Warum wechselt Hamilton von McLaren zu Mercedes?

"Es ist für mich jetzt die Zeit gekommen, eine neue Herausforderung anzunehmen." Mit diesem einfachen und in solchen Situationen oft gebrauchten Satz begründete Lewis Hamilton seinen Wechsel vom WM-Anwärterteam McLaren zur aktuellen Nummer fünf der Konstrukteurs-WM. Für viele externe Betrachter eine unverständliche Entscheidung. Hamilton ist jedoch davon überzeugt, dass er gemeinsam mit Mercedes diese Herausforderung meistern könne.

Niki Lauda kann den Wunsch nach einer neuen Herausforderung verstehen, immerhin erlagen dieser Verlockung in der Vergangenheit schon andere Fahrer, allen voran Michael Schumacher, als er 1996 von Benetton zu Ferrari wechselte. "Du benötigst in einem Rennfahrerleben immer neue Herausforderungen", bezieht sich der Ex-Champion auf seine eigene Karriere. Hamilton sei immer nur für McLaren gefahren. "Es war klar, dass er sich irgendwann ein neues Umfeld mit neuen Leuten und neuen Zielen sucht."

Eddie Jordan vermutet trotzdem noch tiefere Gründe. "Wenn er einen neuen Vertrag bei McLaren unterzeichnet hätte, wäre es vergleichbar mit einem Ehepaar, das nur wegen den Kindern zusammenbleibt", so der Ex-Teamchef. "Irgendwas hat an ihm genagt. Es gab da Dämonen in seinem Kopf." Vorfälle wie der Twitter-Skandal oder die Forderung nach mehr Geld und dem Recht, die Pokale zu behalten, taten ihr Übriges.

Warum wurde der Vertrag mit Schumacher nicht verlängert?

Seit Monaten vertröstet Michael Schumacher die Öffentlichkeit mit Aussagen zu seiner Zukunft. Erst im Oktober wollte er sich zu einer möglichen Fortsetzung seiner Karriere äußern - nun kam ihm Mercedes zuvor. "Das Interessante am Zeitpunkt der Bekanntgabe ist wohl, dass es anscheinend nicht nach Michaels Wunsch ablief", bestätigt Christian Danner gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Ich glaube, Mercedes hat sich durchgesetzt und selbstbewusst eine Entscheidung für die kommenden Jahre getroffen."

Tatsächlich scheint es so, dass Mercedes nicht mehr auf die Entscheidungsfindung bei Schumacher warten konnte oder wollte. Laut Ross Brawn ist Schumacher seit einiger Zeit unentschlossen und während er nachdachte, sei die Option gewachsen, Hamilton zu verpflichten. "Das wuchst bis zu dem Punkt, an dem wir zu einer Entscheidung kommen mussten", so Brawn. "Michael ist nicht bei Mercedes geblieben, weil er nicht weiß, ob er in Zukunft weiterfahren will und das hat sich bis jetzt nicht geändert", bestätigte seine Managerin Sabine Kehm.

Die Zukunftsfragen werden weiter gehen, Foto: Sutton
Die Zukunftsfragen werden weiter gehen, Foto: Sutton

Was macht Schumacher jetzt?

Schumachers Managerin Sabine Kehm betont: "Michael hat noch keine Entscheidung bezüglich seiner Zukunft getroffen." Auch Ross Brawn rechnet nicht mit einer baldigen Entscheidung: "Ich denke, Michael wird ein paar Monate brauchen, um über einiges nachzudenken und zu reflektieren, damit er entscheiden kann, was er in Zukunft macht." Zu den Optionen gehört gemäß Brawn auch eine Rolle innerhalb des Mercedes Formel-1-Teams oder als Markenbotschafter für AMG. "Er ist besonders interessiert daran, Hochleistungs-Autos zu entwickeln, solche Dinge", sagte Brawn.

