wieder auf eine gute Samstags-Performance. Die beiden Teamkollegen deuteten bereits an, dass der RB9-Bolide diesmal bereit ist für die Zeitenjagd. Vettel ließ bereits durchblicken, dass es diesmal keine Reifenspar-Aktionen mehr geben werde. Eine Folge des Reifenverhaltens, das in Bahrain nicht so extrem ist wie in Shanghai. In Sachen Speed ist Red Bull wieder bei der Musik. Dass das aber nicht mehr reicht, machte Vettel deutlich: "Den Speed des Autos kann man nur auf der Strecke zeigen, wenn man ihn ordentlich mit den Reifen in Einklang bringt."

Es hakt noch etwas bei Sebastian Vettel, Foto: Sutton
Es hakt noch etwas bei Sebastian Vettel, Foto: Sutton

Red Bull dürfte sich nach dem China-Trouble mächtig gefreut haben, dass Pirelli nun doch mit einer konservativen Reifen-Kombination in Bahrain antritt. Der harte Reifen kommt dem Verhalten des RB9 entgegen, so können Vettel und Webber ihren überragenden Kurvenspeed wieder sicherer ausnutzen. Auf eine Runde ist Red Bull auf jeden Fall das Team, das den Ton angibt. Vettel war mit einem Shortrun zwar nicht ganz glücklich, leistete sich auf einer schnelleren Runde jedoch auch einen Fehler. Webber: "Unser Auto sieht hier sehr konkurrenzfähig aus - aber wir haben es zum Beispiel bei Kimi gesehen, der war hier auch sehr schnell und das auch über eine Runde."

Lotus

Schon in China galt Lotus als Topanwärter auf den Sieg und Kimi Räikkönen verpasste diesen um nur eine Position. In Bahrain werden dem Eismann wieder sehr gute Chancen auf seinen zweiten Triumph in dieser Saison eingeräumt. Der Finne untermauerte diese Vermutung mit der Tagesbestzeit im 2. Training. "Ich mag den Kurs, er passt recht gut zum Auto, was auch Kimis Bestzeit beweist", klang Romain Grosjean nach den beiden Sessions zuversichtlich. Der E21-Bolide gilt als äußerst Reifen schonend, was der Truppe auch im heißen Bahrain in die Karten spielt. Lotus experimentiert in Manama mit einer neuen Hinterradaufhängung und noch ist nicht klar, welches Setup im Qualifying zum Einsatz kommt.

Lotus schraubt mit Hochdruck am E21, Foto: Sutton
Lotus schraubt mit Hochdruck am E21, Foto: Sutton

"Es war sicherlich kein schlechter Start ins Wochenende", sagte Räikkönen. "Allerdings haben sich beide Autos heute noch nicht optimal angefühlt, wenn auch die Rundenzeit ganz okay war." Räikkönen stapelte tief, Grosjean freute sich hingegen wie ein Honigkuchenpferd: Der Franzose bekam für Bahrain ein neues Chassis angeliefert und fühlte sich auf Anhieb wesentlich wohler. "Ich würde schon sagen, dass wir weiter sind als zuvor, denn sobald du weißt, woran du arbeiten musst, macht das einen großen Unterschied", sagte er voller Zuversicht. Wenn das Team Grosjeans Setup rechtzeitig hinbekommt, zählt auch er diesmal zum engeren Kreis der Favoriten.

Mercedes

Zuletzt gehörte Mercedes zu den Top-Anwärtern auf die Pole Position und Podiumsplätze, doch in Bahrain hat sich das Blatt gewendet. Vorbei die Zeit, in der Lewis Hamilton und Nico Rosberg den Silberpfeil in höchsten Tönen lobten. Stattdessen Zurückhaltung und Rätselraten. "Die Ingenieure haben ein Setup gewählt, von dem sie glaubten, dass es dem Kurs entgegenkommt", begab sich Hamilton auf Fehlersuche. "Ich weiß nicht, ob sie falsch liegen oder richtig, aber Fakt ist, dass uns die Pace fehlt. Ich werde mit ihnen sprechen und wenn nötig meinen Willen durchsetzen." Auf eine Mercedes-Pole wollte der Brite nicht wetten, zu groß seien noch die Balance-Probleme in Verbindung mit Untersteuern.

Mercedes noch nicht bei der Musik, Foto: Sutton
Mercedes noch nicht bei der Musik, Foto: Sutton

Auch Teamkollege Rosberg machte keinen Hehl daraus, dass bei Mercedes einiges im Argen liegt. "Wir wissen, dass wir an diesem Wochenende leider langsamer sind als normal", sagte er. Laut Christian Danner steht Mercedes noch nicht ganz auf einem Level mit Red Bull, Ferrari und Lotus. Der Motorsport-Magazin.com-Experte meinte, dass die Mercedes-Schwäche vor allem am Streckenlayout liege. Vorteil Mercedes: In Bahrain herrschen das gesamte Wochenende ziemlich konstante Wetterbedingungen und so hat das Team etwas mehr Zeit, das passende Setup zu finden.

McLaren

Jenson Button sorgte mit Platz fünf in China für ein überraschend gutes Ergebnis, doch in Bahrain verfolgen McLaren wieder die üblichen Probleme: zu wenig Traktion und in Sachen Pace nicht bei der Musik. Bitter für die gebeutelten Briten: Die Strategie-Möglichkeiten sind wegen der Medium/Hart-Kombination stärker eingeschränkt als in Shanghai und Button war dort vor allem top, weil das Team auf eine Zwei-Stopp-Strategie setzte und damit richtig lag. In Bahrain ist eine gute Traktion wegen der langsamen Kurven extrem wichtig und wird damit McLarens große Schwachstelle noch weiter offenlegen. Das Team muss auf einen bestens aufgelegten Button vertrauen, ansonsten besteht nur wenig Hoffnung auf ein gutes Resultat.