Es ist die Diskussion des Rennens: Hat Sebastian Vettel mit seinem siegentscheidenden Überholmanöver korrekt gehandelt oder sein Team vor den Kopf gestoßen? Auch in der Redaktion von Motorsport-Magazin.com wurde dieses Thema kontrovers diskutiert:

Pro: Der Erfolg gibt Vettel recht

von Philipp Schajer

Sebastian Vettel sorgte beim Malaysia GP wieder einmal für Diskussionsstoff ohne Ende, weil er sich nicht der Order seines Teams gefügt hatte, sondern Mark Webber attackierte und dem Australier den bereits sicher geglaubten Rennsieg abspenstig machte - ein gefundenes Fressen für die Kritiker des Heppenheimers. Doch kann man Vettel wirklich einen Vorwurf machen? Gerade diese Verbissenheit und der absolute Wille, erfolgreich zu sein, zeichnen einen Champion bekanntlich aus. Auch Michael Schumacher griff nicht selten in die schmutzige Trickkiste und wurde schlussendlich dafür belohnt.

Helmut Marko hält Vettel den Rücken frei, Foto: Sutton
Helmut Marko hält Vettel den Rücken frei, Foto: Sutton

Würde Mark Webber ähnlich dominant wie Vettel auftreten, hätte er schon zumindest einen WM-Titel auf der Visitenkarte stehen, doch Vettels Verhalten hat dazu geführt, dass er teamintern den Nummer-eins-Status genießt, auch wenn das von der britisch-österreichischen Mannschaft nach außen freilich anders kommuniziert wird. Aber Vettels Verhalten ist legitim: warum sollte er etwas an seiner Vorgehensweise ändern, wenn schlussendlich ohnehin wieder Helmut Marko seine schützende Hand über ihn hält?

Dass Vettel seine Interessen über jene des Teams stellt, mag zwar in gewissem Maße zutreffen, aber man sollte nicht vergessen, dass er es war, der den Löwenanteil zu den drei Konstrukteurs-Weltmeisterschaften beigesteuert hat. Auch in diesem Jahr wird wohl keine andere Mannschaft in der Lage sein, Red Bull auf diesem Sektor die Stirn zu bieten, daher kann der Heppenheimer ruhig auch im teaminternen Duell etwas mehr Risiko nehmen. Selbst wenn es einmal schiefgehen sollte, werden die Bullen am Ende wieder am Platz an der Sonne stehen.

Contra: Demütigung auf persönlicher Ebene

von Michael Höller

Die Formel 1 ist ein Teamsport. Keine Mannschaft strapaziert diese Floskel so häufig wie Red Bull Racing. Das Wohle des Teams steht über jenem des einzelnen Fahrers - brav praktiziert etwa heute bei Mercedes. Sebastian Vettel hat sich heute aber als absoluter Verweigerer des Teamplays erwiesen und damit auch aufgedeckt, dass all die Bekundungen von Gleichbehandlung nichts als Red Bull'sches PR-Gelaber sind. Seinem Team hat er mit seinem Sieg und vor allem dessen Zustandekommen keinen großen Dienst erwiesen.

Das Duell findet längst auf persönlicher Ebene statt, Foto: Sutton
Das Duell findet längst auf persönlicher Ebene statt, Foto: Sutton

Vielmehr riskierte Vettel mit seiner Hetzjagd auf den Teamkollegen sogar 43 sichere Punkte für die Konstrukteurs-WM. Ein Verbremser, ein falscher Zucker oder ein Blackout bei einem der beiden Kontrahenten und schon wären sie sich ins Auto geknallt. Istanbul 2010 lässt grüßen! Genau aus diesem Grund sprechen die Teams ja ein Angriffsverbot aus, denn 43 Punkte mehr oder weniger auf dem Konstrukteurs-Konto sind selbst für einen dreifachen Weltmeister nichts, das leichtfertig riskiert werden darf.

Und schließlich wäre da noch die psychologische Komponente. Mittlerweile sollte jedem klar sein, dass Vettel (nach drei WM-Titeln auch zurecht) die Nummer eins im Team ist. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass er mit Webber tun und lassen kann was er will. Die Bekundungen, dass ihm das Manöver leid täte (Zitat: "Ich habe einen großen Fehler gemacht. Ich hätte da bleiben sollen, wo ich war. Ich hab's verbockt."), kann sich Vettel sparen. Das ist Heuchelei auf Kindergarten-Niveau.