Pirelli bringt die SuperSoft- und die Medium-Mischung nach Melbourne und bietet damit zum allerersten Mal den weichsten Reifen für einen Australien-GP an. Der Unterschied zwischen den beiden Mischungen soll rund eine Sekunde pro Runde ausmachen, was die Teams zu unterschiedlichsten Strategien verlocken soll, wie es im aktuellen UBS Strategy Report heißt.

Da die Temperaturen in den vergangenen Jahren eher niedrig waren, entschied sich Pirelli für die beiden Mischungen, deren Arbeitsfenster am niedrigsten liegt: Der Medium-Reifen arbeitet zwischen 90 und 115 Grad, der SuperSoft benötigt zwischen 85 und 110 Grad. Sollte es in Melbourne sehr heiß werden, ist mit Blasenbildung zu rechnen. Im Vorfeld wurde der Austragungsort von einer Hitzewelle heimgesucht, für das Rennwochenende ist aber mit Temperaturen im unteren 20-Grad-Bereich zu kalkulieren.

Graining als große Gefahr

Der Schlüssel zum Erfolg ist, die Vorderreifen schnell aufzuwärmen, um beim Einlenken in die Kurve Haftung zu bekommen. Ebenfalls ist es aber auf die Temperaturbalance zwischen Vorder- und Hinterreifen zu achten. Im Rennen sollte Letzterer aber eher kühl gehalten werden, da sonst die Leistung rasch absinken könnte. Dieser Faktor wird wohl mehr Einfluss auf die Rundenzeiten haben als alle aerodynamischen Kniffe, in die Millionenbeträge und viel zeit im Windkanal investiert wurde.

Im Albert Park sind die Reifen oft von Graining betroffen. Zu diesem Effekt, bei dem sich Gummi von der Oberfläche löst, kommt es durch Rutschen unter hoher Belastung sowohl in Fahrtrichtung als auch seitlich. Letztere entsteht durch Rutschphasen in Kurven, Erstere durch Beschleunigung und Abbremsen. Mehr als jeder andere Faktor hat die Temperatur einen Einfluss auf diesen Effekt. Wenn die Reifen unterhalb ihres Arbeitsfensters belastet werden kommt es schneller zu Graining.

Der Streckenbelag ist alt und weist eine geringe Mikro- und Makro-Rauheit auf, was bedeutet, dass die verarbeiteten Steine sehr klein sind. Als Resultat aus fortgeschrittenem Alter und Glätte ist der Grip sehr niedrig, was bedeutet, dass es vor allem zu seitlich bedingtem Graining wegen Rutschens in den Kurven kommen wird.

Boxenstopps

Da die Boxengasse in Melbourne die längste im gesamten Kalender ist, sind viele Stopps auch bei einem hohen Reifenabbau eher nicht erstrebenswert. Dieser Faktor sowie alle weiterführenden Überlegungen, wie die Daten über die Reifen-Performance bei den Tests, lassen auf eine Strategie mit zwei oder drei Stopps schließen. Teams, die gut mit den Reifen haushalten können, sind also im Vorteil. Eine Safety-Car-Phase könnte für eine Reduzierung der Strategie um einen Stopp sorgen. Im Vorjahr sah man zumeist Zwei-Stopp-Strategien, Sebastian Vettel etwa luchste Lewis Hamilton mit dieser Taktik und einem glücklichen Timing des Safety Cars den zweiten Platz ab.

In vergangenen Jahren gab es den Vorteil für schnelle Autos, die sich außerhalb der Top-10 qualifizierten, das Rennen auf harten Reifen zu starten und dafür einen Stopp weniger einzulegen. So wendete etwa Sergio Perez 2011 diese Strategie an und verbesserte sich damit vom 13. auf den 7. Platz und im Vorjahr vom Ende der Startaufstellung auf Platz 8.

Safety Car und Start

Die Chance auf einen Einsatz des Safety Cars in Melbourne liegt bei 57 Prozent, wobei es in vier der letzten fünf Jahren auf die Strecke geschickt wurde. Im Schnitt kommt das Safety Car in einem Rennen in Melbourne 1,7 Mal zum Einsatz (2006 gab es vier SC-Phasen).

Der Start ist eine der kritischsten Phasen eines Rennens und ein schlechter kann eine ausgeklügelte Strategie rasch zunichte machen. Da es sich um das erste Rennen der Saison 2013 handelt, gibt es noch keine aussagekräftigen Daten.