Etwas wildere Spekulationen bringen den Rekordweltmeister mit einem Wechsel innerhalb der Formel 1 in Verbindung, etwa zurück zu seinem ehemaligen Arbeitgeber Ferrari, wo er Felipe Massa an der Seite von Fernando Alonso ersetzen sollte, oder zum Schweizer Sauber Team, bei dem er seine Karriere im Sportwagen begann. "Michael Schumacher hat schon immer betont, dass er noch fährt, weil er so viel Spaß daran hat", sagt Danner. "Somit würde ich mich freuen, wenn Michael die Chance auf einen runderen Abgang bekommen würde, als bei Mercedes durch Hamilton ersetzt zu werden." Als besonders realistisch ist diese Variante allerdings nicht anzusehen. "Es wäre vielleicht etwas zu optimistisch, davon auszugehen, aber ich habe zumindest eine Hoffnung."

Welche Aufgabe hat Lauda bei Mercedes?

Mit der Verpflichtung von Lewis Hamilton ging bei Mercedes die Berufung von Niki Lauda in die Position des Vorsitzenden des Aufsichtsratsgremiums einher. Lauda soll bereits bei den Verhandlungen mit Bernie Ecclestone zum neuen Concorde Agreement mitgeholfen haben, welches das Team vergangene Woche nach langwierigen Gesprächen unterschrieb. Auch soll Lauda eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen mit Hamilton gespielt und diesen von einem Wechsel überzeugt haben.

Dann sieht das Wirken seines RTL-Kollegen bei Mercedes positiv: "Er steht zwischen dem Vorstand und der FOM und kennt sich in beiden Bereichen aus. Das ist sehr clever." Lauda selbst spielt seinen Einfluss herunter. "Ich möchte noch einmal betonen, dass ich nichts damit zu tun habe, was auf der Rennstrecke passiert", sagte er. "Ich muss lediglich beobachten, ob die Entwicklung in die richtige Richtung geht." Seine Aufgabe im Aufsichtsgremium beschreibt er so: "Ich habe dort die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass unten umgesetzt wird, was von oben gefordert wird."

Warum holt McLaren Perez als Hamilton-Ersatz?

Perez konnte McLaren von sich überzeugen, Foto: Sutton
Perez konnte McLaren von sich überzeugen, Foto: Sutton

Fast unter ging zwischen den vielen Schlagzeilen zu Schumacher und Hamilton der Wechsel von Sergio Perez. Der Mexikaner ersetzt Hamilton als Teamkollege von Jenson Button bei McLaren. "Bei dieser Entscheidung habe ich so meine Bedenken", sagt Danner. "Er ist ein außerordentlich talentierter, junger Mann, der wirklich schnell ist, aber ganz ehrlich: Talent allein reicht in der Formel 1 nicht. Ob der nötige Rest, sich in so einem Umfeld wie bei McLaren zurechtzufinden, schon so weit ausgeprägt und entwickelt ist, das wage ich zu bezweifeln."

Perez wusste in seiner zweiten Formel-1-Saison bislang mit guten Ergebnissen und teils sensationellen Podestplätzen zu überzeugen, machte aber auch einige Fehler. Mit seinen Leistungen legte er aber auf alle Fälle den Ruf des Bezahlfahrers ab, der ihm aufgrund seiner Verbindung zum mexikanischen Telekommunikationsriesen Telmex anhaftete. McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh bestreitet jedoch, dass dies der Grund für die Verpflichtung sei.

"Ich sage nicht, dass deswegen keine neuen Partner zu uns stoßen werden, aber das war nicht die Motivation dahinter", so Whitmarsh. "Wir haben Sergio genommen, weil er das aufregendste junge Talent in der Formel 1 ist. Er hat diese Saison eine unglaubliche Killer-Performance gezeigt und bewiesen, dass er was den Speed angeht, sich nicht vor den Top-Piloten verstecken muss." Obendrein wischt McLaren damit dem Rivalen Ferrari eins aus, in dessen Nachwuchsförderprogramm der Mexikaner ausgebildet wurde.